Es ist im Leben stets lästig, zu sehr in die Defensive zu geraten. Permanentes Verteidigen ermattet, gerade wenn man verhindern will, dass der gegnerische Drang zum Tor immer wieder Früchte trägt. Tarifpolitik ist dem Fußball nicht unähnlich. Tore heißen Lohnprozente. Gefoult wird auch, indem Gewerkschafter Streiks anzetteln oder Arbeitgeber drohen, Jobs abzubauen und Werke zu verlagern.
Rezession in der Metallindustrie: Klima zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern ändert sich
Dabei waren die Kontrahenten in den vergangen Jahren eines gut neunjährigen Aufschwungs in der Branche lieb zueinander. Arbeitgeber und Gewerkschaften klatschten sich ab und forderten sich allenfalls in Freundschaftsspielen heraus. Kam es doch zum Foul, wurde auf alle Weinerlichkeit verzichtet.
Das hat sich 2019 verändert, schließlich steckt die Metallindustrie in einer Rezession. Da fing Gesamtmetall-Präsident Dulger an, nachzutreten, was lange nicht seine Art war. Der Arbeitgebervertreter kritisierte nämlich den Abschluss von 2018, was erstaunlich ist, hat er ihm doch damals selbst seinen Segen erteilt und in der Tarif-Mannschaft mitgespielt. In der Rezession gelten eben andere Spielregeln.
Die Arbeitgeberseite hebt bei kleinsten Berührungen auf dem Feld schmerzverzerrt die Hand und bettelt den Schiedsrichter an, der IG Metall die Rote Karte zu zeigen. Die Strategie schien schon aufzugehen.
Arbeitgeber sind in die Defensive geraten - der IG Metall gelingt ein Coup
Doch IG-Metall-Chef Hofmann ist ein Überraschungsangriff gelungen. Der Gewerkschafter hat seinen Verein aus der Defensive befreit, indem er die lange jammernden Arbeitgeber bei ihrer Ehre packt und sie auffordert, Arbeitsplätze auch in Umbruchzeiten zu sichern. Dann werde er jede harte Gangart vermeiden und auf eine konkrete Lohnforderung verzichten.
Mit dem Coup hat sich die IG Metall in der gegnerischen Hälfte festgesetzt. Die Arbeitgeber sind überraschend in die Defensive geraten. Die Taktik des IG-Metall-Spielmachers Hofmann geht auf. Doch Dulger schlägt sicher zurück.
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