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Kommentar: Im Flugverkehr herrscht Chaos – das bleibt so

Kommentar

Im Flugverkehr herrscht Chaos – das bleibt so

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    Es fliegen so viele Menschen wie nie zuvor. Das sorgt für Chaos.
    Es fliegen so viele Menschen wie nie zuvor. Das sorgt für Chaos. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Das Flugjahr 2018 gilt schon jetzt als Chaos-Jahr. Und das, obwohl es gerade erst in der zweiten Hälfte angekommen ist. Die Zahlen sind aus Sicht der Passagiere verheerend. So hat etwa die Fluggastrechte-Plattform EU-Claim ausgewertet, dass allein bis Ende Juli fast 20.000 Flüge gestrichen worden sind – 9000 mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Ähnlich dramatisch ist es bei den Verspätungen. Knapp 6000 Flieger landeten in den ersten sieben Monaten des Jahres mehr als drei Stunden zu spät, doppelt so viele wie 2017. Für Passagiere heißt das: Sie müssen sich auf Ärger, Stress und Probleme einstellen. Die Frage ist nur: Wie kommt das?

    Flughäfen und Airlines stoßen an ihre Grenzen

    Vor Jahren galt Fliegen als die angenehmste Art zu reisen. Ein Gast kam am Flughafen an, checkte am Schalter ein, gab sein Gepäck auf, schlenderte durch die Sicherheitskontrolle und entspannte sich bis zum Abflug am Gate. Die Zeiten sind vorbei. Heute hat der Fluggast meist schon vorab im Internet eingecheckt, das kleine Handgepäckstück behält er bei sich, muss es dafür an der Sicherheitskontrolle nach einer halben Ewigkeit Warterei fast komplett ausräumen. Am Gate stellt er fest, dass der Flieger Verspätung hat. Und wenn er endlich einsteigt, ist der Sitz noch warm vom Vorgänger.

    Denn heute sind die Maschinen meist im Dauereinsatz. Der Grund: Es fliegen viel mehr Menschen als je zuvor. Die Deutsche Flugsicherung, die den Luftraum über der Bundesrepublik überwacht, vermeldet immer neue Rekordzahlen. Und auch die Auslastung an den deutschen Flughäfen steigt und steigt und steigt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Warum auch? Fliegen ist wahnsinnig günstig. Oft billiger, als mit dem Zug oder dem Auto zu fahren. Die Folge: Die Airlines nutzen sämtliche zur Verfügung stehenden Flugzeuge und besetzen sie lückenlos. Reservemaschinen gibt es praktisch keine mehr. Die Zeit, die ein Flugzeug am Boden verbringt, wird immer knapper. Geht dann etwas schief – sei es ein Gewitter auf dem ersten Flug des Tages, ein Problem mit der Technik oder eine verpatzte Sicherheitskontrolle –, sitzen gleich hunderte Reisende fest. Umbuchungen scheitern, weil in anderen Fliegern keine Plätze mehr frei sind. Verspätete Maschinen verspäten sich noch mehr, weil sich ihr Zeitfenster zum Abheben geschlossen hat.

    Die Angestellten baden den Preiskampf der Fluggesellschaften aus

    Weil außerdem die Konkurrenz unter den Airlines zunimmt, versuchen sie, sich gegenseitig bei den Preisen zu unterbieten. Die Besatzungen sind die Leidtragenden des erbitterten Preiskampfes. Also sind Piloten und Crew mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden und streiken. Wieder bleiben Maschinen am Boden und Passagiere zu Hause.

    Das alles zeigt, wie komplex der Flugverkehr ist. Und dass er an seinen Kapazitätsgrenzen gelandet ist. Aber, und hier wird es für Verbraucher unbequem, es zeigt eben auch: Die Airlines sind an dem Durcheinander nicht alleine schuld. Jeder trägt dazu bei. Weil jeder möglichst billig und möglichst oft fliegen möchte. Nicht selten hängt etwa die Wahl des Urlaubsorts davon ab, wohin es die günstigsten Flüge gibt. Aber mit der Zahlungsbereitschaft muss auch die Erwartungshaltung sinken. Wer einen Flug bucht, sollte Verspätungen am besten gleich mit einplanen. Obwohl immer noch über 90 Prozent der Flugzeuge nicht nur abheben, sondern auch pünktlich an ihrem Ziel ankommen.

    Und wer sich über das Verkehrschaos am Himmel ärgert, sollte sich auch die Frage stellen: Muss es wirklich immer der Flieger sein? Denn Fliegen ist ja nicht nur schon lange nicht mehr die angenehmste Art zu reisen, sondern auch die klimaschädlichste.

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