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Kommentar: Juncker erweist sich als Trump-Flüsterer

Kommentar

Juncker erweist sich als Trump-Flüsterer

Stefan Stahl
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    Überraschung in Washington: EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker (links) und US-Präsident Donald Trump haben sich im Handelsstreit geeinigt.
    Überraschung in Washington: EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker (links) und US-Präsident Donald Trump haben sich im Handelsstreit geeinigt. Foto: Saul Loeb, afp

    Manchmal ist es schade, dass es nicht die Vereinigten Staaten von Europa gibt, mit einer Person an der Spitze, die wirklich für den alten Kontinent sprechen kann. Hätte sich der Traum glühender Europäer erfüllt, bestünde Grund zur Euphorie. Dann könnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker darauf bauen, dass all seine Europäer den "großen Deal", wie Donald Trump ihn nennt, mittragen.

    Doch es dauerte nicht lange, als nach dem überraschenden Handels-Friedensschluss zwischen Trump und Juncker Wirtschaftsminister Bruno Le Maire in Paris Klärungsbedarf anmeldete. In Frankreich werden schließlich auch Sojabohnen angebaut. Und Juncker hat den US-Präsidenten – wohl ohne dafür ein bis in die letzten europäischen Wichtigtuer-Verwurzelungen gehendes Mandat zu haben – eben mit Soja geködert. Was hierzulande als Peanuts gelten mag, ist in den USA und vor allem im landwirtschaftlichen Trump-Country ein überlebenswichtiges Thema. Viele Bauern bauen das Produkt an. Die USA sind der größte Sojabohnen-Hersteller der Welt. Dabei gingen große Mengen des Agrarguts bisher nach China. Weil Trump aber den Handelskonflikt mit dem Land leichtfertig eskalieren ließ, drehten die mit Strafzöllen in die Enge getriebenen Herrscher in Peking den Spieß um und konterten mit hohen Abgaben auf US-Sojabohnen.

    Juncker hat Trump mit seinen Mitteln geschlagen

    Das wiederum ließ so manche Trump-Wähler am ökonomischen Verstand ihres Idols zweifeln und sorgte für Unmut in der Republikanischen Partei. Amerikanische Soja-Bauern werden schließlich hohe Einbußen erleiden. Den Zusammenhang hat der Verhandlungs-Fuchs Juncker durchschaut. Als ihm Trump in Erpressermanier die Pistole auf die Brust setzte, indem er hohe Zölle auf Auto-Importe aus Europa androhte, machte der Europäer die Sojabohne zur eigenen Waffe. Er versprach seinem Gegenüber trickreich, Europa werde reichlich davon aufkaufen. Juncker hat Trump also mit seinen Mitteln geschlagen. Anders gesagt: Trump hat nun seinen Juncker gefunden.

    Das allein ist eine Meisterleistung. Viele, die sich zuletzt über den großen Europäer wegen seines angeblichen schwankenden Gangs lustig gemacht haben, müssen nun eingestehen: Der Washingtoner Waffenstillstand mit Wangenküsschen ist vor allem das Verdienst des Luxemburger Charmeurs. In seiner kumpelhaften Art muss er den richtigen Ton getroffen haben.

    Juncker ist der beste Lobbyist für Audi, BMW und VW

    Als guter Psychologe und Trump-Flüsterer ließ Juncker rasch durchblicken, "einen Deal machen zu wollen". Auf den Begriff ist der amerikanische Geschäftemacher konditioniert. Der Deal lautete nun vereinfacht: Sojabohnen gegen Autos. So darf es nicht nur bei Trumps Wangenküsschen für Juncker bleiben, auch die deutschen Autobosse müssten den Europäer abbusseln. Denn der Kommissionspräsident hat sich als bester US-Lobbyist für Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW erwiesen. Immerhin können heimische Konzernlenker zunächst ohne Strafzölle kalkulieren. Es besteht sogar die Chance, dass generell zwischen Europa und den USA Handelsbarrieren wegfallen. Selbst ein Freihandelsabkommen light, auch wenn es nicht mehr TTIP heißt, scheint zumindest möglich zu sein.

    Doch noch sind keine Verträge unterschrieben. Noch können die Nicht-Vereinigten Staaten von Europa wieder alles zerreden, so lange bis Trump dann twittert: "Juncker ist mein bester Freund. Europa bleibt aber mein größter Feind!" Damit es nicht so weit kommt, bedarf es einer deutsch-französischen Allianz. Angela Merkel und Emmanuel Macron müssen jetzt alles daransetzen, dass Europa wirklich amerikanische Sojabohnen kauft. Das sind sie Super-Juncker mehr als schuldig.

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