Ein durchschnittliches Auto besteht aus ungefähr 10.000 Einzelteilen. Im Laufe eines Autolebens geht das ein oder andere kaputt und muss ersetzt werden. Große Autowerkstätten haben viele Teile vorrätig. Um im Lager nicht den Überblick zu verlieren und dieses auch immer wieder aufzufüllen, sind Mitarbeiter wie Marvin Praschmo zuständig. Der 23-Jährige arbeitet in der Mercedes-Benz-Niederlassung in Neu-Ulm und ist dort im zweiten Ausbildungsjahr zur Fachkraft für Lagerlogistik. Er erzählt, was ihn am Beruf fasziniert und wie sein Arbeitsalltag aussieht.
Praschmo ist Quereinsteiger. Er hatte vier Semester studiert, doch das Studium war ihm zu trocken: „In den Semesterferien habe ich in Stuttgart bei Daimler mehrmals gearbeitet, das hat mir sehr gut gefallen.“ Praschmo wechselte die Richtung. In der Automobilbranche sei die Arbeit für ihn eine gute Mischung aus Organisation, körperlicher Arbeit und sozialen Kontakten. Was dabei für ihn besonders wichtig ist: „Man sieht am Ende des Tages, was man gemacht hat.“
Derzeit arbeitet Praschmo im Bereich Wareneingang. Zu Beginn jeden Arbeitstages, der morgens um 7 Uhr beginnt, kontrolliert er eingehende Lieferungen. Er schaut, ob die auf dem Lastwagen geladenen Teile die bestellten sind, ob sie Transportschäden haben oder ob etwas fehlt. Nachdem er die nötigen Unterlagen ausgefüllt hat, verteilt er die Pakete und Kisten an den jeweiligen Standort im Lager. Auf ihnen ist ein Barcode aufgeklebt, den Praschmo mit einem Lesegerät scannt. Ein Computerprogramm registriert dann die Artikel und speichert die Nummer und den Lagerort im System ab.
Ordnung ist in der Lagerlogistik bares Geld wert
Und hier müsse er gründlich arbeiten, sagt Praschmo. Insgesamt 14.000 verschiedene Einzelteile sind vorrätig. Da kann man schnell den Überblick verlieren. „Falsch registrierte oder falsch sortierte Artikel finden wir nur schwer wieder.“ Bei einer einzelnen Schraube wäre das nicht dramatisch, aber manche Fahrzeugteile wie etwa ein Steuergerät kosten mehrere hundert Euro. Nur sehr selten komme es vor, dass ein vermisstes Teil nicht mehr auftaucht, sagt Praschmo. Das sei auch Ergebnis einer guten Sortierung.
Lagerlogistiker hantieren oft auch mit Gefahrstoffen, im Falle Praschmos mit Airbags und Starterbatterien. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Belieferung der Werkstatt mit georderten Teilen. Teile, die Praschmo nicht vorrätig hat, bestellt er im Zentrallager, welche per Express geliefert werden. Nach dem Wareneingang leitet er sie sofort weiter in der Werkstatt.
Saisonbedingt kommen derzeit täglich größere Lieferung mit neuen Autoreifen, die Kollegen in der Werkstatt montieren. Die Reifen lagert Praschmo mit einem Gabelstapler zwischen. Der 23-Jährige hat den Staplerführerschein bereits in der Zeit des Studentenjobs gemacht. Daimler bietet wie viele andere Unternehmen in der Lagerlogistik-Branche an, den Staplerführerschein im Rahmen der Ausbildung zu machen.
Praschmo findet, der Beruf der Fachkraft für Lagerlogistik sei krisenfest. Lager für große Gewerbe oder Industrie werde es immer geben. „Klar, vieles wird mit der Zeit automatisiert und digitalisiert. Aber es kann nicht alle Aufgaben ersetzen – auch in der Zukunft nicht.“ Und in manchen Dingen sei der Mensch besser und schneller als der Computer, vor allem im Finden von nicht oder falsch registrierten Artikeln. „Was der Computer nicht kennt, existiert für ihn nicht“, erklärt der Auszubildende.
Der Kontakt zu Kunden ist Teil der Ausbildung zum Lagerlogistiker
Um Fachkraft für Lagerlogistik bei Daimler zu werden, hat Praschmo ein etwa 30-minütiges digitales Vorauswahlverfahren durchlaufen, bei dem unter anderem Allgemeinwissen abgefragt worden ist. Im darauffolgenden zweistündigen Test vor Ort und später im Bewerbungsgespräch konnte er seine sozialen Kompetenzen und andere Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit oder logisches Denken, die man für den Beruf mitbringen sollte, unter Beweis stellen.
Die Ausbildung ist dual, also die Praxis ist vor Ort in der Firma und die Theorie in der Berufsschule. „Es gibt keinen Blockunterricht, das ist eine gute Abwechslung“, sagt der 23-Jährige. Im ersten Ausbildungsjahr ist die Berufsschule zweimal wöchentlich, im zweiten und dritten Jahr nur noch einmal. Bisher hat Praschmo in der Praxis gelernt, wie im Lager gearbeitet wird und was dabei zu beachten ist.
Der letzte Teil seiner Ausbildung wird darin bestehen, direkten Kundenkontakt zu haben. „Wir beliefern nicht nur unsere Werkstatt, auch Privatkunden kommen zu uns, weil sie einen Keilriemen, eine Dachbox oder ein spezielles Ersatzteil brauchen“, sagt Marvin Praschmo.
Anforderungen In manchen Betrieben gibt es beim Schulabschluss keine Mindestvoraussetzung, oft wird allerdings die Mittlere Reife empfohlen, räumliches Vorstellungsvermögen, fortgeschrittene Kenntnisse in Mathe, Deutsch und Englisch, Allgemeinbildung, Teamfähigkeit sind gefragt, ebenso ein verantwortungsvoller Umgang mit Gefahrstoffen.
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