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Kommentar: Glyphosat-Debatte: Was Bauern und Verbraucher trennt

Kommentar

Glyphosat-Debatte: Was Bauern und Verbraucher trennt

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    Landwirte müssen von ihrer Arbeit leben können und wirtschaften deshalb effizient. Gleichzeitig sollen sie die Umwelt schützen. Das ist nicht so leicht.
    Landwirte müssen von ihrer Arbeit leben können und wirtschaften deshalb effizient. Gleichzeitig sollen sie die Umwelt schützen. Das ist nicht so leicht. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Die Mehrheit der Deutschen war gegen eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Das haben Umfragen immer wieder ergeben. Ein Grund: Ob das Mittel Krebs auslöst oder nicht, ist nicht geklärt. Weil die Zulassung verlängert wurde – ausgerechnet durch das deutsche Ja – fühlen sich viele Verbraucher zu Recht hintergangen. Doch die Diskussion um das Pflanzengift offenbart etwas anderes als mangelnde Absprachen zwischen Ministerien. Sie zeigt: Die Vorstellungen von Verbrauchern und Landwirten darüber, wie Landwirtschaft zu sein hat, gehen auseinander.

    Landwirte müssen einen betriebswirtschaftlichen Blick auf das Thema Lebensmittel haben. Sie müssen von dem Gewinn, den sie erwirtschaften, leben und Investitionen tätigen können.

    Viele Verbraucher haben eine romantische Vorstellung von Landwirtschaft

    Verbraucher wollen sichere und gute Lebensmittel. Sie wollen sich auf Standards verlassen und nicht Bier trinken, in dem sich noch Spuren eines möglicherweise krebserregenden Pflanzengifts nachweisen lassen. Das Problem: Sie wollen für diese Lebensmittel nicht allzu viel bezahlen. Dazu kommt, dass die Vorstellung, die viele Verbraucher von der Arbeit der Landwirte haben, eher romantisch als real ist.

    Die Realität heißt: Der bayerische Bauer produziert nicht nur für den bayerischen Markt. Er verkauft seine Lebensmittel auf der ganzen Welt und zu Weltmarktpreisen. So haben die bayerischen Landwirte in diesem Jahr zum siebten Mal in Folge einen Ausfuhrrekord geknackt. Wie stark der Weltmarkt mit der heimischen Landwirtschaft zusammenhängt, lässt sich auch daran ablesen, dass die heimischen Bauern nach zwei Krisenjahren nun wieder Gewinne machen konnten. Das ging nur, weil die Nachfrage auf dem Weltmarkt und damit die Preise gestiegen sind.

    Wenn ein bayerischer Betrieb aber mit Bauern aus den USA oder nur aus den neuen Bundesländern mithalten muss, wo Landwirtschaft in viel größerem Ausmaß betrieben wird, kann er nicht darauf verzichten, effizienter zu werden. Und das heißt in konventionellen Betrieben: Pflanzenschutzmittel einsetzen und größere Ställe bauen. Nicht umsonst lautet der meist zitierte Spruch aus der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren „Wachsen oder weichen“. Die Frage ist: Kann das so weitergehen?

    Kann die Landwirtschaft immer weiter wachsen? Nein, sagen auch Bauern

    Viele Landwirte beantworten das mit Nein. Deshalb gibt es Programme, die versuchen, der Entwicklung entgegenzuwirken. Es gibt Maßnahmen, die die regionale Kreislaufwirtschaft fördern oder Milchbauern unterstützen, die ihre Ställe modernisieren wollen, ohne mehr Milch zu produzieren. Das hat seinen Preis, der durch Subventionen mitgetragen wird.

    Auch die Verbraucher sind gefragt. Sie müssen bereit sein, angemessene Preise zu bezahlen und regionale Produkte zu kaufen. Dass viele Konsumenten dazu bereit sind, zeigt der Erfolg von Anbietern wie der Molkerei Berchtesgadener Land, die konsequent regionale Produkte zu fairen Preisen verkauft. Dafür spricht auch, dass die Nachfrage nach Biolebensmitteln seit Jahren stetig wächst.

    Das Problem: In einem globalen Markt hilft es wenig, wenn bayerische – oder deutsche – Bauern und Verbraucher umdenken. Deshalb kann sich die Diskussion nicht darauf beschränken, ob Bauern Glyphosat verwenden sollen oder nicht. Es braucht eine Debatte darüber, wie eine nachhaltige Landwirtschaft in Zukunft aussehen soll. Ein Ergebnis dieser Debatte kann sein, dass der Einsatz von Glyphosat nach Ablauf neuen Fünf-Jahres-Frist aus Artenschutzgründen verboten wird. Wenn Bauern aber mehr an den Natur- und Umweltschutz denken sollen, dann müssen solche Bemühungen entlohnt werden. Dafür braucht es gute Ideen.

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