Die nach einem Hygieneskandal insolvente Großbäckerei Müller-Brot in Neufahrn bei Freising soll rasch verkauft werden. Der vorläufige Insolvenzverwalter Hubert Ampferl habe bereits Kontakt mit Interessenten, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag. Einer der Interessenten sei an der Großbäckerei und dem Filialnetz interessiert, sagte Ampferl der Zeitung. Indessen bleibt die Affäre um die Brotfabrik weiter ein Fall für die Politik. Die Landtags-SPD will wissen, wie viele Bußgelder bayernweit gegen Bäckereien erhoben wurden.
Nach wie vor Mäusekot und Ungeziefer in den Produktionshallen
Am vergangenen Donnerstag hatte Müller-Brot Insolvenzantrag gestellt. Die Produktion steht seit dem 30. Januar still. Eine Wiederaufnahme lehnten die Behörden nach einer erneuten Kontrolle des Großbetriebs am Freitagabend ab. Nach wie vor wurden Mäusekot und Ungeziefer in den Produktionshallen gefunden.
Am Samstagmittag schilderte Insolvenzverwalter Ampferl in einer nichtöffentlichen Versammlung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens den Pächtern der Müller-Brot-Filialen. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks bot Ampferl dabei den Pächtern an, ihnen wieder Waren zur Verfügung zu stellen, die von anderen Herstellern eingekauft werden sollen. Außerdem sei ihnen angeboten worden, dass sie vorerst nur für diese Waren zahlen, nicht aber die Pacht begleichen müssen.
Dramatische Umsatzeinbrüche der Müller-Brot-Filialen
Wenig Hoffnung konnte Ampferl den etwa 250 Pächtern hinsichtlich geleisteter Kautionszahlungen machen. Mit einer Rückzahlung könnten sie nicht rechnen, wenn das Geld nicht auf ein Sonderkonto eingezahlt, sondern von Müller-Brot verbraucht worden ist. Die Umsätze der Filialen waren nach Bekanntwerden des Skandals zum Teil dramatisch eingebrochen.
Die hygienischen Mängel bei Müller-Brot waren offenbar bis zuletzt gravierend. Bei der Kontrolle am Freitagabend hätten die Behörden erneut Ungeziefer wie Schaben und Käfer sowie Mäusekot gefunden, teilte das Landratsamt mit. Schädlinge seien auch dort festgestellt worden, wo an diesem Samstag die Produktion hätte wiederaufgenommen werden sollen, sagte der Freisinger Landrat Michael Schwaiger. Die Behörden, die bis in die Nacht hinein den Betrieb untersuchten, hatten daraufhin entschieden, dass die Produktion weiter ruhen muss.
Zweiwöchige Reinigungsarbeiten genügen nicht
Schwaiger attestierte Müller-Brot, seit der Stilllegung am 30. Januar viel in die Reinigung des Betriebs investiert zu haben. "Das neue Kompetenzteam der Firma ist jetzt zwar auf einem guten Weg, aber die Zeit war zu knapp, um die Mängel zu beheben." Die Kontrolleure hätten zwar Verbesserungen erkannt, die Mängel seien aber immer noch so gravierend gewesen, dass die Wiederaufnahme der Produktion nicht verantwortbar war. "Diese Entscheidung fällt mir nicht leicht, weil ich natürlich auch an das Schicksal von über 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer denke; dennoch sind die Defizite ganz klar auf Seiten des Unternehmens zu suchen."
Der vorläufige Insolvenzverwalter Ampferl zeigte sich von der Entscheidung überrascht: "Mit diesem Ergebnis haben wir nicht gerechnet", sagte er noch am Freitagabend. Ampferl zeichnete ein insgesamt düsteres Bild, Liquidität sei kaum noch vorhanden. Er hatte gehofft, dass die Fabrik nach zweiwöchigen Reinigungsarbeiten von Samstag an wieder backen kann und damit Geld in die Kasse kommt.
Lebensmittelskandal beschäftigt auch die Politik
Nach Auskunft der Landtags-SPD ergab eine parlamentarische Anfrage von Fraktionschef Markus Rinderspacher, dass allein 2011 gegen 209 Backbetriebe in Bayern Bußgelder verhängt wurden. Rinderspacher will nun wissen, in welchen Landkreisen Bußgelder in welcher Höhe verhängt wurden und in welchen Fällen das Gesundheitsministerium unter der Führung von Markus Söder und jetzt unter Marcel Hubers Leitung informiert wurde. Zudem fragt er die Staatsregierung, in welchen Fällen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde.
Klar sei, dass im Fall Müller-Brot das damals von Söder geführte Ministerium seit Dezember 2010 regelmäßig über die Vorgänge in Neufahrn informiert wurde. Der Minister sei jedoch nicht "in erkennbarer Weise" tätig geworden. "Es stellt sich die Frage, wieso Söder mindestens ein Jahr lang den Hygieneskandal treiben ließ, ohne die notwendige Konsequenz zu ziehen, die Öffentlichkeit zu informieren", fragte Rinderspacher am Sonntag. "Söders Krisenmanagement korrespondiert nicht mit dem von ihm selbst gezeichneten Bild, er sei ein "Macher". dpa/lby/AZ