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Kiesabbau: Kampf um den Kies: Ein Rohstoff wird knapp

Kiesabbau

Kampf um den Kies: Ein Rohstoff wird knapp

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    Auch in unserer Region wird Kies abgebaut. Dabei ist der Rohstoff knapp, und der Abbau hat seine Folgen.
    Auch in unserer Region wird Kies abgebaut. Dabei ist der Rohstoff knapp, und der Abbau hat seine Folgen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Kies ist ein wesentlicher Rohstoff für die Herstellung von Beton. Doch angesichts fehlender Genehmigungen für den Kiesabbau drohen der deutschen Bauwirtschaft Engpässe.

    Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) schlägt bereits Alarm. Die Konsequenzen seien nicht nur in Ballungsräumen zu spüren, so die Studienautoren Harald Elsner und Michael Szurlies in einer aktuellen Studie. "Mittlerweile werden auch in anderen Regionen, so in Teilen Niedersachsens und Bayerns, Aufträge für größere Baumaßnahmen nicht mehr angenommen, Stammkunden vorrangig versorgt und Kiesmengen nach Verfügbarkeit zugeteilt", warnen die Fachleute.

    So sahen sich nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskammern Bayern bereits im Jahr 2018 ganze 38 Prozent der befragten bayrischen Unternehmen mit Versorgungsengpässen im Bereich Steine und Erden konfrontiert.

    Kiesabbau: Problem für Landwirte

    Die Forderung der Studie nach mehr Genehmigungen zum Abbau stößt im brandenburgischen Mühlberg nicht auf Begeisterung. Dort befindet sich das größte deutsche Kieswerk; 2019 wurden rund um die Stadt an der Elbe 5,2 Millionen Tonnen Kies und Sand gewonnen. Seit 1968 wurden diese Baurohstoffe hier auf 500 Hektar abgebaut – mit Folgen: Tiere sterben aus, Feuerwehrbrunnen versiegen, Teiche versanden, Bäume verdorren.

    Baustelle in München: Durch den Bauboom steigt die Kiesnachfrage.
    Baustelle in München: Durch den Bauboom steigt die Kiesnachfrage. Foto: Alexander Heinl, dpa

    "Der Grundwasserspiegel sinkt weiter, das ist ein riesiges Problem für die Agrargenossenschaft Mühlberg, dem größten Arbeitgeber", sagt Jörg Fabian, Ortsvorsteher im Mühlberger Ortsteil Altenau, und fügt hinzu: "Jedes Jahr fallen durch den Kiesabbau 15 Hektar wertvoller Boden weg." Er blickt mit Sorge auf die laufenden Planungsverfahren für die Ausweitung. Es geht um mehr als 500 Hektar neue Abbauflächen in der Elbaue, langfristig sind sogar 2000 Hektar im Gespräch. "Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Abbau, aber nicht in diesen Dimensionen. Die Politik ist gefragt, um den Abbau zu beschränken", sagt Fabian.

    Konflikte gibt es auch in Bayern. In Oberfranken haben sich Einwohner von Sand am Main in diesem Jahr erfolgreich gegen die geplante Erweiterung einer Quarzsandgrube gewehrt. Das Gemeindegebiet zwischen Schweinfurt und Bamberg ist laut der Bürgerinitiative "Sand bleibt!" von Baggerseen und -gruben total durchlöchert. Im unterfränkischen Nordheim kämpfen Einwohner gegen Pläne eines Unternehmens, das Kies und Sand in einem Auengebiet abbauen will.

    Öko-Institut: Kies-Recycling würde Bedarf senken

    Unterstützung bekommen die Kritiker vom Öko-Institut. Mehr Genehmigungen für mehr Kiesabbau für mehr Neubauten sind nach Überzeugung von Matthias Buchert, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Ressourcen bei dem Darmstädter Institut, der falsche Weg. Richtig wäre es dagegen, den Abbau von Kies drastisch zu senken – denn Kies ist ein nicht erneuerbarer Rohstoff. "Es kann bis Mitte des Jahrhunderts eine absolute Reduzierung des jährlichen Bedarfs von 45 Prozent gegenüber 2013 durch Recycling, Lebensverlängerung von Gebäuden und weiteren Maßnahmen erreicht werden", heißt es in einem Papier des Öko-Instituts.

    Danach könnte Kies zu mindestens zehn Prozent durch Recyclingmaterial ersetzt werden – derzeit liegt der Anteil unter einem Prozent. Die Zahl der Neubauten könnte durch eine häufigere Sanierung von Wohngebäuden reduziert werden. Bei Neubauten sollte stärker auf Tiefgaragen verzichtet werden, weil dafür sehr viel Beton verbraucht werde. Die Grunderwerbssteuer müsse in eine Flächenerwerbssteuer umgewandelt werden, um flächen- und ressourcensparender zu bauen. Die Einführung einer Primärrohstoffsteuer wäre aus Bucherts Sicht ein weiterer wichtiger Baustein. Dadurch könnte der Kies teurer werden, was das Recycling wirtschaftlich interessanter macht.

    Bayern im Kies-Abbau bundesweit auf Platz 2

    Buchert: "Wir müssen die verfügbaren Kiesvorkommen über einen längeren Zeitraum strecken. Wenn wir nicht weniger Kies verbrauchen als bisher, wird es selbst bei großzügiger Genehmigungspraxis spätestens in 15 Jahren wieder die gleiche Diskussion wie heute geben."

    2018 gab es in Deutschland 1910 Gewinnungsstellen von Sand und Kies. Laut Statistischem Bundesamt steigt der Verbrauch von inländischem Kies und Feldsteinen kontinuierlich an, von 143 Millionen Tonnen im Jahr 2016 auf 200 Millionen Tonnen im Vorjahr. Dem Umweltbundesamt zufolge liegt Bayern im Abbau bundesweit auf Platz zwei – hinter Nordrein-Westfalen.

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