Die Stimmung unter den Bauern ist am Boden. Das zeigt sich auf Feldern und an Wegrändern, wo Landwirte mit grünen Kreuzen ein Mahnmal für ihren Berufsstand setzen. Und das wird sich am Dienstag zeigen, wenn tausende Bauern auf Traktoren ihrer Wut Luft machen – in München, Würzburg und Bayreuth, Berlin, Bonn und Hannover, insgesamt in 17 deutschen Städten. Dahinter steht die Gruppe „Land schafft Verbindung“ – zehntausende Landwirte, die sich im Internet zusammengetan haben.
Wer deren Proteste nun als ewige Bauernjammerei abtut, als Wehklagen über zu niedrige Erzeugerpreise, zu schlechtes Wetter und zu strenge Vorschriften, verkennt den Ernst der Lage. Natürlich sind die Bauern nach diesem Jahr gefrustet, in dem vieles zusammenkam – das Bienen-Volksbegehren in Bayern, die verschärfte Düngeverordnung, die Meldungen über schlechte Nitratwerte, die Blauzungenkrankheit bei Rindern.
Bauern fühlen sich an den Pranger gestellt
Was die Bauern aber auf die Straßen treibt, wiegt schwerer als all das: Sie fühlen sich von der Gesellschaft an den Pranger gestellt. Das liegt vor allem an der wachsenden Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen denen, die Lebensmittel produzieren und denen, die sie konsumieren. Eine sachliche Auseinandersetzung darüber, wie zukunftsfähige Landwirtschaft aussehen muss, scheint inzwischen kaum mehr möglich. Allzu unvereinbar sind die Standpunkte. Gedacht wird in Klischees, argumentiert mit Vorwürfen.
Natürlich muss die Politik auf Probleme wie das Insektensterben und die Nitratbelastung des Grundwassers reagieren. Und natürlich müssen auch die landwirtschaftlichen Betriebe in die Verantwortung genommen werden. So mancher aber macht es sich zu leicht, wenn er mit dem Finger auf die Bauern zeigt und sie als Wasserverschmutzer abstempelt oder als Tierquäler, wie das seit dem Tierschutz-Skandal in Bad Grönenbach massenhaft passiert ist.
Auflagen müssen in der Praxis umsetzbar sein
Auch wenn es müßig ist, es zu betonen: Der allergrößte Teil der Tierhalter legt Wert darauf, dass es seinen Tieren gut geht. Genauso wie der allergrößte Teil der Landwirte auch kein Interesse daran hat, seinen Boden auszubeuten. Alles andere wäre Irrsinn: Denn die Bauern leben von gesunden Tieren und dem, was sie auf ihren Feldern anbauen. Das aber wird in der Diskussion um strengere Umweltauflagen gern ausgeblendet. Wenn etwa das zuletzt beschlossene Agrarpaket der Bundesregierung vorsieht, dass auf bestimmten Flächen pauschal 20 Prozent weniger gedüngt werden darf, bedeutet das auch ein Ertragsminus für die Landwirte. Und es ist nicht mit dem Hinweis getan, das müssten die Bauern halt hinnehmen. Werden sie für die Einbußen nicht entschädigt, bedroht das vor allem die kleineren Höfe. Jene bäuerlichen Familienbetriebe, auf die man gerade in Bayern so stolz ist und die man ja erhalten will.
Dass die Bauern sich wehren, ist verständlich. Es ist an der Zeit, dass ihr Protest ernst genommen wird – von der Bevölkerung, aber auch von der Politik. Es wird nicht ohne neue Auflagen gehen, das muss den Landwirten klar sein. Aber nötig sind Auflagen, die fachlich vertretbar, in der Praxis auch umsetzbar und von Dauer sind, die Planungssicherheit garantieren.
Und es braucht wieder mehr Wertschätzung für die, die unsere Lebensmittel erzeugen. Ein Fünf-Millionen-Euro-Paket samt Imagekampagne für heimische Lebensmittel und einem Schau-Bauernhof in München, wie Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber es plant, ist letztlich nur Symbolpolitik. Es würde schon reichen, endlich mehr miteinander zu reden als nur übereinander.
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