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Konjunktur: Die Lkw-Maut zeigt, wie die Corona-Lockerungen der Wirtschaft helfen

Konjunktur

Die Lkw-Maut zeigt, wie die Corona-Lockerungen der Wirtschaft helfen

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    Brummi an Brummi – Bilder wie dieses gab es auf den deutschen Autobahnen in den vergangenen Wochen selten. Allmählich ändert sich dies jedoch wieder.
    Brummi an Brummi – Bilder wie dieses gab es auf den deutschen Autobahnen in den vergangenen Wochen selten. Allmählich ändert sich dies jedoch wieder. Foto: Henning Kaiser, dpa

    Die deutsche Wirtschaft leidet gewaltig unter der Corona-Pandemie – das verrät allein schon ein Blick auf die Straßen. Denn dort waren in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich weniger Lastwagen zu sehen als gewöhnlich. Zahlen des Statistisches Bundesamts (Destatis) und des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) untermauern dies: Auf Basis von Mautdaten erfasst die Behörde die zurückgelegten Strecken von großen Lastwagen mit mindestens vier Achsen auf den Autobahnen – und liefert damit wichtige Erkenntnisse über den Zustand der heimischen Industrie. Denn je mehr produziert wird, desto mehr Fahrzeuge sind auch unterwegs. Nachdem das Verkehrsaufkommen im März und April deutlich einbrach, machen die vergangenen beiden Monate Hoffnung: Der sogenannte Lkw-Maut-Fahrleistungsindex ging wieder leicht nach oben.

    Im März und April waren wegen der Corona-Krise deutlich weniger Lastwagen unterwegs

    Mit Blick auf den Verlauf der Corona-Krise überrascht diese Entwicklung nicht. Am 16. März gaben Bundesregierung und Bundesländer bekannt, dass erste Einrichtungen wie Kneipen, Restaurants und Geschäfte schließen müssen. Auch die Industrie kam langsam aber sicher zum Stillstand: Nicht zuletzt, weil es wegen der noch drastischeren Lockdowns in anderen europäischen Ländern wie Italien oder Spanien nicht mehr möglich war, die eng vernetzten Lieferketten aufrecht zu erhalten. Für Firmen und Speditionen gab es dadurch schlicht weniger Güter und Teile zu transportieren. Im Vergleich zum Februar, als sich die Corona-Krise kaum auf die wirtschaftliche Lage auswirkte, war die Fahrleistung vierachsiger Lastwagen im März 5,8 Prozent niedriger – der stärkste Rückgang im Monatsvergleich seit Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2005. Doch im April wurde diese Marke sogar noch getoppt – und zwar deutlich: Saisonbereinigt – also ohne jahreszeitliche Einflüsse – waren 10,9 Prozent weniger Lastwagen auf den deutschen Autobahnen unterwegs als im März.

    Die Mautdaten sind früher verfügbar als andere Indikatoren

    Am 15. April beschlossen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder schließlich erste Lockerungen der Beschränkungen. Unter Hygiene-Auflagen durften erste Geschäfte wieder öffnen, die großen deutschen Autobauer fuhren ihre Werke allmählich wieder hoch. Das machte sich im Mai schließlich wieder auf den Fernstraßen bemerkbar: Die Fahrleistung der Lastwagen stieg um 6,1 Prozent. Dass sich die Wirtschaft jedoch nur langsam erholt, zeigt ein Blick auf die Statistiken des Vorjahres: Im Vergleich zum Mai 2019 weist der diesjährige Mai ein Minus von 7,3 Prozent auf. Am vergangenen Donnerstag vermeldeten die Statistiker jedoch weitere Zahlen, die Mut machen dürften: Gegenüber dem Vormonat gab es im Juni einen weiteren saisonbereinigten Zuwachs um 4,7 Prozent. Verglichen mit dem Vorkrisenniveau ist der Index jedoch immer noch um 6,6 Prozent niedriger.

    Längst werden die Brummi-Daten auch für die Wirtschaftsprognose genutzt. Luis Federico Flores, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Statistischen Bundesamts, erklärt dies so: "Zwischen der wirtschaftlichen Leistung und der Verkehrskraft besteht ein enger Zusammenhang." Dem saisonbereinigten Index, welcher auf Basis digitaler Prozessdaten erfasst wird, komme besonders in Krisenzeiten eine hohe Bedeutung zu. Denn laut Flores ist er schneller verfügbar als andere Konjunkturindikatoren: "Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex ist meist neun Tage nach Ablauf des Monats da. Bei anderen Konjunkturindikatoren wie dem Produktionsindex dauert es hingegen mindestens 35 Tage." Der Index liefert also frühe Hinweise zur Konjunkturentwicklung. Bereits Ende 2018 stellten Destatis und das Bundesamt für Güterverkehr darum den Lkw-Maut-Fahrleistungsindex als neuen Baustein der Konjunkturstatistik vor.

    Die Folgen der Corona-Lockerung sieht man auf den Straßen

    Logistikunternehmen aus der Region bestätigen die Entwicklung der bundesweiten Erhebungen. Die Firma Dachser mit Hauptsitz in Kempten möchte keine konkreten Zahlen nennen. Nach eigenen Angaben bekam Dachser die Auswirkungen der Pandemie jedoch erst etwas später zu spüren. "Während das erste Quartal noch nahezu auf Vorjahresniveau ausfiel und insbesondere in der Lebensmittellogistik von einer steigenden Handelsnachfrage durch Hamsterkäufe geprägt war, führten die Beschränkungen des Wirtschaftslebens in Europa im April und Mai zu deutlich niedrigeren Mengen in unserem europäischen Logistiknetzwerk", sagt Michael Schilling, verantwortlicher Geschäftsführer für den Landverkehr.

    Dies habe insbesondere für den Export und für Märkte mit teilweise kompletten Lockdowns wie Frankreich, Spanien und Italien gegolten. Das Unternehmen habe in allen Niederlassungen umfassende Hygienekonzepte, Schichttrennungen und Abstandsregelungen eingeführt. "Es ist uns gelungen, das komplette Dachser-Netz betriebsbereit zu halten, sodass unsere Kunden nahezu keine Einschränkungen im Service hinnehmen mussten", betont Schilling. Mitte Mai bekam das Unternehmen schließlich die Lockerungsmaßnahmen zu spüren: "Die Transportmengen befinden sich wieder auf einem soliden Weg der Erholung." Allerdings blieben die Zahlen ungefähr im einstelligen Prozentbereich unter dem Vorjahr, was an den andauernden, starken Beschränkungen in einigen Wirtschaftsbereichen wie der Gastronomie- oder Event-Branche liege.

    Insgesamt überträfen die Transportmengen in den vergangenen Wochen jedoch die anfänglichen Prognosen des Unternehmens. Laut Schilling geht Dachser optimistisch in das zweite Halbjahr: "Wir erwarten eine weitere Normalisierung und Erholung der Mengen in Europa im zweiten Halbjahr." Voraussetzung sei jedoch, dass die Corona-Pandemie unter Kontrolle bleibt.

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