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Luftfahrt: Was Niki Lauda mit seiner alten Liebe vorhat

Luftfahrt

Was Niki Lauda mit seiner alten Liebe vorhat

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    Niki Lauda ist ein Coup gelungen: Er erhält seine alte, inzwischen insolvente Fluglinie zurück.
    Niki Lauda ist ein Coup gelungen: Er erhält seine alte, inzwischen insolvente Fluglinie zurück. Foto: Barbara Gindl, dpa

    Lauda Air, Flyniki, Niki und jetzt Laudamotion: Der Ex-Rennfahrer

    Der Gläubigerausschuss in Wien hat dem einstigen Niki-Gründer nach 15 Stunden Beratung einstimmig den Zuschlag für die insolvente Air-Berlin-Tochter erteilt. Die British-Airways-Mutter IAG, die zuvor in Deutschland den Zuschlag bekam, geht leer aus. Lauda bereitet jetzt einen schnellen Neustart vor. Ein Überblick.

    Was hat Niki Lauda mit der Fluggesellschaft vor?

    Zunächst einmal will der Unternehmer die Niki unter dem Dach seiner bereits bestehenden Charter-Gesellschaft Laudamotion möglichst schnell wieder in die Luft bekommen. Zum Start des Sommerflugplans Ende März und damit pünktlich zu den Osterferien will der Unternehmer zunächst 15 Airbus-Maschinen in der Luft haben, die er sich von der Lufthansa holen will. Das kündigte der dreifache Formel-1-Weltmeister am Dienstag an. Einen möglichst großen Teil der Sitze will er an Reiseveranstalter verkaufen, insbesondere mit dem Partner Thomas Cook sind die Gespräche weit gediehen. Mittelfristig scheint aber fraglich, ob sich eine Gesellschaft dieser Größe zwischen den Billigriesen Ryanair, Easyjet, Wizz oder der

    Was bedeutet die Übernahme durch Lauda für die Passagiere?

    Urlauber dürfen wohl weiterhin auf stabile Preise bei Pauschal-Flugreisen hoffen, Geschäfts- und Städtereisende aber könnten enttäuscht werden, vermutet Klaus Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Das hängt mit der Ausrichtung Laudas auf touristische Ziele zusammen. Die als Bieter abgehängte IAG-Tochter Vueling wie auch Ryanair wären wesentlich stärker in den europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr eingestiegen und hätten dort für mehr Konkurrenz und sinkende Preise gesorgt.

    Kann IAG den Deal mit Lauda noch verhindern?

    Die Chronologie von Air Berlin

    1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Piloten Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

    1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag.

    1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft

    2004: Einstieg bei der Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda

    2006: Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba

    2007: Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge

    2008: Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, ein erstes Sparprogramm folgt. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

    2011: Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm kommt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

    2012: Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Fluglinie mit Millionen. Ein neues Sparprogramm beginnt.

    2013: Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

    2015: Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

    2016: Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden. 

    2017: Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

    15. August 2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt.

    27. Oktober 2017: Der letzte Flieger von Air Berlin landet in Berlin.

    Juristische Ansatzpunkte im komplizierten Insolvenzrecht gibt es nach dem doppelten Verfahren in zwei EU-Staaten sicherlich. Auch steht noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Neustart des Insolvenzverfahrens in Österreich aus. In einer ersten Reaktion hat sich die British-Airways-Mutter aber eher resigniert gezeigt und bedauert, dass Niki „nicht in der Lage sein wird, sich als Teil der Gruppe zu entwickeln und zu wachsen“. Wahrscheinlich spielt der Faktor Zeit eine Rolle, da die seit Dezember ruhenden Start- und Landerechte der Niki als einziger nennenswerter Vermögensgegenstand nicht ewig freigehalten werden können. Die österreichischen Behörden neigen zudem der Lauda-Lösung zu.

    Wie viel hat Lauda für Niki Air bezahlt und wer erhält das Geld?

    Über die genaue Summe haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Nach Informationen der Zeitung Die Presse hat Lauda die alte Vueling-Offerte eines Kaufpreises von 36,5 Millionen Euro zumindest überboten und in einem dramatischen Bieterverfahren noch in der Nacht nachgebessert. Auch wenn Laudas Privatvermögen auf mehr als 200 Millionen Euro geschätzt wird, bestehen auf Seite der Arbeitnehmer Zweifel, ob er die Übernahme tatsächlich alleine bewältigen will. Das Geld geht an die Niki-Gläubiger im deutschen und österreichischen Verfahren.

    Wie reagieren die Arbeitnehmer auf die Rückkehr ihres einstigen Chefs?

    Reserviert, denn die Beschäftigten hatten einen anderen Favoriten: Das war Vueling und nicht Lauda. Für die ursprüngliche Lösung wurden sogar Unterschriften gesammelt. Lauda hat aus seiner Zeit als Niki-Chef den Ruf eines Arbeitgebers, der nicht viel Rücksicht nimmt. „Bei mir mussten Flugbegleiter nie Toiletten putzen, so ein Blödsinn“, wehrte er sich jüngst gegen alte Vorwürfe. Um die Mannschaft, vor allem die abwanderungswilligen 220 Piloten zu halten, signalisiert Lauda die Bereitschaft zum Abschluss eines Tarifvertrags. Er will zudem allen ein Jobangebot machen.

    Welche Rolle spielt die deutsche Thomas-Cook-Gesellschaft Condor?

    Unter der Ägide ihrer einstigen Mutter Air Berlin war die Niki extrem schlank aufgestellt. Flugbetrieb, Crew-Planung und andere zentrale Aufgaben wurden von der Mutter erledigt. In diese operative Rolle soll nun die Condor schlüpfen, entsprechende Verhandlungen sind angekündigt. Möglicherweise könnten die Deutschen auch die Restplätze der Laudamotion vermarkten, die nicht von Veranstaltern gebucht werden. Experten wittern bereits die erneute Chance, einen schlagkräftigen Ferienflieger außerhalb des Lufthansa-Konzerns zu gründen. (Christian Ebner, dpa)

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