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Interview: Aufsichtsrat: „Jeder, der die Firma verlässt, tut Kuka weh“

Interview

Aufsichtsrat: „Jeder, der die Firma verlässt, tut Kuka weh“

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    Michael Leppek hat als Gewerkschafter einst die chinesischen Investoren beim Augsburger Roboterbauer Kuka willkommen geheißen. Im Gespräch verteidigt er nun seine damalige Haltung.
    Michael Leppek hat als Gewerkschafter einst die chinesischen Investoren beim Augsburger Roboterbauer Kuka willkommen geheißen. Im Gespräch verteidigt er nun seine damalige Haltung. Foto: Silvio Wyszengrad

    Herr Leppek, einst haben Sie die Chinesen bei Kuka als Investoren willkommen geheißen. Sind Sie nun enttäuscht von den Asiaten, nachdem Jobs bei dem Augsburger Roboter- und Anlagenbauer abgebaut werden sollen?

    Michael Leppek: Ich bin nicht enttäuscht von den Chinesen. Sie sind bei Kuka Anteilseigner, wie andere Aktiengesellschaften Anteilseigner haben. Sie wollen Kuka weiterentwickeln und wollen das, was sie finanziell eingesetzt haben, auch zurückbekommen. Ich kann verstehen, dass die Kuka-Eigentümer die ein oder andere kritische Frage stellen, nachdem die Geschäfte bei dem Unternehmen nicht so gut laufen, wie das einst versprochen war.

    Aber noch einmal: Warum haben Sie die Chinesen als Arbeitnehmervertreter explizit willkommen geheißen, nachdem es auch damals schon reichlich Bedenken an deren Einstieg bei Kuka als Hightech-Betrieb gab?

    Leppek: Ich habe die Chinesen damals willkommen geheißen, weil es schlicht keine Alternative zu ihnen gab. Es war damals klar, dass Kuka von den als Retter gedachten weißen Rittern aus Deutschland verlassen wird. So haben die Maschinenbauer Voith und Loh ihre Aktienpakete an Kuka ja abgestoßen. Und uns Arbeitnehmervertretern wurde nach Gesprächen mit Politikern auf Bundes- und Landesebene klar, dass von dieser Seite keine Hilfe für Kuka zu erwarten war. Insofern blieb nur die Alternative übrig, mit den Chinesen eine Investorenvereinbarung zu schließen, die möglichst lange Garantien für den Standort Augsburg und die Beschäftigten bringen. Und das ist uns ja auch mit entsprechenden, siebeneinhalb Jahre währenden Garantien gelungen.

    Doch diese Garantien scheinen nicht das Papier wert zu sein, auf dem sie gedruckt wurden. Schließlich mussten schon reichlich Spitzenmanager gehen und der Kuka-Vorstand will jetzt Arbeitsplätze abbauen. Darüber sollen die Beschäftigten bei einer Betriebsversammlung am morgigen Donnerstag informiert werden.

    Leppek: Bei Ex-Kuka-Chef Till Reuter gab es eine Einigung mit dem Aufsichtsrat, dass er das Unternehmen verlässt. Diese hat Reuter unterschrieben. Mehr sage ich dazu nicht. Und von anderen Managern hat sich der Kuka-Vorstand, in dem ja keine Vertreter des chinesischen Anteilseigners Midea sitzen, getrennt. Das geschah also nicht auf Initiative, also Druck der Chinesen, was ein wichtiger Punkt ist. Die Entscheidung wurde allein vom Kuka-Vorstand gefällt. Die Chinesen führen bei Kuka nicht den Füllfederhalter. Das war eine autonome Entscheidung des Vorstands aus Peter Mohnen und Andreas Pabst.

    Gibt es, wie es in Augsburg heißt, einen Exodus an Spitzenmanagern bei Kuka?

    Leppek: Nein.

    Aber es werden doch, wie zu hören ist, weiter gute Kuka-Leute von Konkurrenten abgeworben.

    Leppek: Jetzt geht es darum, dafür zu sorgen, dass wichtige Top-Manager nicht gehen. Hier führt der Kuka-Vorstand bereits entsprechende Gespräche. Und es gibt auch schon Zusagen von solchen Top-Leuten, bei Kuka zu bleiben. Aber natürlich tut jeder, der die Firma verlässt, Kuka weh, weil er einen wichtigen Beitrag zur Arbeit von Kuka geleistet hat.

    Gibt es wirklich keinen personellen Aderlass? Es muss ja selbst der Chefjustiziar Siegfried Schwung, ein Vertrauter Reuters, gehen.

    Leppek: Es gibt wirklich keinen personellen Aderlass. Das sind Einzelfälle, wie auch der Fall Schwung zeigt.

    Schwung galt ja als Hüter des Grals, also als Hüter der Investorenvereinbarung mit den Chinesen. Schließlich hat er die Garantien mit ausgehandelt.

    Leppek: Hüter des Grals, wenn man dieses Bild schon gebrauchen will, waren vielmehr die Arbeitnehmervertreter, also der Betriebsrat und die IG Metall. Wir haben erfolgreich Druck für die Investorenvereinbarung gemacht.

    Herr Mohnen ist nun schon seit Dezember 2018 nur Interims-Chef von Kuka. Wann wird er dauerhaft Boss des Roboterbauers?

