Bei der Neumarkter Brauerei Lammsbräu weiß man, was es heißt, Pionier zu sein. Schon Ende der 70er Jahre nahm sich Inhaber Franz Ehrnsperger vor, ein Bio-Bier zu brauen. Damals war das schwer, denn ein Bio-Siegel für Gerste, Malz und Wasser gab es nicht. Also machte sich Ehrnsperger auf die Suche nach Landwirten, die seine Vision teilten, und gründete eine Erzeugergemeinschaft. 1987 brachte er das erste Bio-Bier auf den Markt. Der Vorkämpfergeist hat die Neumarkter nicht verlassen. Heute setzen sie sich für Bio-Mineralwasser ein. Nun kann man fragen: Was soll das sein, Bio-Wasser?
Die Mineral- und Tafelwasserverordnung, nach der Wasser hergestellt wird, schreibt vor: Natürliches Mineralwasser muss von „ursprünglicher Reinheit sein. Es hat seinen Ursprung in unterirdischen von Verunreinigung geschützten Wasservorkommen.“ Der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser, die Ehrnsperger 2008 ins Leben rief, geht das nicht weit genug.
Diese Regeln gelten für Bio-Mineralwasser
Dem Zusammenschluss gehören fast alle Größen der Biobranche an: Demeter, Naturland und Bioland. Sie sagen, dass vermehrt auch Spuren von Pflanzenschutzmitteln, Dünger und Antibiotika in das Wasser gelangen. Also haben sie Kriterien für ein eignes Bio-Mineralwasser-Siegel aufgestellt. Wer dieses Siegel bekommen will, muss unter anderem nachweisen, dass sein Wasser keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Pestiziden und Arzneimitteln enthält. Auch der Nitratgehalt darf höchstens bei fünf Milligramm pro Liter liegen. Bei herkömmlichen Wassern liegt der Grenzwert bei 50 Milligramm pro Liter. Die Abfüller müssen sich zudem für Umwelt- und Wasserschutz einsetzen und in ihrem Einzugsgebiet den Ökolandbau voranbringen.
Die Idee, dass Wasser bio ist, war lange umstritten, weil es als natürliches Lebensmittel gilt. Im Jahr 2012 entschied dann der Bundesgerichtshof (BGH): Mineralwasser darf sich „bio“ nennen. Allerdings nur, wenn es deutlich reiner ist als herkömmliches Wasser. Genau daraus entsteht ein neues Problem.
Inzwischen gibt es nicht nur das Bio-Siegel der Qualitätsgemeinschaft. Auch das SGS Fresenius-Institut vergibt das Prädikat: „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“. So nennt sich unter anderem das Volvic-Wasser des Danone-Konzerns. Das ärgert die Bio-Pioniere. Sie verklagen Danone nun vor dem Landgericht Frankfurt. Der Grund: Aus ihrer Sicht entspricht Volvic nicht den Bio-Kriterien. Das Wasser sei etwa nicht wie vom BGH gefordert deutlich reiner als andere. Es weise lediglich einen geringeren Nitratgehalt auf. Pestizide und deren Abbauprodukte ließen sich im Wasser nachweisen. Auch für den Wasserschutz tue Danone nichts.
Danone: Volvic hält strenge Richtlinien ein
Danone sieht das anders. Die Richtwerte des Fresenius-Instituts „basieren auf den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen und erfüllen die hohen Anforderungen an ein Bio-Mineralwasser-Siegel“, teilt der Konzern mit. Sie seien zum Teil strenger als die Regeln der Qualitätsgemeinschaft. Auch für den Quellschutz tue das Unternehmen viel. „Wir entnehmen der Quelle maximal so viel, wie sie reproduzieren kann.“ Zudem versuche Danone zusammen mit den umliegenden Gemeinden, das Ökosystem und die Biodiversität im Quellgebiet zu schützen. Auch Fresenius kann die Kritik nicht verstehen. „Premiummineralwässer in Bio-Qualität müssen deutlich strengere Anforderungen erfüllen und häufigere Laborkontrollen durchlaufen, als es die Mineral- und Tafelwasserverordnung vorsieht. Darüber hinaus wird der Betrieb in Aspekten von Nachhaltigkeit und Umweltschutz geprüft“, teilt Fresenius.
Der Rechtsstreit offenbart schon jetzt: Für Verbraucher ist die Lage unübersichtlich. Während es für Lebensmittel mit dem EU-Bio-Siegel einen allgemeingültigen Standard gibt, existiert auf dem Mineralwassermarkt nichts Vergleichbares. „In dem Prozess geht es stattdessen um zwei Konkurrenten, die sich streiten, wer das bessere Siegel hat“, sagt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. Sie fordert dagegen einheitliche, verbindliche, EU-weite Regeln für ein Bio-Siegel. „Sonst verwässert das komplett.“