Angestoßen von den Protesten gegen Rassismus und erneuter Kritik an ihrem Logo hat die Firma Mars angekündigt, den schwarzen Mann im Anzug mit Fliege von den Verpackungen ihrer Reismarke Uncle Ben’s zu verbannen. Auch Stollwerck hatte bereits 2004 nach vorausgegangener Kritik die von ihr als Mohr betitelte Figur aus dem Logo ihrer Marke Sarotti durch einen Magier ersetzt. Die Diskussion um die Logos zeigt: Rassismus wird heute nicht mehr einfach so hingenommen. Und auch die Darstellungen werden als Problem erkannt.
Sie seien Beispiel dafür, wie tief rassistisches Gedankengut in unsere Gesellschaft eingeschrieben sei, wie normalisiert, sagt Tahir Della, Pressesprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, die sich seit ihrer Gründung 1985 mit problematischen Darstellungen befasst, etwa in Kinderbüchern. Die Überzeichnung und das Herunterbrechen auf äußerliche Merkmale sowie die Zuschreibungen, die mit rassistischen Darstellungen vorgenommen würden, ließen Hemmungen im Umgang mit schwarzen Menschen fallen. Die Bereitschaft der Menschen zur Beschäftigung mit den Auswirkungen problematischer Darstellungen aber fehle.
„Der Nicht-Umgang ist Teil des Problems“
„Die Debatte um Wappen und Straßennamen zeigt, dass die Gesellschaft schwerfällig ist, sich dem Thema zu widmen“, sagt Della. Die Mehrheitsgesellschaft wehre sich dagegen, sich vorschreiben zu lassen, wie sie etwas bebildere. Kritik würde heruntergespielt, indem eine rassistische Motivation verneint würde. „Dieses Abwiegeln ist falsch“, meint Della. „Der Nicht-Umgang damit ist Teil des Problems.“ Ebenso eine Bildpolitik, in der sich Rassismus niederschlage. Bildpolitik meint die Visualisierung von Herrschaft mithilfe von herrschaftlichen Bauten oder Porträts.
Was genau macht ein rassistisches Logo aus? Dr. Ina Hagen-Jeske vom Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Universität Augsburg schreibt auf Anfrage: „Die einzig wahre Definition für ‘rassistische Firmenlogos’ gibt es meiner Ansicht nach nicht. Es hängt ganz von dem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext und vom Firmenlogo ab.“ Die Wissenschaftlerin erläutert das mit vier Beispielen. Da sei zum einen der Sarotti-Mohr, den die Wissenschaftlerin „Sarrotti-M...“ nennt, der mit seinen „orientalisierten Elementen in der Tradition des Topos des Schwarzen Dieners steht und Ergebnis von europäischen Vorstellungen über unterwürfige, orientalische (siehe Turban und Pumphose) Diener ist.“
Über bestimmte Verkleidungen an Karnevalsumzügen sollte nachgedacht werden
Als zweites Beispiel nennt sie das ehemalige Logo des „Hotel 3M...“ in der Augsburger Maxstraße, das mit den „drei sich nicht unterscheidenden, stark stilisierten Gesichtern mit überzeichneten Lippen ohne jegliche menschliche Züge ganz deutlich den N...-Typus“ widerspiegele. Das dritte Beispiel ist das Uncle Ben’s Logo. Dieses müsse wiederum im US-amerikanischen Kontext (genauer Südstaaten) betrachtet werden: „Dort wurden Schwarze Versklavte u. a. mit “boy” (Junge) oder “uncle” (Onkel) angesprochen, um eine respektvolle Anrede mit “Mr.” zu vermeiden“, sagt Hagen-Jeske.
Es gebe immer noch „viele Facetten von historisch gewachsenen, rassistischen Typen beziehungsweise Logos, die wiederum die rassistischen Vorstellungen der Konsumierenden prägen.“ Den Beispielen sei gemein, dass sie „von mehrheitlich weißen Entscheidungsträgern erschaffen wurden, dadurch koloniale Machtverhältnisse reproduziert werden und diese Logos koloniale Fantasien vom ,unzivilisierten Anderen‘ weiter festigen.“ Sie transportierten rassistische Vorstellungen, „alle Schwarze Menschen sähen gleich aus (siehe Logo 3 M) oder seien nur für niedere Tätigkeiten imstande (Sarotti-M). Sie haben beide in unterschiedlichen Varian-ten entmenschlichende Effekte“, meint Hagen-Jeske.
Es sei an der Zeit, die kolonialrassistische Geschichte zu brechen, sagt Della. Natürlich gebe es unter schwarzen Menschen unterschiedliche Auffassungen über rassistische Logos und Werbungen, doch „wir sind als Gesellschaft gut beraten, die kritischsten Stimmen zu hören. Die weichgespülte Auffassung hilft nicht weiter“. Er fordert, die Stimme zu hören, die zur Reflexion anrege. Die Sensibilität in der Gesellschaft wachse, gerade die jüngere Generation habe einen anderen Blick auf das Thema, „aber es gibt noch viele Konzepte, die noch nicht abgebaut sind“, sagt Della. Auch über bestimmte Verkleidungen an Karnevalsumzügen sei nachzudenken.
Logo der Marke Sarotti wurde über die Jahre weiterentwickelt
Die Firma Stollwerck hat das Logo ihrer Marke Sarotti über die Jahre weiterentwickelt. „Charakteristisch für eine Marke ist ihre Wiedererkennung, um positive Erinnerungen zu wecken. Das heißt aber nicht, dass alles gleich bleiben muss. Vielmehr ist Reflexion eine kontinuierliche Marketingaufgabe“, erklärt Kathrin Jessen von der Abteilung International Business Development bei Stollwerck. 1894 wird Sarotti als Marke registriert, nachdem Hugo Hoffmann die 1852 gegründete Waren-Handlung „Felix & Sarotti“ gekauft hatte. Der Name soll von einem italienischen oder Schweizer Zuckerbäcker stammen. Zu dieser Zeit zeigte das Logo einen Bären am Bienenbaum, der auch auf Werbepostkarten erschien.
Der Grafiker Julius Gipkens, der Sarotti-Firmenfahrzeuge bemalte, entwarf auch „eine Pralinenpackung mit drei sogenannten Mohren, lange Zeit ein Klassiker“, berichtet Jessen. Vor diesem Hintergrund entwickelte er den Sarotti-Mohren als Firmenzeichen. Wie schon mit dem Bären oder andere Figuren suchten Firmen nach Sinnbildern, die die Marke positiv verkörperten: „Die Fantasiefigur sollte für Schokoladengenuss und Qualität stehen.“
2004 erfolgte dann die Verjüngung und zeitgemäße Anpassung des Logos: Aus dem Sarotti-Mohr wurde der in Gold getauchte Magier. Jessen sagt: „Diese Weiterentwicklung der Fantasiefigur wurde positiv aufgenommen, und vor drei Jahren haben wir in der Bildmarke bereits die Figur noch weiter zurückgenommen und der Herkunft von Sarotti, dem Geburts- und Standort der Marke ‘Berlin’, mehr Platz eingeräumt.“ Jessen bewertet die Logo-Frage so: „Im Wandel der Zeit muss man sich die Frage stellen, ob das richtig ist. Man kann Historie nicht verändern, aber reflektieren, ob die Darstellungen noch angemessen sind.“
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