    Leppek: Wir als Arbeitnehmervertreter fordern, dass die Chinesen Mohnen rasch zum dauerhaften Chef des Unternehmens machen. Gleiches gilt für Finanz-Chef Pabst. Jeder Tag, an dem diese Interims-Lösungen andauern, machen das Leben für die Kuka-Chefs nicht leichter. Ich gehe davon aus, dass für beide bald das Wort Interim aus ihren Positionsbezeichnungen gestrichen wird. Dafür setze ich mich persönlich ein.

    Warum sind Sie von Herrn Mohnen als Chef der Kuka AG so überzeugt? Der Manager war zuvor Finanzvorstand des Unternehmens. In Branchenkreisen heißt es immer wieder: Kuka bräuchte einen Techniker, also einen Ingenieur an der Spitze.

    Leppek: Mohnen ist der richtige Chef für das Unternehmen. Er ist seit 2012 bei Kuka und kennt das Unternehmen sehr gut. Für uns als Arbeitnehmervertreter war es wichtig, nach dem überraschenden Ausscheiden von Herrn Reuter einen Mann an der Spitze zu wissen, der die Firma gut kennt. Außerdem vertrauen die Mitarbeiter Herrn Mohnen.

    Und wie kann die technische Kompetenz im Kuka-Vorstand verbessert werden? Zwei Finanz-Experten können ja nicht dauerhaft das Hightech-Unternehmen führen.

    Leppek: Man kann aus einem Finanz-Profi wie Mohnen natürlich keinen Technologen machen. Deswegen brauchen wir als Ergänzung zu Mohnen im Vorstand einen technischen Vorstand. Kuka braucht einen dritten Vorstand. Eine solche Entscheidung steht demnächst an.

    Ob Mohnen bei den Mitarbeitern weiter so beliebt ist, wird sich zeigen. Schließlich hat er schon in Januar einen Personalabbau angekündigt. Wie viele Stellen fallen nun weg?

    Leppek: Ich kenne noch keine Zahlen. Auf alle Fälle ist die Unruhe unter den Beschäftigten groß, schließlich wissen sie nun schon sehr lange, dass Stellen wegfallen sollen. Sie wissen aber nicht, wann und wie das passiert.

    Warum muss bei Kuka überhaupt Personal abgebaut werden?

    Leppek: Kuka hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt und dafür reichlich zusätzliches Personal an Bord genommen. Doch die wirtschaftlichen Ziele konnten nicht erreicht werden. So führt die Geschäftsleitung weiter Gespräche mit uns über Personalanpassungen. Diese Gespräche sind aber noch nicht abgeschlossen. Selbst wenn am Donnerstag bei der Betriebsversammlung Zahlen genannt werden, heißt das nicht, dass diese Zahlen in Stein gemeißelt sind. Wir werden weiter darüber verhandeln. Wir können nur sozial verträgliche Maßnahmen akzeptieren.

    Diese Stellenstreichungen erschütterten die Region

    2023 Tubesolar: Dem Augsburger Start-up, das sich auf Agri-Photovoltaik spezialisiert hatte, geht das Geld aus. Dabei galt Tubesolar lange Zeit als Hoffnungsträger der deutschen Solar-Industrie. 140 Menschen verlieren ihren Job. Manche von ihnen hatten bereits die Werksschließung von Ledvance mitgemacht. 

    2022 Premium Aerotec: IG Metall, Betriebsräte und Airbus-Führung einigen sich nach fast einjährigen Verhandlungen auf ein Zukunftskonzept. Dies beinhaltet den Erhalt des Standorts als Ganzes, eine zunächst von Airbus angestrebte Zerschlagung, ist vom Tisch. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2030 ausgeschlossen. 2022/23 werden mehr als 500 neue Beschäftigte eingestellt.

    2021 Premium Aerotec: Der Stellenabbau beim Luftfahrtzulieferer ist angelaufen. Über ein Freiwilligenprogramm sind bei Premium Aerotec rund 500 Beschäftigte mit teils hohen Abfindungen bis zu 350.000 Euro aus dem Unternehmen ausgeschieden. Weitere betriebsbedingte Kündigungen soll es vorerst entgegen erster Pläne nicht geben. Dafür plant Airbus eine Umstrukturierung und die Aufspaltung des Standorts.

    2021 Kuka: Wie die Automobilindustrie profitiert der Augsburger Roboter- und Anlagenbauer Kuka von einer starken Nachfrage in China und in den USA. Dieser Rückenwind hilft auch den Beschäftigten. Im November 2020 hatte der Konzern noch angekündigt, in Augsburg nach mehreren Job-Abbaurunden weitere bis zu 270 Stellen streichen zu wollen. Jetzt ist noch von gut 50 Stellen die Rede, für die vornehmlich eine sozialverträgliche Lösung gesucht wird.

    2021 MT Aerospace: Das Raum- und Luftfahrtunternhemen wird im Produktionsbereich weitere rund 100 Arbeitsplätze abbauen. Zuvor wurden schon etwa 70 auf noch rund 480 Stellen gestrichen. Im August letzten Jahres hieß es, dass sogar der gesamte Standort in Gefahr sei, würden sich nicht rasch positive Entwicklungen einstellen. Dieses Szenario ist jedoch aktuell vom Tisch.

    2020 Faurecia: Erneut ist es ein Automobilzulieferer, der der Lage in der Branche - verstärkt durch die Corona-Pandemie - Tribut zollen muss. