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Landwirtschaft: Kabinett einigt sich auf Agrarreform - doch der Streit unter Verbänden geht weiter

Landwirtschaft

Kabinett einigt sich auf Agrarreform - doch der Streit unter Verbänden geht weiter

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    Gerade hat die Spargelsaison begonnen. In der Landwirtschaft steht die nächste Reform an.
    Gerade hat die Spargelsaison begonnen. In der Landwirtschaft steht die nächste Reform an. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa (Symbol)

    Die zentrale Botschaft für die Landwirte aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium lautete: „Wir stärken unsere heimische Lebensmittelerzeugung. Wir tun dabei mehr für Umwelt, Tierschutz und Klimaschutz. Und wir sichern unseren Bäuerinnen und Bauern, unseren landwirtschaftlichen Familien eine Zukunft, in der sie das honoriert bekommen, was die Gesellschaft auch von ihnen verlangt.“ So sagte es die Ministerin Julia Klöckner (CDU), nachdem das Bundeskabinett am Dienstag mehrere Gesetze zur Neuverteilung der EU-Agrargelder auf den Weg gebracht hatte. Die Frage ist nun, wer diese Botschaft wie auffasst.

    Denn es handelt sich um Gesetze, um die monatelang auf verschiedensten Ebenen gerungen worden war – auch auf Länderebene, auch zwischen Klöckner und ihrer Kabinettskollegin Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Diese Gesetze werden nun Grundlage, um die Finanzierung der deutschen Landwirtschaft zu reformieren. EU-Mittel aus Brüssel sollen damit künftig an Umweltauflagen geknüpft werden.

    Neue Agrarreform: Landwirtschaft soll umweltfreundlicher werden

    Mit den neuen Beschlüssen, die ein komplexes Modell bedienen, soll ein Systemwechsel eingeleitet werden, der die Landwirtschaft ab dem Jahr 2023 umwelt-, tier- und klimafreundlicher machen soll. Insgesamt werden in Deutschland derzeit jährlich rund sechs Milliarden Euro EU-Agrarfördermittel verteilt. Bislang war der größte Teil davon (78 Prozent) als Flächenprämie verfügbar, also weitgehend unabhängig von den Folgen für Umwelt und Landschaft. Das soll sich nun ändern.

    Zentrales neues Instrument sind die Öko-Regelungen, über die 25 Prozent der Direktzahlungen ab 2023 eingesetzt werden. Um diese Mittel abzurufen, haben Landwirte die Wahl zwischen verschiedenen Öko-Maßnahmen, sogenannten Eco-Schemes. So soll es beispielsweise zusätzliches Geld für mehr Naturschutz auf Wiesen und Weiden und für den Verzicht auf Pestizide sowie einen Bonus für Schutzgebiete geben.

    Noch müssen die Gesetze Bundestag und Bundesrat passieren und durch eine Verordnung zu den Öko-Regelungen ergänzt werden. Außerdem hängt die Detail-Ausgestaltung zum Teil von den noch laufenden sogenannten Trilogverhandlungen in Brüssel ab. Der Streit jedenfalls geht weiter.

    Deutscher Bauernverband sieht Gesetzespaket äußerst kritisch

    Denn der Deutsche Bauernverband sieht den Kabinettsbeschluss äußerst kritisch. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sagte: „Das Aufschnüren des Beschlusses der Agrarministerkonferenz vom 26. März ist nicht akzeptabel. Die Beschlüsse der Agrarminister bedeuten ohnehin schmerzhafte Einschnitte für die deutschen Landwirte bei der EU-Agrarförderung. Die Einkommenswirksamkeit der Agrarförderung wird allein dadurch um etwa 1,8 Milliarden Euro beziehungsweise 40 Prozent gemindert.“ Dies werde zu einem „Strukturbruch in der bäuerlichen Landwirtschaft“ führen. Durch die zusätzlich vorgeschlagenen, sehr kontrollaufwendigen Eco-Schemes werde eine „pragmatische Umsetzung und eine pünktliche Auszahlung der Fördermittel im Dezember 2023 gefährdet“. Der Bundestag müsse für Korrekturen sorgen.

    Wie wird die Landwirtschaft künftig finanziert?
    Wie wird die Landwirtschaft künftig finanziert? Foto: Julian Stratenschulte/dpa

    Auch der Präsident des bayerischen Bauernverbandes, Walter Heidl, sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf. Mit den neuen Öko-Regelungen würden bewährte Agrarumweltprogramme ausgehebelt. Heidl: „Auf jedem zweiten Bauernhof in Bayern und auf rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Bayern wird gemäß den Vorgaben der Agrarumweltprogramme gewirtschaftet. Der bundesweite Rahmen würde diesem enormen Engagement in einigen Bereichen komplett den Boden unter den Füßen wegziehen.“ Manche Bundesländer hätten in diesem Bereich Nachholbedarf. Das aber dürfe nicht dazu führen, dass gleichzeitig das Erreichte in Bayern kaputtgemacht werde. Heidl meint dabei vor allem Auswirkungen auf das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP). Betroffen davon seien etwa 23.000 landwirtschaftliche Betriebe in Bayern, mehr als 55 Millionen Euro jährlich für die bayerischen Agrarumweltprogramme könnten nicht mehr ausbezahlt werden, erklärte Heidl weiter.

    Bund Naturschutz in Bayern will an der Agrarreform nachbessern

    Kritik, wenn auch aus anderer Richtung, kommt auch vom Bund Naturschutz in Bayern. Agrarreferentin Marion Ruppaner sagte: „Von der eine Milliarde Euro an Agrarsubventionen, die jährlich als Direktzahlungen der EU an die bayerische Landwirtschaft ausgezahlt werden, wird der größte Teil weiter nach Flächengröße verteilt werden. Die jetzt beschlossenen Eckpunkte zur Ausgestaltung der ökologischen Leistungen bleiben leider weit hinter den Erfordernissen von Umwelt- und Klimaschutz zurück.“

    Bis Ende des Jahres muss Deutschland seine Pläne schließlich der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt haben. Die nun zu dem Gesetzespaket anstehenden Beratungen in Bundestag und Bundesrat dürften noch kontrovers werden. (mit dpa)

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