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Medienbericht: Europäische Ratingagentur droht Aus

Medienbericht

Europäische Ratingagentur droht Aus

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    Das begehrteste Rating besteht aus den drei Buchstaben "AAA". Politiker wünschen sich eine europäische Alternative zu den mächtigen US-Agenturen.
    Das begehrteste Rating besteht aus den drei Buchstaben "AAA". Politiker wünschen sich eine europäische Alternative zu den mächtigen US-Agenturen. Foto: dpa

    Zwei Versuche sind schon gescheitert, eine europäische Ratingagentur als Alternative zu den großen amerikanischen Agenturen zu schaffen. Bereits kurz nach dem Mauerfall wollten die deutsche Kreditwirtschaft und der Bertelsmann-Konzern ein eigenes Ratingunternehmen aufbauen. Wenige Jahre später nehmen die Deutsche Börse und das hessische Wirtschaftsministerium einen neuen Anlauf – ebenfalls ohne Erfolg. Nun steht wohl auch die von der Unternehmensberatung Roland Berger konzipierte europäische Ratingagentur steht vor dem Aus. Das Projekt scheitert offenbar wieder an der Finanzierung.

    Startkapital für europäische Ratingagentur fehlt

    Ursprünglich war geplant, dass die neue EU-Ratingagentur Ende 2012 ihre ersten Noten vergeben sollte. Für das Projekt versuchte Roland Berger auf eigene Initiative hin Kapital von Unternehmen aus der Finanzbranche einzusammeln, die sich dann an einer Stiftung beteiligen. Jetzt steht die Start-Finanzierung nach einem Medienbericht vor dem Aus.

    Nach Informationen der Financial Times Deutschlandglaubt die Beraterfirma Roland Berger nicht mehr daran, 300 Millionen Euro Startkapital für den Aufbau einer europäischen Ratingagentur zusammenzubekommen. Berger habe vor allem auf die Unterstützung deutscher und französischer Großbanken gehofft, stieß jedoch auf wenig Interesse.

     Wettbewerber für US-Ratingagenturen

    Die europäische Ratingagentur sollte ein neuer Wettbewerber der drei großen US-Ratingagenturen Standard & Poor's (S&P) , Moody's und Fitch werden. Kerngeschäft von Ratingagenturen ist die Bewertung von Wertpapieren. Die EU-Ratingagentur hätte transparenter als die US-Konkurrenz arbeiten sollen. Das Konzept sah vor, dass für die Ratings Investoren zahlen sollten.   Bei den großen Wettbewerbern zahlen bislang die Emittenten - also diejenigen, die auch benotet werden - für das Rating.

    Ratingagenturen: Das sind Standard & Poor's, Moody's und Fitch

    Drei Ratingagenturen mit langer Geschichte und US-amerikanischen Wurzeln beherrschen den weltweiten Markt für die Benotung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten.

    STANDARD & POOR'S (S&P): Der Ratingriese ist Teil des Gemischtwarenladens McGraw-Hill - ein börsennotierter Medienkonzern, der unter anderem Schulbücher verlegt.

    An McGraw-Hill wiederum sind große Investmentfonds beteiligt sowie Unternehmenschef Harold McGraw.

    Bis Ende 2012 soll der US-Konzern aufgespalten werden in eine Bildungs- und eine Finanzmarktsparte, zu der dann auch S&P gehört.

    MOODY'S: Der härteste Konkurrent von S&P ist selbst börsennotiert. Anteile halten eher unauffällige Investmentfonds, aber auch Investoren-Legende Warren Buffett, der mit seiner Firma Berkshire Hathaway auf mehr als zehn Prozent der Moody's-Anteile kommt.

    Als S&P Anfang August die Kreditwürdigkeit der USA von der Topnote AAA auf AA herabstufte, kritisierte Buffett dies scharf.

    FITCH: Die kleinere Nummer drei geht ebenfalls auf einen US-amerikanischen Gründer zurück, gehört heute aber zu 60 Prozent dem börsennotierten französischen Finanzinvestor Fimalac

    Die restlichen Anteile hält der US-Medienkonzern Hearst («Cosmopolitan», «Elle», ESPN). Hinter Fimalac steht der in Frankreich weit vernetzte Geschäftsmann und Unternehmer Marc Ladreit de Lacharrière.

    Fitch sitzt in New York und London.

    Von Politikern in der EU waren immer wieder Forderungen nach einer europäischen Alternative zu den großen US-Agenturen aufgekommen. Den US-Agenturen wird eine zu große Macht und Einflussnahme vorgeworfen. Außerdem werden sie angeklagt, die Finanzkrise mit den Herabstuftungen einzelner Eurostaaten immer wieder zu verschärfenAZ/dpa            

    Die Buchstabencodes der Ratingagenturen

    Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken oder Staaten und sind damit äußerst einflussreiche, aber auch umstrittene Akteure auf dem Finanzmarkt. In ihr Urteil fließen veröffentlichte Zahlen ebenso ein wie Brancheneinschätzungen. Die weltweit bedeutendsten Ratingagenturen sind: Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch.

    Für ihre Einstufungen verwenden die Agenturen Buchstabencodes. Die Skala beginnt bei Standard & Poor's und Fitch etwa mit der Bestnote AAA (Englisch: «Triple A»). Moody's nutzt dieselben Bezeichnungen, schreibt sie aber anders (Aaa). Es folgen AA, A, BBB, BB, B, CCC, CC, C. Die meisten Stufen können mit Plus- und Minuszeichen noch feiner unterteilt werden.

    Ab BB+ beginnt der spekulative Bereich, der auch «Ramsch» (englisch: Junk) genannt wird. Die Skala reicht bis D, das bedeutet, dass ein Ausfall des Schuldners, also die Pleite, eingetreten ist. Eine mögliche Änderung des Ratings kündigen die Agenturen in aller Regel über den Ausblick «positiv», «stabil» und «negativ» an.

    Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners beurteilen, desto teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen. Die Refinanzierungskosten steigen, schlimmstenfalls ziehen Geldgeber ihr Kapital ab. Am Rating orientieren sich nicht nur Banken, sondern auch andere Investoren. Zuletzt haben Staaten aber trotz einer Herabstufung günstiger Geld bekommen.

    Die Agenturen sind umstritten. Weil sie vor der Finanzkrise Ramschpapiere als sichere Geldanlage anpriesen, wurde ihnen eine Mitschuld an der Krise gegeben. In der Euro-Schuldenkrise gerieten sie wieder in die Kritik: Politiker warfen ihnen vor, die Bonität hoch verschuldeter Euro-Länder trotz milliardenschwerer Hilfspakete auf Ramschstatus abgewertet und damit die Krise weiter verschärft zu haben. (dpa)

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