Das ist so ein typischer Mohnen-Satz: „Für und bei Kuka hätte 2018 vieles besser laufen können.“ Der neue Chef des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers scheut zu starke Bewertungen. Er sagt also nicht, bei dem Konzern sei im vergangenen Jahr einiges schlecht gelaufen, obwohl sich das aus den Kennzahlen ablesen lässt.
In der am Donnerstag in Augsburg vorgelegten Bilanz der Aktiengesellschaft in chinesischen Händen häufen sich Minuszeichen: So ist der Gewinn nach Steuern von 88,2 auf 16,6 Millionen Euro zurückgegangen. Auch bei weiteren wichtigen Kenngrößen ging es von einem hohen Niveau aus bergab. So verringerte sich der Auftragseingang um 8,5 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro, während der Umsatz um 6,8 Prozent auf 3,2 Milliarden einknickte.
Auch der chinesische Großaktionär Midea achtet wohl auf die Zahlen
Die Geschäfte mit der Automobil- und Elektronikindustrie, die rund die Hälfte zu den Erlösen des Unternehmens beisteuern, laufen nicht mehr so prächtig. Das missfällt jedem Investor, also auch dem Kuka-Großaktionär Midea, zumal Geldgeber aus dem Land als „durchaus zahlengetrieben“ gelten.
Aber das sind US-Investoren nicht minder. Letztere greifen oft radikaler als chinesische Anteilseigner durch. So tauschen Amerikaner gerne mal den kompletten Vorstand aus, wenn es wie bei Kuka vernehmlich rumpelt. Die Midea-Verantwortlichen beließen es – zumindest, was den obersten Führungszirkel betrifft – bei einem Mitglied: Kuka-Boss Till Reuter musste gehen, doch Ex-Finanzvorstand Peter Mohnen wurde zum Chef des Roboterbauers befördert. So formuliert der Manager vor den Journalisten in Augsburg ganz moderat: „Chinesische Investoren verhalten sich wie andere Investoren auch. Ihr Interesse liegt in der positiven Entwicklung von Kuka.“ Da die Entwicklung aber nun mal „2018 nicht zufriedenstellend war“, hat sich der Vorstand des Unternehmens zu einem Sparprogramm von rund 300 Millionen Euro bis 2021 durchgerungen – und das, wie Mohnen immer wieder betont, von sich aus und nicht auf Druck der Chinesen.
In den USA baut Kuka wieder Stellen auf
Kernstück des Vorhabens ist der Abbau von bis zu 350 von rund 4000 Arbeitsplätzen am Augsburger Stammsitz des Unternehmens. Ob wirklich so viele Stellen wegfallen, ist noch offen. Die Arbeitnehmerseite hat schon weiteren Verhandlungsbedarf angemeldet. Beschäftigten-Vertreter reden in Deutschland entscheidend mit, wenn es zu Personaleinschnitten kommen soll.
In den USA ist so ein Ab- und Aufbau von Mitarbeitern bekanntlich einfacher. Dort stellt Kuka nach einem zeitweisen Rückgang um etwa 500 auf rund 2000 Stellen wieder kräftig ein. Hintergrund ist, dass der Konzern für den US-Autobauer Chrysler die Karosse für ein neues Fahrzeug baut. Auch beim Vorgänger-Modell, dem Jeep Wrangler, waren die Augsburger mit an Bord. Als die Fabrik für das neue Produkt umgerüstet wurde, kam es eben zu dem vorübergehend starken Beschäftigungsrückgang.
In Deutschland läuft das anders. Mohnen will die bis zu 350 Arbeitsplätze „sozial verträglich abbauen“ und damit betriebsbedingte Kündigungen vermeiden. Was „sozialverträglich“ heißt, machte Betriebsratsvorsitzender Armin Kolb im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich: „Ich denke hier etwa an Altersteilzeit und das freiwillige Ausscheiden von Mitarbeitern.“ Von dem Job-Programm sind, wie Mohnen es abstrakt formuliert, „überwiegend indirekte Bereiche“ betroffen. Es soll also vor allem Mitarbeiter in der Verwaltung treffen. Auf alle Fälle hat Kuka schon einen Einstellungs- Stopp verhängt und die Zahl der Leiharbeiter in Augsburg von rund 500 in Spitzenzeiten auf zuletzt etwa 100 verringert. Was ist also bei dem Roboterbauer schiefgelaufen? Die nachlassende Nachfrage allein reicht als Begründung für das 300-Millionen-Euro-Sparpaket nicht aus. Mohnen spricht dann doch, wenn auch vorsichtig, einige Defizite bei dem Unternehmen an:
Demnach gab es bei Kuka 2018 Probleme im „knallharten“ Projektgeschäft, also etwa Großaufträgen für die Industrie. Dies betreffe einzelne von vielen 100 Vorhaben. Details wollte der Konzern-Chef nicht offenlegen.
Mohnen räumte aber ein, das Unternehmen habe „vielleicht zu viel outgesourct“. Damit ist die Vergabe von Produktionsaufträgen an Lieferanten gemeint, was stets mit einem bestimmten Risiko verbunden ist.
Der Manager glaubt auch, Kuka habe – und hier fügt er wieder ein „vielleicht“ hinzu – innovative Produkte zu früh in den Markt gebracht.
Wie will der neue Chef Kuka jetzt wieder in die Spur bringen?
In China, dem größten weltweiten Automatisierungsmarkt, will er mit der Entwicklung und Produktion einfacherer und günstigerer Roboter zusätzliche Kunden finden. Auch sollen dort autonome Transportfahrzeuge für Fabriken weiter entwickelt und gebaut werden.
Wachstumschancen in der Elektromobilität
Für den in Augsburg starken Anlagenbau, an dem er ausdrücklich festhalten will, sieht Mohnen große Wachstumschancen im Bereich der Elektromobilität.
Generell glaubt der Manager, Kuka werde langfristig besonders davon profitieren, dass Automatisierung und Digitalisierung weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei steht der Standort Augsburg aus der Sicht Mohnens „für Innovation und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens“. Aber auch die Kuka-Forschung und Entwicklung müsse weltweit aufgestellt werden.
Letztlich schimmert Selbstkritik bei Mohnen durch, war er doch als Finanzvorstand die Nummer zwei hinter Reuter: „Auch ich habe sicher nicht alles richtig gemacht.“