München (dpa) - Mit dem
Rücktritt
von MAN-Chef
Håkan Samuelsson
verliert der Münchner Lastwagen-Konzern seine
Galionsfigur
. Der Schwede gilt nicht nur als fähiger Manager, sondern ist auch bei den Mitarbeitern durchaus beliebt. Doch seit Mai kämpft
MAN
mit einem Schmiergeldskandal. Die
Staatsanwaltschaft
ermittelt zwar ausdrücklich nicht gegen
Samuelsson
, dem Vernehmen nach hat er nun aber zumindest die politische Verantwortung für die Affäre übernommen. Einem dürfte
Samuelssons
Abgang
indes nicht ungelegen kommen:
Ferdinand Piëch
, dem VW-Patriarchen und begnadeten Strippenzieher. Er hat nun freie Bahn, die Allianz zwischen
MAN
,
Volkswagen
und dem schwedischen Lastwagenbauer
Scania
voranzutreiben."Etwas Besseres hätte Herrn
Piëch
nicht passieren können. Ich wundere mich eigentlich, dass das so lange gedauert hat", sagt ein Branchenkenner zum
Abgang
des Schweden. Denn
Samuelsson
steht nicht nur für die Sanierung und Neuausrichtung des Unternehmens, sondern auch für die Eigenständigkeit von
MAN
- und sei genau deshalb
Piëch
im Weg, heißt es. Denn
Piëch
träumt von einem integrierten Konzern unter der Führung von
Volkswagen
, der weltumspannend alles vom Kleinwagen bis zum 40-Tonner anbietet.Auf der
IAA in Frankfurt
im September deutete der Patriarch an, wohin die Reise seiner Meinung nach gehen soll. Ein Dutzend sei leichter zu merken als zehn, bemerkte
Piëch
dort wie gewohnt vielsagend nichtssagend. Sprich:
Volkswagen
will nach der Integration von
Porsche
als zehnter Marke zwei zusätzliche Marken. Neben dem japanischen Auto- und Motorradbauer Suzuki soll das
MAN
sein.
Volkswagen
,
MAN
und
Scania
sind bereits über ein enges Geflecht wechselseitiger Beteiligungen miteinander verbunden. So hält
Volkswagen
29 Prozent der MAN-Anteile und knapp 71 Prozent der Stimmrechte bei
Scania
. Die Münchner wiederum sitzen ebenfalls bei
Scania
im Boot. Sie kontrollieren dort knapp 17,4 Prozent der stimmberechtigten Aktien. Im März hatte
MAN
von
Volkswagen
das Brasilien-Geschäft mit schweren Nutzfahrzeugen übernommen.Ansonsten aber schienen die Gespräche über die Allianz zuletzt auf der Stelle zu treten. Dies dürfte auch daran gelegen haben, dass
Samuelsson
einem Zusammengehen mit
VW
und
Scania
zu den Bedingungen
Piëchs
zumindest skeptisch gegenüberstand. Kooperation ja, Übernahme nein, hieß seine Devise. "Er war bei der Fusion der Lkw-Sparte nicht die treibende Kraft", heißt es.Denn damit wäre das "Alphatier"
Samuelsson
bestenfalls zum Chef einer Konzernmarke degradiert worden. Dass er die Allianz grundsätzlich will, bewies er 2006. Damals legte er selbst ein Übernahmeangebot für
Scania
vor. Doch er scheiterte am Widerstand der Scania-Eigner. So wurde er von der Offensive in die Defensive gedrängt.
Piëch
dürfte
Samuelsson
, der früher selbst bei
Scania
war, deshalb schon früh als Hindernis auf dem Weg zur Verwirklichung seines Traums erkannt haben. In solchen Fällen handelt er konsequent. 2006 verdrängte er den damaligen VW-Chef
Bernd Pischetsrieder
und ersetzte ihn durch
Martin Winterkorn
. Sein letzter Coup war die Integration von
Porsche
bei
Volkswagen
. Porsche-Chef
Wendelin Wiedeking
ließ er dabei über die Klinge springen, nicht ohne ihn vorher nach allen Regeln der Kunst zu demontieren.Die Position Wiedekings, der
Porsche
von Grund auf sanierte und zum rentabelsten Autobauer der Welt machte, galt lange als unantastbar. Bis er sich mit der geplanten Volkswagen-Übernahme überhob und
Porsche
auf einem riesigen Schuldenberg saß. Nun räumt
Samuelsson
- seinerseits gescheitert mit der Scania-Übernahme vor drei Jahren, seinen Stuhl bei
MAN
. Die Börse reagierte denn auch prompt. Am Montagabend machte der Kurs der MAN-Aktie einen deutlichen Sprung nach oben. Viele Börsianer hofften offenbar auf ein baldiges Übernahmeangebot aus
Wolfsburg
.