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Kommentar: Klatschen allein reicht für Krankenschwestern nicht

Kommentar

Klatschen allein reicht für Krankenschwestern nicht

Stefan Stahl
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    In Krankenhäusern wird unter großem Druck gearbeitet, gerade während der Corona-Pandemie.
    In Krankenhäusern wird unter großem Druck gearbeitet, gerade während der Corona-Pandemie. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Es ist seltsam, dass die Arbeitgeber die ausgestreckte Hand der Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen ausgeschlagen haben. Denn Verdi- und Beamtenbund-Vertreter hatten schon im Juni angeboten, die Tarifrunde auf kommendes Jahr zu verschieben, wenn mehr Klarheit über die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise herrscht. Als Gegenleistung forderten die Arbeitnehmer-Fürsprecher für die Monate ohne Lohnerhöhung eine Einmalzahlung. Der Betrag für die etwa 2,5 Millionen direkt und indirekt betroffenen Beschäftigten wäre also nicht tabellenwirksam geworden, hätte also, was Arbeitgebern verständlicherweise immer wichtig ist, den Grundlohn für künftige Tarifverhandlungen nicht erhöht.

    Wenn am Ende jeder Mitarbeiter vielleicht 500 Euro bekommen hätte, wären Arbeitgeber wie Gewerkschaften in den Genuss von Zeit gekommen, um im kommenden Jahr in Ruhe und unter Umständen mit mehr ökonomischer Gewissheit Gespräche zu führen. Doch vor allem die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände hat sich nach dem Ausscheiden ihres pragmatischen und im Gewerkschaftslager geschätzten Präsidenten Thomas Böhle im vergangenen Jahr unter neuem Spitzenpersonal wohl gründlich verschätzt. Denn die Arbeitgeberseite hat, wie es unter Tarifinsidern heißt, darauf gewettet, dass die Gewerkschaften nicht in der Lage sind, unter Corona-Bedingungen eine normale Tarifrunde zu schultern. Nachdem aber die Arbeitgeber die Hand der Gewerkschaften nicht beherzt ergriffen haben und nur auf einen Inflationsausgleich spekulieren, fühlten sich Arbeitnehmer-Repräsentanten herausgefordert: Eine Blitz-Digitalisierung war die Folge. Den Verdi-Verantwortlichen gelang es, die Verantwortlichen in den Regionen einzubinden. So startet die Tarifrunde am 1. September mit einer ersten Verhandlungsrunde.

    Nun droht zur Unzeit der Corona-Pandemie eine Eskalation der Tarifrunde

    Vorab setzte es schon einmal einen Paukenschlag, schließlich haben sich die Gewerkschaften getraut, in Corona-Zeiten mit maximal angespannten öffentlichen Kassen zwar nicht sechs Prozent mehr Lohn wie bei der letzten Vor-Pandemie-Tarifrunde, so aber doch 4,8 Prozent zusätzlich zu fordern. Auch wenn die Tarifgeschichte lehrt, dass am Ende meist die Hälfte, in diesem Fall etwa 2,4 Prozent herauskommen, kennt die Empörung der Arbeitgeber keine Grenzen.

    Zur Corona-Unzeit und ohne Not droht eine Eskalation der Tarifrunde. Selbst Streiks, die nun wirklich unpassend für angespannte Pandemie-Zeiten sind, werden nicht ausgeschlossen. Beide Seiten müssen aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen und in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit das Image ihrer Organisationen, ja des Öffentlichen Dienstes insgesamt nicht zu beschädigen. Die Gewerkschaften haben bisher größere Chancen, für ihre Anliegen Sympathien in der Öffentlichkeit zu gewinnen – und das nicht nur wegen der leichtfertigen Absage der Arbeitgeberseite, die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst unbürokratisch auf das kommende Jahr zu verschieben.

    Das Pflegepersonal verdient eine Lohnerhöhung: Es bleibt die Hoffnung auf einen Lohn-Kompromiss

    In der Corona-Zeit sind Herz und Pragmatismus eben wichtiger als Prinzipienreiterei. Sollten sich die Arbeitgeber nun allzu hartleibig zeigen, besitzen Verdi-Chef Frank Werneke und Beamtenbund-Vorsitzender Ulrich Silberbach einen Sympathie-Bonus gegenüber den Arbeitgeber-Vertretern: Sie können – und das mit gutem Recht und von Herzen – darauf verweisen, dass es nicht genügt, sich bei unseren Corona-Heldinnen und -Helden, also etwa dem Pflegepersonal in Kliniken, nur mit Klatsch-Konzerten zu bedanken.

    Solche Beschäftigte, deren Engagement herausragend war und nach wie vor ist, verdienen natürlich eine Lohnerhöhung, wenn auch mit Augenmaß. Auf alle Fälle sollte für sie mehr drin sein als ein reiner Inflationsausgleich. Auf ein üppigeres Gehaltsplus, das ihren Leistungen angemessen wäre, müssen sie noch mal verzichten. Wenn sich die Wirtschaft in zwei bis drei Jahren hoffentlich wieder voll stabilisiert hat, sollten wir noch einmal lauter für unsere Corona-Superstars klatschen und ihnen nachträglich einen dicken Bonus gewähren.

    Einstweilen bleibt die Hoffnung, dass die Tarifparteien sich ihrer Verantwortung bewusst sind und möglichst rasch wie friedlich einen Lohn-Kompromiss ansteuern.

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