Augsburg Vor einem Jahr hat man sie in ihrer Heimatstadt Augsburg noch belächelt. Inzwischen nimmt man sie bundesweit für voll. Bild am Sonntag feiert die Unternehmerin Sina Trinkwalder als eine der „100 Frauen, an die wir glauben“. Als eine Frau mit Mut, Power und Leidenschaft.
Mut, Power, Leidenschaft. Diese Eigenschaften braucht Sina Trinkwalder vielleicht mehr als andere Unternehmer. Mit ihrem kleinen Augsburger Modelabel „manomama“ setzt sie auf ein Geschäftsmodell, das in der deutschen Wirtschaft alles andere als üblich ist. Ihr Anspruch: Kleidung und Accessoires produzieren und verkaufen, die so „bio“ sind, dass man sie komplett kompostieren könnte – bis hin zu Nähfaden und Knöpfen. Möglichst alle verwendeten Materialien (außer Baumwolle) sollen aus der Region kommen. Die Augsburgerin arbeitet dabei mit Näherinnen, die sonst auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen hätten, und sie bezahlt sie auch noch besser als in der Branche üblich.
„Man muss Dinge, die man nicht für machbar hält, einfach machen“, findet die 33-Jährige. So gründete sie im April 2010 die manomama GmbH – mitten in Zeiten der Wirtschaftskrise und in einer Branche, die in der früheren Textilstadt Augsburg längst totgesagt war. Als das Modelabel die ersten drei Monate überlebte, waren viele erstaunt. Als es sich ein Jahr am Markt hielt, sorgte das für Verwunderung. Manomama gilt als das erste „Social Business“ der Textilbranche in Deutschland – und damit als ein Experiment.
Ihr kompromissloser Ansatz als Unternehmerin hat Sina Trinkwalder schon in der Anfangszeit viel Aufmerksamkeit eingebracht. Zeitungen und Fernsehen berichteten über ihr Projekt. Anerkennung bekam sie in Form zahlreicher Auszeichnungen. Seit kurzem darf sich die Augsburgerin beispielsweise „Social Entrepeneur der Nachhaltigkeit 2011“ nennen.
Dass sie als konsequent nachhaltige Unternehmerin ernst genommen wird, ist Sina Trinkwalder wichtig. „Was ich erreichen wollte, habe ich erreicht“, sagt sie nach der Gala mit Preisverleihung in Düsseldorf. Doch Händeschütteln mit Promis ist ihre Sache nicht. Lieber hätte sie auf der großen Bühne über ihre Überzeugungen gesprochen. Aus Zeitgründen sei das nicht möglich, sagte man ihr. So ließ sie ihre provokanten Thesen der Berliner taz zukommen, die sie prompt abdruckte.
Die Augsburgerin kritisiert darin deutsche Unternehmen, die Begriffe wie „öko“ und „nachhaltig“ als Feigenblatt für Produkte verwenden, die eben nicht in einem ökologischen Kreislauf produziert werden. „Die Industrie hat vor allem eines erkannt: das Potenzial der Menschen, die die Sehnsucht nach einer besseren Welt in sich tragen. Und diese Sehnsucht wird einfach bedient“, so Trinkwalder. Damit meint sie zum Beispiel Bioprodukte, die um die halbe Welt transportiert werden müssen, die aber auf Kosten der Menschen in Billiglohnländern hergestellt werden.
Wer dagegen ein Kleidungsstück von manomama in Händen hält, darf darauf vertrauen, dass die Wolle vom Schäfer in der Nähe von Augsburg stammt. Das Leder kommt aus dem Allgäu. Zusätzlich hilft der Kunde, Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Der Name der Näherin ist auf dem Etikett zu lesen. Ihr kann man auf der Homepage ein kleines Dankeschön hinterlassen, wenn man will.
Es gibt neue Pläne
In diesem Jahr hat das Label nach eigenen Angaben bisher rund 15000 Teile verkauft. Zwölf Mitarbeiter sind im Sozialunternehmen tätig. Noch schießt Trinkwalder, die eigentlich Online-Spezialistin ist, Geld aus ihrer Werbeagentur zu. Ab dem nächsten Jahr will sie mit manomama aber schwarze Zahlen schreiben. Und sie hat weitere Pläne: eine neue und nachhaltige industrielle Fertigung für Textilien mit 40 Mitarbeitern.
Ob das in der früheren Textilstadt Augsburg sein wird, weiß Sina Trinkwalder noch nicht. Sie vermisst die nötige Wertschätzung. Hier habe ihr die Stadt nicht einmal einen Schauraum für regionales Wirtschaften neben dem Textilmuseum genehmigt, sagt sie. Bremsen lässt sich die unbequeme, aber erfolgreiche Unternehmerin von solchen Erfahrungen nicht. Ihr Modelabel hat sie nicht von ungefähr nach einem Kommentar ihres Sohnes benannt: „Oh Mann, Mamma!“