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Kommentar: Nein, Artikel 13 ist nicht das Ende von Youtube!

Kommentar

Nein, Artikel 13 ist nicht das Ende von Youtube!

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    Kritiker fürchten, dass Plattformen wie Youtube den Vorgaben nur nachkommen können, wenn sie Upload-Filter einsetzen.
    Kritiker fürchten, dass Plattformen wie Youtube den Vorgaben nur nachkommen können, wenn sie Upload-Filter einsetzen. Foto: Monika Skolimowska (dpa)

    Am Donnerstag blieb Wikipedia schwarz. Die Betreiber des beliebten Online-Lexikons protestierten damit gegen die geplante Änderung des europäischen Urheberrechts. In gleicher Sache werden am Wochenende wohl tausende Menschen auf die Straßen gehen und unter dem Motto #SaveTheInternet demonstrieren. Allein in Deutschland sind in 50 Städten Kundgebungen angemeldet gegen die Reform, die kommende Woche im Europaparlament beschlossen werden soll.

    Hier die Hoffnung, dass kreative Arbeit endlich angemessen bezahlt wird, dort die Angst vor „Zensur“ und sogenannten Uploadfiltern: Das vermeintliche Nischenthema ist mitten in der Gesellschaft angekommen – und spaltet sie. Dabei sollten sich im Grunde eigentlich alle einig sein. Wer als Musiker, als Fotograf, als Filmschaffender, Autor oder Journalist arbeitet, hat ein Recht darauf, angemessen bezahlt zu werden, in der analogen und in der digitalen Welt. Das Urheberrecht soll diesen Anspruch sicherstellen. Es muss auch dringend reformiert werden, denn es stammt aus dem Jahr 2001 und damit noch aus einer Zeit vor dem Siegeszug des Internets, in dem jeder alles kopieren, teilen und veröffentlichen kann.

    Artikel 13: Kritiker fürchten Zensur durch automatische Upload-Filter

    Der aktuelle Streit entbrennt vor allem an Artikel 13 des geplanten EU-Copyrights. Er nimmt nicht mehr die Nutzer selbst, sondern die großen Internetplattformen in die Pflicht. Bisher mussten Youtube, Facebook, Instagram und Co. erst dann einschreiten und löschen, wenn ihnen ein Rechteinhaber eine illegale Veröffentlichung meldete. Künftig sollen sich die Online-Giganten für die Veröffentlichung von Musik, Texten oder Filmen vorab die Genehmigung der Urheber besorgen, etwa durch den Abschluss von Lizenzverträgen. Sie sollen also bezahlen für die fremden Inhalte, mit denen sie Milliarden verdienen. Anderenfalls müssen sie verhindern, dass diese bei ihnen hochgeladen werden.

    Kritiker der Neuregelung fürchten, dass diese Aufgabe automatische Uploadfilter übernehmen werden. So eine Software hat aber ihre Tücken. Sie kann Satire, Parodien oder zulässige Zitate kaum von lizenzpflichtigen Inhalten unterscheiden. Sie ist auch alles andere als perfekt. Im Netz kursieren Listen von Fehlentscheidungen, die zum Beispiel das bei Youtube eingesetzte Filtersystem in der Vergangenheit gemacht hat. Dazu kommt die Sorge, dass Plattformen künftig lieber zu viel als zu wenig löschen werden, um Ärger zu vermeiden.

    Wir brauchen Mechanismen für eine faire Bezahlung kreativer Arbeit

    Das alles ist Wasser auf den Mühlen derer, die im Artikel 13 das Ende von Youtube, gar des freien Internets sehen. Uploadfilter könnten als „Zensurmaschinen“ missbraucht werden, mahnen sie. Sie könnten das Aus für Memes bedeuten, also Collagen aus Texten, Bildern oder Videos. Tritt das neue Copyright in Kraft, sei die Meinungsfreiheit im Netz gefährdet. Die Tatsache, dass nicht-kommerzielle Plattformen wie Wikipedia von Artikel 13 gar nicht betroffen sind, fällt in der öffentlichen Diskussion häufig unter den Tisch.

    Sowohl die Gegner als auch die Befürworter des neuen Urheberrechts haben in der aufgeheizten Debatte also starke Argumente auf ihrer Seite. Trotzdem bleibt eines klar: In Zeiten von Internet und Social Media brauchen wir Mechanismen, um eine faire Vergütung für kreative Arbeit sicherzustellen – ohne gleichzeitig eben diese Kreativität einzuschränken. Eine mögliche Lösung wäre, dass die großen Onlineplattformen Pauschalabgaben für die von ihnen verbreiteten Inhalte bezahlen, an nationale Verwertungsgesellschaften zum Beispiel. Es würde sich lohnen, darüber nachzudenken.

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