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Milliarden-Skandal: Warum Ex-Wirecard-Chef Markus Braun in der JVA Gablingen sitzt

Milliarden-Skandal

Warum Ex-Wirecard-Chef Markus Braun in der JVA Gablingen sitzt

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    Markus Braun war der Kopf von Wirecard. Was wusste er?
    Markus Braun war der Kopf von Wirecard. Was wusste er? Foto: Mirgeler, dpa

    Ex-Wirecard-Chef Markus Braun ist anderes gewohnt. Der frühere Vorstandsvorsitzende des Online-Zahlungsabwicklers soll mehrere Immobilien in Österreich besitzen, die Millionen wert sind. Seit Juli allerdings kommt der 50-Jährige in kargen Behausungen unter. Damals kam der Manager zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen in Untersuchungshaft – und seither auch nicht wie zuvor gegen Kaution wieder frei. Die Ermittler verdächtigen ihn sowie weitere Beschuldigte im Milliarden-Skandal bei Wirecard des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs.

    Seit einigen Wochen sitzt Braun in der Justizvollzugsanstalt Gablingen (Kreis Augsburg) in U-Haft, wie die Süddeutsche Zeitung zuerst berichtet hatte. Er ist nicht der erste bekannte Häftling in dem Gefängnis: Vor zwei Jahren saß hier Ex-Audi-Chef Rupert Stadler ein, zuvor der ehemalige SPD-Politiker Linus Förster und der Bordellbetreiber Marcus Prinz von Anhalt. Die JVA gilt als eine der modernsten Gefängnisse Deutschlands. Erst 2015 wurde die Anstalt eröffnet. Außen- wie Innenanlagen sind farblich markiert, damit sich auch Häftlinge leicht zurechtfinden können, die kein Deutsch sprechen. Es gibt Musikgruppen und eine eigene Kfz-Werkstatt. Zwei frühere Insassen, die Monate in Gablingen verbracht haben, beschreiben die Atmosphäre dort dennoch nicht als besonders angenehm. Es ist eben ein Gefängnis, mit Zellen, die neun Quadratmeter groß und mit dem Nötigsten eingerichtet sind: Bett, Stuhl, Tisch, Schrank, Waschbecken, Toilette.

    Wirecard-Skandal: Braun setzt auf eine Schar von Anwälten

    Untersuchungsgefangene dürfen zwar "ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten, soweit ihnen diese mit Zustimmung oder auf Vermittlung der Anstalt überlassen worden sind", wie Gefängnisleiterin Zoraida Maldonado de Landauer mitteilt. Handys oder Laptops sind nicht erlaubt. Wer in U-Haft sitzt, bekommt selten Besuch, außer von Anwälten. In den ersten drei Monaten stehen den Häftlingen mindestens zwei Stunden im Monat Besuchszeit zur Verfügung, danach mindestens eine Stunde.

    So funktioniert das Geschäft von Wirecard

    Geschäftsmodell Wirecard ist eines der Unternehmen, deren Dienste Verbraucher oft in Anspruch nehmen, ohne es zu wissen. Das Unternehmen, das seinen Sitz in Aschheim bei München hat, wickelt Kartenzahlungen sowohl an Ladenkassen als auch im Onlinegeschäft ab. Zu den Kunden zählen zum Beispiel die Airline KLM, der Haushaltsartikelspezialist WMF oder der Paketdienst FedEx.

    Kooperation Für das Kerngeschäft hat Wirecard in Europa eine Bank, die als Mittelsmann dafür sorgt, dass das Geld von den Kartendiensten zu den Händlern kommt. In anderen Ländern, wo Wirecard keine solchen Lizenzen hat, arbeitet die Firma dafür mit Partnern zusammen. Dieser Teil des Geschäfts stand im Mittelpunkt der „Financial Times“-Berichte, in denen von potenziell künstlich aufgeblähten Umsätzen die Rede war.

    Dienstleistungen Zugleich bietet Wirecard eine Palette von Dienstleistungen rund ums Bezahlen an. Neben der Integration in Kassensysteme und der Unterstützung verschiedener Bezahlmethoden gehören dazu Sicherheitsvorkehrungen gegen Betrugsversuche. Ein weiterer Service ist die Auswertung von Daten, die Kunden eine bessere Steuerung ihres Geschäfts ermöglichen soll.

    Aktie Wirecard ist im Dax gelistet. Noch Mitte Juni notierte das Papier bei rund 100 Euro. Binnen eines einzigen Tages verlor die Wirecard-Aktie am vergangenen Donnerstag 61,8 Prozent an Wert. Es war der zweitgrößte Verlust in der Dax-Geschichte. Nur die Hypo Real Estate büßte noch mehr ein (73,9 Prozent am 29. September 2008). Zuletzt rutschte der Titel weiter ab – auf unter 20 Euro.

    Braun, dessen Familie in seiner Geburtsstadt Wien lebt, wird unter den Bedingungen wie jeder Inhaftierte leiden, zumal der Manager es als ehemaliger Chef eines früheren Dax-Konzerns gewohnt war, alles zu bestimmen. Mit einem Maybach ließ er sich von seiner Wohnung im Münchner Nobel-Viertel Bogenhausen in das triste Gewerbegebiet in Aschheim bei München fahren. Am Wochenende ging es zurück nach Wien zur Familie. Braun soll eine beim Kauf schon gut zehn Millionen Euro teure Immobilie im Raum Kitzbühel besitzen. Auf das Haus hat er aber wohl keinen Zugriff mehr. So können Wirecard-Gläubiger hoffen, nach einem Verkauf des Anwesens zumindest einen kleinen Teil ihrer Forderungen erfüllt zu bekommen. Dabei deutet sich die Verteidigungsstrategie von Braun an: Er will mit einer Schar von Anwälten beweisen, dass er selbst reingelegt wurde.

    Wirecard: Es geht um merkwürdige Finanztransfers

    Damit wäre der Mann, der Wirecard erfunden hat, kein Betrüger, sondern ein Betrogener. Insider bezweifeln das, zumal kaum einer das Unternehmen besser kannte als er. Inzwischen vergeht kaum ein Tag ohne neue Meldungen über die insolvente Firma. Das Puzzle füllt sich. So soll die Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls früh brisante Informationen über Wirecard besessen haben. Diese seien aber bei den Behörden in Bayern versandet, behauptet zumindest der SPD-Politiker Jens Zimmermann. Demnach geht es um "merkwürdige Finanztransfers", in die Wirecard-Manager verwickelt gewesen seien. Die Staatsanwaltschaft München I wies die Kritik am Dienstag zurück. Es sei "keinesfalls zutreffend", dass Geldwäscheverdachtsmeldungen bei ihr versandet seien. Es gibt also auch aus politischer Sicht viel aufzuarbeiten im Skandal um den Online-Bezahlabwickler. Die Aufgabe soll nun ein Untersuchungsausschuss des Bundestages übernehmen. Für die Einrichtung eines solchen Gremiums haben sich nach FDP, AfD und der Linken auch die Grünen ausgesprochen. Damit verfügen FDP, Linke und Grüne über die nötige Stimmenzahl zur Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses.

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