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Medien: Was hinter dem Radikalumbau von Springer steckt

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Was hinter dem Radikalumbau von Springer steckt

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    Bis zu 3500 Mitarbeiter können in der neuen Zentrale des Springerkonzerns in Berlin arbeiten. 
    Bis zu 3500 Mitarbeiter können in der neuen Zentrale des Springerkonzerns in Berlin arbeiten. 

    Sogar für Berliner Verhältnisse ist die neue Zentrale des Medienkonzerns Axel Springer in Kreuzberg ein außergewöhnlicher Bau. Wie ein Raumschiff liegt der dunkle Quader da. Durch eine weit aufgerissene Kante gibt eine wabenartige Matrix den Blick frei ins Innere. Alles hier soll Aufbruch, Zukunft – und publizistische Macht symbolisieren. Denn dafür steht der Mutterkonzern von Bild und Welt natürlich immer noch. Trotz teils dramatischer Einbußen bei der gedruckten Auflage der beiden Flaggschiffe. Vor allem aber trotz der Tatsache, dass gut 70 Prozent des Konzernumsatzes von rund 3,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr aus dem Bereich der digitalen Medien stammten, vor allem aus Rubrikenangeboten für Immobilien oder Jobs etwa.

    Das war zu Zeiten von Axel Cäsar Springer anders. Der Verlegersohn Springer hat sein Printimperium nach dem Krieg auf der Lizenz für die Programmzeitschrift Hörzu gegründet. 1948 stieg er mit dem Hamburger Abendblatt in den Zeitungsmarkt ein, gründete 1952 die Bild-Zeitung und kaufte ein Jahr später Die Welt. Ständig – und mit großem Erfolg – suchte Springer nach Möglichkeiten, sein Zeitungsreich zu erweitern. Das weckte bald die Angst vor zu hoher Machtkonzentration. Offener Hass und Feindschaft schlugen Springer – und seinen Zeitungstiteln – im Laufe der 1968er-Revolte entgegen. 1972 explodierten sogar mehrere Bomben im Hamburger Springer-Hochhaus.

    „Enteignet Springer“ ruft heute keiner mehr

    Der Konzern war da längst von der Hansestadt nach Westberlin umgezogen. Axel Cäsar Springer ließ seine neue Zentrale symbolhaft direkt an die Mauer bauen. Lange her. Die Mauer ist weg, die neue Zentrale liegt nun gleich gegenüber, im ehemaligen Ostteil der Stadt. „Enteignet Springer“ ruft auch in Berlin längst niemand mehr. Aber über die Frage, wie viel Macht der Springerkonzern hat, darüber lässt sich noch immer streiten. Leonard Novy, der Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik in Köln, sagt dazu: „Erst einmal ist es ja bemerkenswert, dass mit der nun bekannt gewordenen Nachfolgeregelung von Friede Springer Mathias Döpfner zur letzten großen öffentlich sichtbaren Verlegerpersönlichkeit in Deutschland wird.“

    Die Macht des Springerkonzerns und seiner Zeitungstitel, Debatten zu prägen, sei in den vergangenen Jahren sicher zurückgegangen, sagt Novy. Auch weil Springer vor einigen Jahren emotionslos seine Regionalblätter und sogar die Hörzu abgestoßen hat. Aber dies sei derzeit wohl nicht die spannendste Frage.

    Die europäische Medienlandschaft stehe vor massiven Umbrüchen, die weit über das Zeitungsgeschäft hinausreichten. Die Digitalkonzerne aus dem Silicon Valley spielten längst auch auf dem Medienmarkt eine entscheidende Rolle. „Das hat eine industriepolitische Komponente, wenn es um Wertschöpfung in Europa geht, um Informationsarchitekturen über die Services und Dienstleistungen laufen. Dort stellt Europa fest, dass es sich schon in einer Abhängigkeit von außereuropäischen Strukturen und Konzernen befindet“, so Novy. Aber es habe auch eine demokratietheoretische Bedeutung, weil Journalismus ja eine wichtige demokratische Kontrollfunktion übernehme.

    In Wahrheit geht es bei Springer um das Geschäft mit Daten

    Vor dieser Folie bekommt der radikale Umbau, dem sich der Springerkonzern verschrieben hat, noch einmal ein ganz anderes Gewicht. Seit einem Jahr ist der US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) Großaktionär bei Springer. Ziel der Partnerschaft ist es, noch schneller im Digitalgeschäft zu wachsen. Springer zog sich dazu in diesem Jahr auch von der Börse zurück – nach 35 Jahren. So könne man freier und entschiedener handeln, ohne Rücksicht auf Quartalsberichte, erklärte Mathias Döpfner dazu. Was der nun von Friede Springer auch zum Ankeraktionär gemachte Springerchef damit meint, wird inzwischen klarer, erklärt Novy: „Springer hat in den vergangenen 15 Jahren immer digitale Geschäfte gemacht. Das wirkte lange wie der Versuch einer Querfinanzierung des journalistischen Geschäfts. Jetzt zeichnet sich ab, dass es viel grundsätzlicher um das Geschäft mit Daten geht.“

    Bild soll noch stärker zur Live-Plattform für Nachrichten, Unterhaltung und Sport werden und auch auf TV-Bildschirme gebracht werden. Bei der Welt steht das Netzwerk aus Experten und Kommentatoren im Vordergrund, das hat das Unternehmen bereits erklärt. Die Wette auf die Zukunft ist, selbst so gut im Geschäft mit den Daten zu werden, dass man die journalistischen Inhalte zu den Nutzern bringt, ohne auf die Daten- und Plattformunternehmen aus dem Silicon Valley angewiesen zu sein.

    „KKR geht es nicht um die Rettung des Journalismus, sondern um Geld. Aber dem Springerkonzern steht, was immer man über Mathias Döpfners Positionen und sein kühl kalkuliertes Handeln im Einzelnen denken mag, immer noch ein Journalist vor“, sagt Novy. Die Zukunft? „Das kann noch spannend werden.“

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