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Kommentar: Die Miete muss bezahlbar bleiben - aber ein Deckel löst nichts

Kommentar

Die Miete muss bezahlbar bleiben - aber ein Deckel löst nichts

Michael Kerler
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    Der Berliner Mietendeckel ist wieder Geschichte. Jetzt sind neue Lösungen gefragt.
    Der Berliner Mietendeckel ist wieder Geschichte. Jetzt sind neue Lösungen gefragt. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Dass das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel der Stadt Berlin einkassiert hat, war eine desaströse Nachricht für viele Mieter. Der Deckel hatte die Mieten seit Februar 2020 eingefroren, nun müssen die Betroffenen mit hohen Nachforderungen ihrer Vermieter rechnen. Haben sie das gesparte Geld nicht zur Seite gelegt, drohen ihnen finanzielle Schwierigkeiten. Der Aufschrei ist so groß, dass Berlin den Betroffenen Hilfen in Aussicht stellt.

    Die rot-rot-grüne Regierung hat es sich mit ihrem Mietendeckel zu einfach gemacht, die Quittung des Experiments zahlen die betroffenen Bürger. Das Bundesland hat in dem Bereich keine Zuständigkeit, diese liegt beim Bund, urteilte das Gericht. Daraus den Schluss zu ziehen, dass künftig ein Bundesgesetz die Basis für die Deckelung schaffen muss, wäre aber ein Fehler. Diese hatten nach dem Urteil zum Beispiel SPD-Ministerin Franziska Giffey und SPD-Chefin Saskia Esken ins Spiel gebracht. In Bayern fordert die Kampagne „Mieten Stopp!“ Ähnliches. Bundesweit gibt es bisher nur den Rahmen der Mietpreisbremse, die dämpfende Wirkung entfaltet.

    Den Mietendeckel pauschal bundesweit einzuführen, wäre ein Fehler

    Das Experiment aus Berlin hat gezeigt, dass drastische Regulierungseingriffe in den Markt zu starken Verwerfungen führen, die nicht immer im Sinne der Wohnungsuchenden sind. Der Deckel senkt Anreize für den Bau neuer Wohnungen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat zudem ermittelt, dass mit dem Deckel in Berlin zwar die Preise nachgaben, gleichzeitig aber die Zahl der annoncierten Wohnungen um die Hälfte einbrach. Jetzt ist der Deckel weg, prompt ploppen die Anzeigen wieder auf.

    Wohnen muss bezahlbar bleiben. Gerade in den Ballungsräumen wie München inklusive dem Umland sind die Wohnkosten für viele längst erdrückend. Armutsgefährdete Haushalte geben bis zu 50 Prozent ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten aus, warnt der Sozialverband VdK. Viele Ehepaare kennen die Überlegung, ob sie sich ihre Wohnung im Alter überhaupt noch leisten können.

    Mieten müssen ein zentrales Thema im Bundestagswahlkampf sein

    Der Wohnraum in den Metropolen ist knapp, begrenztes Angebot und hohe Nachfrage haben die Preise massiv steigen lassen, das schlägt auf die Mieten durch. Börsennotierte Immobilienunternehmen erhöhen den Renditedruck zusätzlich. Steigende Energiekosten werden das Wohnen in den nächsten Jahren ebenfalls verteuern. Die hohen Wohnkosten sind eines der zentralen Themen, auf das die Parteien im Bundestagswahlkampf eine Antwort geben müssen.

    Um die Lage auf dem Immobilienmarkt zu entspannen, hilft letztlich nur der Bau neuer Wohnungen. Der Slogan „Bauen, bauen, bauen“ allein greift aber zu kurz: Der Staat darf das Bauwesen nicht allein dem freien Spiel des Marktes überlassen. Die Baulandpreise sind regelrecht explodiert. Zurecht fordert die IG Bau, die Spekulation einzudämmen oder den Kommunen Vorkaufsrechte einzuräumen.

    Der soziale Wohnungsbau braucht stärkeren Schub, ein Bauministerium kann helfen

    Einen stärkeren Schub braucht vor allem der soziale Wohnungsbau. Gab es Ende der 80er Jahre noch 4 Millionen bezahlbare Sozialwohnungen, sind es heute nicht einmal 1,1 Millionen – ein Trauerspiel. Auch in der Amtszeit von Innen- und Bauminister Horst Seehofer, CSU, sind mehr Sozialwohnungen aus der Preisbindung gefallen als neue hinzukamen.

    Statt auf Konfrontation zu gehen, müssen Staat und Wohnungsbau Wege finden, wie sich Wohnungen günstiger in größerer Zahl erstellen lassen. Bauunternehmen wären dann Partner, nicht Gegner, die sich durch bürokratische Hürden gegängelt fühlen. Gelänge es zudem, das Wohnen im ländlichen Raum zu stärken, würde dies die Situation in den Städten entspannen.

    Hebel für das Problem gibt es also einige, sie sind nur nicht so einfach wie ein pauschaler Deckel. Angesichts der Vielfältigkeit der Aufgabe sollte die neue Bundesregierung mit einem eigenen Bauministerium an den Start zu gehen.

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