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Kommentar: Deutschland ist in der Krise zum wirtschaftlichen Taktgeber geworden

Kommentar

Deutschland ist in der Krise zum wirtschaftlichen Taktgeber geworden

Stefan Lange
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    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für viele Länder zum Vorbild geworden.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für viele Länder zum Vorbild geworden. Foto: John Thys, dpa

    Es sind für den Laien meist nur langweilige Zahlen, diesmal allerdings ist wegen der Corona-Krise Feuer drin. Am Donnerstag wird das Statistische Bundesamt erstmals das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 30 Tage nach Quartalsende veröffentlichen und damit rund zwei Wochen früher als bisher. Es geht um das zweite Quartal und es sind nach dem Abschwung im ersten Viertel erfreulichere Zahlen zu erwarten. Gut läuft es auch für China, den zweiten großen Akteur auf dem Weltmarkt. Dort ist das Wachstum im zweiten Quartal um 3,2 Prozent gestiegen. Ganz anders hingegen in der Weltmacht USA. Ökonomen erwarten einen Rückgang zwischen 5 und 6 Prozent.

    Die Quartalszahlen sind ein Indikator für die Entwicklung der drei wichtigsten Exportländer und sie deuten darauf hin, dass die USA erstmals seit vielen Jahren abgehängt werden. Die wirtschaftliche Entwicklung begleitet das Geschehen auf dem politischen Parkett. Deutschland und China nähern sich an, dabei hat sich eines spürbar verändert: Durch ihr geschicktes Corona-Krisenmanagement sind die Deutschen ein stärkerer Taktgeber geworden.

    Deutschland war in der Corona-Krise immer einen Schritt voraus

    Es gibt in wirtschaftlicher Hinsicht verblüffende Parallelen im Anti-Corona-Kampf von Peking und Berlin. Aber Deutschland war immer mindestens einen Schritt voraus und die Vermutung liegt nahe, dass der Weltmeister im Nachmachen auch an dieser Stelle kopiert hat. Nachdem sie zunächst abwartend agierte, schaltete die chinesische Regierung wie die deutsche auf einen proaktiven Kurs um. Analog zur Kurzarbeit wurden beispielsweise Unternehmen und ihre Mitarbeiter unterstützt.

    Die Regierung unter Angela Merkel hat in der Corona-Krise bisher wirksame Maßnahmen ergriffen und dafür weltweit Anerkennung bekommen. Sie steuert auch verstärkt gegen die Abhängigkeit von China. Der Autoindustrie und ihren teils dreisten Forderungen nach Unterstützung wurden klare Grenzen und gleichzeitig die Richtung aufgezeigt, in die es zukünftig gehen soll: weg vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antrieben etwa.

    Die USA schauen neidvoll auf diese Entwicklung. US-Präsident Donald Trump leugnete die Gefahren viel zu lange. Der Wahlkämpfer änderte zwar den Kurs, aber nicht so konsequent wie die Regierung in Berlin. Mit der Folge, dass die Arbeitslosenzahl explodiert ist und die Zahl der Insolvenzen nach Schätzungen von Ökonomen bis 2021 um 40 Prozent steigen könnte.

    China wird auch nach Corona nie zum echten Freund werden

    Seit Jahren schon suchen Deutschland und China den Schulterschluss. Peking pfeift auf viele Grundrechte, die hierzulande selbstverständlich sind, und bei aller Fixierung aufs Geld muss Berlin die Moral noch viel stärker in die Verhandlungen einbeziehen. Gleichwohl sind stabile Beziehungen richtig in einer Zeit, in der die USA zum Wackelkandidaten geworden sind. China wird dabei nie zum Freund werden, dem man blindlings vertrauen kann. Es gilt weiterhin die Einschätzung des Europäischen Auswärtigen Dienstes, die China zugleich als Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen beschreibt.

    Die Stärkung des deutsch-chinesischen Tandems birgt jedoch die Gefahr, dass die USA ihren Druck erhöhen. Deutschland ist zwar ein treuer Verbündeter, doch das hat Trump nicht von Respektlosigkeiten abgehalten. Gegen China agieren die USA noch härter, obwohl der Geschäftsmann Trump wissen müsste, dass man mit seinem größten Gläubiger so nicht umspringt. Der Wirtschaftskrieg könnte gar zur militärischen Auseinandersetzung werden, warnt der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger. Hoffen wir, dass er sich irrt.

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