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Lebensmittel: Reisepass für Europas Essen

Lebensmittel

Reisepass für Europas Essen

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    Reisepass für Lebensmittel: Die EU-Agrarminister wollen die Herkunft europäischer Lebensmittel besser kennzeichnen lassen...
    Reisepass für Lebensmittel: Die EU-Agrarminister wollen die Herkunft europäischer Lebensmittel besser kennzeichnen lassen... Foto: imago/Jochen Tack

    Eigentlich wollte sich Tonio Borg mit seinem Gesetzesvorschlag noch Zeit lassen. Der EU-Gesundheitskommissar arbeitet derzeit an einer Regelung, um auch bei verarbeiteten Lebensmitteln eine umfassende Kennzeichnungspflicht einzuführen. Ende des Jahres wollte er zunächst eine Analyse präsentieren. Nach dem Pferdefleisch-Skandal wächst der Druck auf ihn. „Wir brauchen jetzt zügig klare Vorschriften“, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gestern in Brüssel, bevor sie sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen traf. Ein einheitliches Vorgehen aller 27 Mitgliedstaaten ist ihr Ziel.

    Forderungen passen auf kein Etikett mehr

    Den Vorschlag ihres Wiener Kollegen Nikolaus Berlakovich fand Aigner jedenfalls „interessant“. Der hatte die Idee eines „europäischen Reisepasses für verarbeitete Lebensmittel“ mit nach Brüssel gebracht. Alle Inhaltsstoffe sowie jede Station, die ein Endprodukt durchlaufen hat, sollten darin aufgelistet sein. Doch nicht alle Agrarminister sind bereit, aus falsch etikettierter Lasagne derart weitgehende Konsequenzen zu ziehen. „Heute wird es keine Beschlüsse geben“, bremste Irlands Landwirtschaftsminister Simon Coveney. „So etwas will gut überlegt sein.“

    Tatsächlich ist das Vorhaben zwar nötig, aber nicht einfach. Genau genommen müsste alle Nahrungsmittel-Hersteller alle Zutaten auflisten und deren Herkunft nachweisen können. Das betrifft aber nicht nur die großen Produzenten, sondern auch kleine Handwerksbetriebe wie Bäcker und Fleischer. Schon wird der Ruf nach Sonderregelungen zumindest für jene laut, die lediglich für den eigenen Laden backen, schlachten oder verpacken. Auch ist noch völlig unklar, wie die Kennzeichnung erfolgen soll.

    Was bislang gefordert wird, passt zumindest in lesbarer Form, auf kein Etikett mehr.

    Die Gesetze gibt es, nur werden sie in der Praxis nicht umgesetzt

    Fest steht bisher wohl nur, dass es sich um eine verpflichtende Information handeln wird. Ministerin Aigner: „Mit einem freiwilligen Modell kommen wir auch hier nicht weiter.“ Bis dahin appellieren die Minister und diverse Europa-Politiker einhellig an die Kontrollbehörden, endlich ihren Verpflichtungen nachzukommen. „Es geht ja um Betrug gegen bestehende Vorschriften“, sagte die Politikerin zu Beginn der Beratungen und bezog auch die jüngsten Enthüllungen um falsch deklarierte Eier in Deutschland mit ein.

    Der Gesetzgeber könne gegen solche Machenschaften nicht mehr tun, weil es die Gesetze schon gebe. Sie müssten eben nur überwacht werden. Und dafür gelte: Kontrollen kann man nicht nur vom Schreibtisch aus durchführen.

    Konservative fordern einheitliche, schärfere Strafen

    Scharfe Worte gab es dagegen aus dem Europäischen Parlament. „Etikettenfälschung bei Lebensmitteln ist schlimmer als Geld fälschen“, betonte der gesundheitspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU). „Daher brauchen wir in Europa einheitliche, drastische Strafen für Betrüger.“

    In einem Binnenmarkt, in dem Lebensmittel über offene Grenzen hinweg gehandelt würden, sei es nicht länger hinnehmbar, dass die Strafen jedes Mitgliedsland einzeln festlegt. Man darf ergänzen: Und in einigen nur als Ordnungswidrigkeit angesehen werden.

    Bei der Tagung der Agrarminister gestern gab es jedenfalls noch kein greifbares Ergebnis für strengere Auflagen.

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