Ein Kreis aus blauen und roten Streifen auf weißem Grund, „Geldkarte“ steht in der Mitte. Kennen Sie diese Funktion auf Ihrer Girokarte? Haben Sie schon einmal damit bezahlt? Nein? Dann gehören Sie zu den 99,25 Prozent der Girocard-Besitzer, die die Funktion haben, aber nicht nutzen.
Als genialen Kleingeld-Ersatz feierte die Deutsche Kreditwirtschaft das Geldkarten-System bei der Einführung 1996: Man lädt bis zu 200 Euro auf den Chip der EC-Karte und begleicht kleine Beträge bis zu 25 Euro. Ohne PIN-Eingabe oder Unterschrift. Gedacht war das Prepaid-System vor allem zum Bezahlen an Automaten, im Einzelhandel oder der Schulmensa.
Viele Banken schaffen die Geldkarten-Funktion ab
Letztlich sei das vorherige Aufladen aber zu unpraktisch gewesen, sagt Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Nur 0,75 Prozent der ausgegebenen Geldkarten in der Branche seien aktiv genutzt worden. 2014 stiegen die Genossenschaftsbanken aus dem Prepaid-System aus. Auch andere Banken, wie die Deutsche Bank, bieten die Funktion künftig nicht mehr an.
Banken beziehen ihre Karten von dem Hersteller Euro-Kartensysteme und individualisieren sie dann per Aufdruck. Standardisiert befindet sich die Geldkarte-Funktion nach wie vor auf den meisten Bankkarten. Im Alltag nutzen sie die wenigsten Kartenbesitzer. Genauso unbeliebt ist die andere Prepaid-Funktion namens Girogo, bei der die EC-Karte nicht mehr in ein Lesegerät eingesteckt werden, sondern nur noch hingehalten werden muss. Sie funktioniert kontaktlos, per Near Field Communication, kurz: NFC. Eine Technik, die die Übertragung von Daten im Abstand von wenigen Zentimetern ermöglicht. Aber es bleibt eben Prepaid.
Der neue Standard ist kontaktloses Bezahlen per EC-Karte, wobei der Betrag direkt vom Girokonto abgebucht wird. Es muss also nicht erst Geld aufgeladen werden. Einfach Karte ans Lesegerät halten, fertig. Bei Beträgen über 25 Euro muss die PIN eingegeben werden. Diese Methode nehmen Kunden sehr gut an, berichten die Banken. Schneller, einfacher und hygienischer soll es sein, wenn man den Chip nicht mehr ins Gerät stecken muss.
Kontaktloses Bezahlen wird immer häufiger genutzt
Geht es an der Kasse schneller, freut sich auch der Einzelhandel. Derzeit werde noch knapp die Hälfte bar bezahlt, sagt Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsverbandes Bayern (HBE). Doch die Kartenzahlung folgt ganz dicht auf Platz zwei: Bereits 47 Prozent der Kunden zahlen elektronisch. 2017 hat die Girokarte in Deutschland laut Euro-Kartensysteme die Marke von drei Milliarden Transaktionen geknackt. Die Zahl der Bezahlterminals sei im Vergleich zu 2016 um 2,5 Prozent auf 816.000 gestiegen.
Wobei HBE-Sprecher Ohlmann betont: Der Handel biete die Zahlungsarten an, die der Kunde wolle, ob bar, per Karte oder App. Und die Deutschen wünschen sich verschiedene Möglichkeiten. Dass sich das Zahlen per Smartphone-App noch nicht durchgesetzt habe, liege in der Mentalität. Deutsche Kunden seien vorsichtig und kontrollierten gerne, was sie im Portemonnaie hätten, sagt der Experte.
Nur 0,6 Prozent der Einkäufe werden derzeit per App an der Kasse bezahlt. Doch Banken und Handel sehen darin großes Potenzial. Denn jeder hat sein Smartphone immer dabei. Die EC-Karte per App im Handy: Das bieten einige Privatbanken wie Commerzbank, Deutsche Bank und Hypovereinsbank an sowie die meisten Sparkassen ab 30. Juli und ab August auch die Volks- und Raiffeisenbanken.
Digitale EC-Karte auf dem Smartphone kommt
Dabei wird die Karte in der Banking-App des jeweiligen Instituts hinterlegt. Kunden können zum Bezahlen dann ihr Smartphone an alle Kartenlesegeräte halten, die auch kontaktlose Gelkarten akzeptieren. Man erkennt sie, wie die Karte selbst, am Funkwellen-Symbol. Das sind laut Euro-Kartensysteme derzeit 490.000 Terminals. Lediglich der Handy-Bildschirm muss entsperrt werden. Aktuell brauchen Kunden ein Android-Smartphone, das NFC-fähig ist. Apple gibt Apps anderer Anbieter den Zugriff auf NFC-Schnittstellen noch nicht frei.
Bezüglich der Sicherheit gibt Sibylle Miller-Trach, Finanzjuristin bei der Verbraucherzentrale Bayern, Entwarnung. NFC funktioniere höchstens im Abstand von vier Zentimetern zum Terminal. Dass ungewollt etwas ausgelesen werde, sei unwahrscheinlich. Stiehlt allerdings jemand die Karte oder das Smartphone, könnte er damit Beträge bis 25 Euro ohne PIN bezahlen. Deshalb sollte man die Karte bei Diebstahl sofort sperren lassen. Wer die Funktion gar nicht haben möchte, kann sie deaktivieren lassen.