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Interview: Fliesenleger arbeitet nicht für Ingenieure: "Reden nie auf Augenhöhe mit einem"

Interview

Fliesenleger arbeitet nicht für Ingenieure: "Reden nie auf Augenhöhe mit einem"

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    Fliesenlegermeister Michael Schmiedl (36) aus Riedenburg.
    Fliesenlegermeister Michael Schmiedl (36) aus Riedenburg. Foto: Michael Schmiedl

    Für Ingenieure verlegt er keine Fliesen: der niederbayerische Michael Schmiedl. Das schrieb er 2016 auf die Webseite seines Betriebes. Der Grund: schlechte Zahlungsmoral und ständige Beschwerden. Heuer kochte der Beitrag erst in sozialen Medien hoch – jetzt ist er deutschlandweit im Gespräch.

    Herr Schmiedl, seit Tagen kursieren Geschichten über Sie in den Medien. Wird Ihnen der Rummel irgendwann zuviel?

    Michael Schmiedl: Nee, überhaupt nicht. Viel mehr kann nicht mehr kommen (lacht). Es ist von allen Medien aufgegriffen worden. Dass es solche Wellen schlägt ist enorm. Aber es ist gut so. Ich bin der Meinung, ich habe da ein Thema losgetreten, dass nicht nur regional von Bedeutung ist, sondern in ganz Deutschland jeden betrifft.

    Jeden Handwerker?

    Schmiedl: Nicht nur jeden Handwerker. Das betrifft alle. Behörden, Ärzte, Vermieter, kleine Leute die beim Einkaufen sind. Jeden.

    Inwiefern?

    Schmiedl: Weil sich der Großteil der Bevölkerung von der Arroganz der Ingenieure – allgemein von diesem Klientel – belästigt fühlt. Von der Arroganz und der Hochnäsigkeit, mit der diese Leute durchs Leben gehen.

    An was machen Sie das fest?

    Schmiedl: Weil die immer von oben herab mit anderen sprechen. Die reden nie auf Augenhöhe mit einem. Sie stellen sich bei einem Gespräch immer hin, als wären sie der König. Und der Zuspruch zeigt es mir ja, es ist nicht nur beim Handwerker so, das ist in Arztpraxen so. Die kommen mit ihrem Audikärtchen am Gürtel rein und denken, sie müssen dann nicht warten, weil sie ja das Mitarbeiterkärtchen haben. Ich habe vor kurzem eine E-Mail von einer Behörde bekommen: Da hat sich ein Audi-Ingenieur beim Amt beschwert, weil er auf seinen Reisepass keine zehn Prozent Audi-Rabatt bekommen hat. Weil er die ja sonst überall bekommt. Das muss man sich mal vorstellen.

    Wie äußert sich diese Arroganz denn bei Ihrer Arbeit?

    Schmiedl: Dann, wenn die einfach einem Handwerker erzählen wollen, wie er seine Arbeit zu machen hat. Obwohl wir ja die Fachleute sind und wissen, wie man es richtig macht. Welche Gesetzliche Vorgaben wir erfüllen und einhalten müssen. Wenn einer das nicht versteht oder wenn wir sagen, das dürfen wir nicht, dann reden wir an eine Wand.

    Haben Sie ein Beispiel?

    Schmiedl: Da wollte einer im Außenbereich einen glatten Naturstein verlegen. Und da haben wir gesagt, das geht nicht. Denn an allen Orten, die öffentlich zugänglich sind – weil zum Beispiel der Postbote die Briefe einschmeißen will – muss man eine gewisse Rutschfestigkeit garantieren. Damit es den Postboten eben nicht hinlegt, wenn er zur Tür geht. Und da trifft man bei einem Ingenieur auf totales Unverständnis.

    Woran sehen Sie denn, dass ein Kunde Ingenieur ist?

    Schmiedl: Der typische Ingenieur hat 24 Stunden am Tag sein Ausweiskärtchen am Gürtel klemmen. Egal ob das beim Einkaufen, beim Schwimmen oder sonst wo ist. Das ist Tatsache. Da brauchen wir kein Geheimnis draus machen. Die haben den Ausweis eben dran, dass jeder sieht: Ich bin Audi, ich bin was Besseres.

    Auf Ihrer Webseite entschuldigen Sie sich trotzdem bei der Berufsgruppe.

    Schmiedl: Nana, ich entschuldige mich nicht dafür was ich tue, oder was ich gemacht habe. Sondern nur für den Fall, dass sich jemand durch die Berichterstattung angegriffen fühlt. Da muss man differenzieren. Aber Ingenieuere sollen trotzdem bitte einen anderen Fliesenleger anrufen.

    Steht ihr Telefon in diesen Tagen überhaupt noch still?

    Schmiedl: Nee (lacht). Wenn nicht irgendein Kunde anruft, ist ein Fan am Telefon. Ich bekomme ja mittlerweile auch viele Fananrufe, teilweise von anderen Handwerkern, teilweise von Rentnern, aber auch von Leuten, die im Ausland wohnen. Die mir erzählen, dass eben diese Arroganz mancher Leute mit ein Grund war, dass sie aus Deutschland weggegangen sind. Und inzwischen habe ich weit über 3000 Zuschriften. Die werde ich auch alle beantworten.

    Sind denn unter diesen 3000 Zuschriften, die Sie bekommen haben, auch negative Stimmen?

    Schmiedl: Ein paar. Aber vereinzelt. Man merkt es im Text schon, dass die einfach eine E-Mail verfassen wollten. Es gibt immer Leute, die Ärger machen wollen, wenn sie mit der Berichterstattung nicht einverstanden sind. Meistens, wenn sie sich angesprochen oder kritisiert fühlen. Aber mei, da stehe ich drüber. Und die meisten sehen es wie ich. Ich werde als Held gefeiert. Audi–Mitarbeiter schlagen mich zum Mitarbeiter des Monats vor – obwohl ich da gar nicht arbeite.

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