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Luftfahrt: Bei der Lufthansa geht es in der Corona-Krise um alles

Luftfahrt

Bei der Lufthansa geht es in der Corona-Krise um alles

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    Die größte deutsche Fluggesellschaft muss die meisten Flieger am Boden lassen.
    Die größte deutsche Fluggesellschaft muss die meisten Flieger am Boden lassen. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Am Donnerstag muss Lufthansa-Chef Carsten Spohr Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019 vorlegen. So wie es aussieht, könnte der ein oder andere Aktionäre geneigt sein, sich diese gerahmt aufzuhängen: Gut zwei Milliarden Gewinn stehen für das Jahr 2019 zu Buche. Ohne die Coronakrise wäre das zwar kein überragendes Ergebnis gewesen. Aber zumindest hat Spohr damit die eigene Prognose erfüllt. Jetzt ist dieser Gewinn wohl vorerst die letzte positive Botschaften, die der Lufthansa-Chef verkünden kann.

    Beinahe täglich kommen neue Hiobsbotschaften für den Konzern und seine Aktionäre. Angesicht drastischer Buchungsrückgänge und staatlicher Reisebeschränkungen ist der Kurs der Aktie binnen eines Monats um 40 Prozent abgeschmiert. Da ist der Vorschlag des Vorstands vom vergangenen Freitag, heuer keine Dividende auszuzahlen noch eine der harmlosen Neuigkeiten.

    Die Hälfte aller Flugzeuge steht am Boden

    In der vergangenen Woche verzeichnete der Konzern mit seinen Airlines gerade einmal die Hälfte der Buchungen wie zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Dazu kommt eine ständig steigende Zahl von Flugstornierungen. Schon jetzt stehen gut die Hälfte der Flugzeuge im Passagierbereich am Boden. Dabei bleibt es nicht. Die Tochtergesellschaft Austrian bleibt ab Donnerstag dieser Woche komplett am Boden, vorerst bis 28. März. Auch die übrigen Strecken werden noch weiter ausgedünnt. Nur noch jeder zehnte geplante Fernflug soll stattfinden und ungefähr jeder fünfte Nah- und Mittelstreckenflug.

    Carsten Spohr ist Vorstandsvorsitzender der Deutsche Lufthansa AG. Die Corona-Krise stellt die Firma vor große Probleme.
    Carsten Spohr ist Vorstandsvorsitzender der Deutsche Lufthansa AG. Die Corona-Krise stellt die Firma vor große Probleme. Foto: Boris Roessler, dpa

    Spohr hat schon einmal genau nachrechnen lassen, wie viel der Konzern überhaupt noch in der Kasse hat. Ergebnis: 4,3 Milliarden Euro liquide Mittel. 600 Millionen davon hat der Konzern erst in den vergangenen Woche zusätzlich aufgenommen. Hinzu kommen ungenutzte Kreditlinien von rund 800 Millionen Euro. Sogar die Flotte, die zu 86 Prozent dem Konzern gehört und nicht geleast ist, wird jetzt mit ganz anderen Augen betrachtet. Knapp 90 Prozent der Flieger sind frei von Krediten. Das sorgt für einen erst mal imposant wirkenden Buchwert von rund 10 Milliarden Euro. Dennoch könnte das nicht reichen.

    Luftfahrt-Analyst Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler beschreibt das Dilemma so: „Lufthansa hat Kosten von rund 35 Milliarden Euro pro Jahr. 60 Prozent davon kann der Konzern nach eigenen Angaben einsparen, wenn er seine Maschinen am Boden lässt. Das Problem sind die 14 Milliarden, die dann noch bleiben.“ Lässt man die üblichen saisonalen Schwankungen beiseite und teilt den Wert durch zwölf, bekommt man eine grobe Orientierungsmarke von den Summen, die jeden Monat im Feuer stehen.

    Die Lufthansa ist dennoch besser aufgestellt als die Konkurrenz

    Dabei ist die Lufthansa prinzipiell besser aufgestellt als so manch ein Konkurrent. Experten rechnen durch die Coronakrise mittlerweile mit einer riesigen Pleitewelle in der internationalen Luftverkehrswirtschaft. Ende Mai dürften die meisten Airlines der Welt zahlungsunfähig sein, schreibt die Beratungsgesellschaft Capa. Überleben werden nach Einschätzung der Analysten die großen Gesellschaften, die auf Unterstützung ihrer Heimatstaaten rechnen können. Dazu zählt, neben den Riesen aus China und den USA, den Airlines vom Arabischen Golf und einigen ihrer europäischen Konkurrenten eben auch die Lufthansa. Derzeit lotet die Airline noch die Möglichkeiten einer staatlichen Unterstützung nur aus. Einem Sprecher zufolge gibt es auch Gespräche mit Österreich, Belgien und der Schweiz, wo der Konzern mit seinen Tochtergesellschaften Austrian, Brussels und Swiss vertreten ist.

    „Grundsätzlich wird durch Staatsgeld erst einmal dafür gesorgt, dass sich die Airlines über Wasser halten können. Aber Gelder müssen auch zurückgezahlt werden. Für Unternehmen, die mit wenig Eigenkapital oder schon verschuldet in diese Krise geschlittert sind, könnte es dann eng werden“, sagt Hoymann. Im Regelfall kennzeichne eine Pleite die mangelnde Zahlungsfähigkeit. Nun verlagerten sich die Probleme in die Bilanzen.

    Immerhin läuft das Frachtgeschäft der Lufthansa noch

    Immerhin das Frachtgeschäft ist nicht zum erliegen gekommen. Die Krise hat die Preise sogar kräftig in die Höhe getrieben, denn Passagierflugzeuge transportieren immer auch Fracht. Diese Kapazitäten fehlen jetzt. Zudem sind viele Lieferketten bis zum Zerreißen gespannt, viele Güter müssen einfach transportiert werden. Die Lufthansa prüft darum nun, einige Passagier-Jumbos als Frachtflieger einzusetzen. Eine Boeing 747-8 könnte maximal 60 Tonnen Güter transportieren, so die Lufthansa. Wirtschaftlich ist so ein Verkehr aber nur auf Interkontinentalverbindungen, denn schon zu normalen Zeiten beträgt der Preis der Luftfracht etwa das 40-fache der Seefracht.

    Einige Passagierflüge gibt es weiterhin. „Ich würde der Lufthansa das Aufrechterhalten einiger Routen auch als Service am Kunden anrechnen. Die werden sich in Zukunft womöglich daran erinnern, wer sie noch nach Hause gebracht hat und wer nicht“, sagt Hoymann. (mit dpa)

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