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Klimawandel: Umweltschutz in Corona-Zeiten: Wie klimaschädlich ist das Internet?

Klimawandel

Umweltschutz in Corona-Zeiten: Wie klimaschädlich ist das Internet?

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    Eine Studie aus Augsburg zeigt, dass das Surfen im Internet mit dem Smartphone für erhebliche CO2-Emissionen sorgt.
    Eine Studie aus Augsburg zeigt, dass das Surfen im Internet mit dem Smartphone für erhebliche CO2-Emissionen sorgt. Foto: Monika Skolimowska, dpa

    Auf der ganzen Welt bemerken die Menschen aktuell die Veränderungen durch die Corona-Krise: In den Kanälen Venedigs ist das Wasser glasklar und in der indischen Region Punjab können Einwohner aufgrund der klaren Luft nach 30 Jahren wieder das Himalaja-Gebirge sehen – es scheint, als ob die Umwelt aufatmet. Millionen Tonnen CO2 werden nach Angaben des Umweltbundesamtes aktuell weltweit eingespart. Büros und Fabriken sind verwaist, der Flugverkehr gestrichen und Autos bleiben in der Garage.

    Kann das Internet und auch Online-Shopping die Umwelt belasten?

    Doch CO2-Emissionen entstehen auch an ganz anderer Stelle, weiß Hartwin Maas, Vorstand vom Institut für Generationenforschung in Augsburg. „Vielen Menschen ist es nicht bewusst, dass auch das Internet unsere Umwelt belastet“, sagt der Wirtschaftsingenieur. Wie sehr sich besonders die Smartphone-Nutzung auf das Klima auswirkt, hat der Zukunftsforscher in einer repräsentativen Studie untersucht.

    Hartwin Maas vom Institut von Generationsforschung beschäftigt sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
    Hartwin Maas vom Institut von Generationsforschung beschäftigt sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Foto: ADRIAN BECK PHOTOGRAPHER

    Es sind nicht die Endgeräte beim Verbraucher, die für Emissionen sorgen, sondern die Server-Infrastruktur und deren Stromverbrauch. Maas, der sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und Nachhaltigkeit beschäftigt, sagt: „Wir haben untersucht, wie viel CO2 ein Terabyte heruntergeladene Daten verursacht.“ Abseits der typischen Verdächtigen habe sich in den vergangenen Jahren das Internet als großer Klimakiller herausgestellt. „Durch den Datenverbrauch von Streamingdiensten, OnlineShopping und Textnachrichten wird der Umwelt inzwischen mehr geschadet als durch die Flugindustrie“, sagt er. Weil die Datenmenge auch in Zukunft weiter zunehmen wird, werden sich die CO2-Emissionen unausweichlich erhöhen, mutmaßt der Wirtschaftsingenieur.

    Welche Generationen die größten Emissionen verursachen

    Interessant ist für den Zukunftsforscher in diesem Hinblick vor allem ein Blick auf die unterschiedlichen Generationen. Über eine App hatten die Teilnehmer der Studie drei Monate lang ihren Datenverbrauch pro Woche erfasst. Die Ergebnisse haben selbst Maas überrascht: „Dass der CO2-Ausstoß durch die Internetnutzung via Handy bei den jüngsten Befragten so hoch ist, hätte ich nicht erwartet.“ Bei der Generation der Babyboomer (Geburtsjahre 1950–1964) und der Generation X (1965–1980), die analog aufgewachsen seien, waren die Werte dementsprechend niedriger.

    Bei den Generationen Y (1980–1994) und Z (1995–2010) dagegen sieht das Ergebnis anders aus: Während die Generation Y langsam mit der Digitalisierung groß geworden sei, hätten Menschen der Generation Z eine Welt ohne Internet gar nicht mehr gekannt. Knapp neun Millionen Tonnen CO2 produziert diese Gruppe allein in Deutschland pro Jahr durch die Smartphone-Nutzung. Um das zu kompensieren, weiß Maas, müsste jede Person dieser Gruppe mindestens 60 Bäume pflanzen.

    Das Medienverhalten der Altersgruppen unterscheidet sich

    Dass über 99 Prozent der Menschen, die nach 1999 geboren wurden, ein Smartphone nutzen, fasziniert den Zukunftsforscher: „Noch nie zuvor gab es ein Gerät, dassalle Menschen flächendeckend im Alltag genutzt haben.“ Dass die CO2-Zahlen dennoch variieren, erklärt der Experte mit dem unterschiedlichen Medienverhalten der einzelnen Gruppen. Die Kanäle, auf denen die Teilnehmer unterwegs gewesen seien, spielten eine große Rolle. Die jüngeren Befragten würden oftmals parallel verschiedene Dienste nutzen. Wer einen Film im Internet ansieht, shoppe oftmals gleichzeitig oder sende schnell eine Chat-Nachricht. Bei Bedarf könne nämlich bei Streamingdiensten auch wieder zurückgespult werden und eine Stelle von vorne angesehen werden, erklärt Maas.

    Die Studie untersuchte exemplarisch die Auswirkung verschiedener Online-Aktivitäten: Shoppen rund eine Million Menschen für 15 Minuten im Internet, verursacht das ähnliche CO2-Werte wie 15 Flüge von München nach New York. Um diese Emissionen zu kompensieren, so der Zukunftsforscher, müssten knapp 3000 Bäume gepflanzt werden.

    Was virale Videos für das Klima bedeuten

    Auch soziale Medien hat die Studie genauer beleuchtet. Maas erklärt: „Es sind nicht die einzelnenProfile, die viel CO2 produzieren – das passiert erst, wenn ein Beitrag über verschiedene Plattformen geteilt wird und viral geht.“ Die UN-Rede von Klimaaktivistin Greta Thunberg wurde auf der Videoplattform Youtube fünf Millionen mal aufgerufen. Die entstandene CO2-Emission entspricht damit umgerechnet rund 98 Flügen von Stockholm nach New York. Mit dem Auto könnte eine Strecke von mehr als einer Million Kilometer zurückgelegt werden; das wären 26 Umrundungen der Erde. Die Ergebnisse der Studie findet Maas spannend: „Zwar sind es oft ältere Generationen, die als Umweltsünder wahrgenommen werden, doch auch junge Menschen tragen mit ihrem Verhalten zur Klimakatastrophe bei.“ Bei den Babyboomern (1950–1964) beispielsweise würden schon drei gepflanzte Bäume die Internetnutzung kompensieren.

    Dass die Corona-Krise die Werte zusätzlich beeinflussen könnte, hält der Experte nicht für ausgeschlossen: „Ich könnte mir vorstellen, dass es einen Rebound-Effekt gibt.“ Das bedeutet, dass Menschen, wenn sie auf der einen Seite etwas reduzierten, ein anderes Verhalten automatisch erhöhten. Wer ein sparsames Auto kauft, so Maas, tendiert dazu, auch wieder mehr zu fahren. Oder wer in der Mobilität eingeschränkt wird, nutzt zu Hause dafür vielleicht verstärkt das Internet.

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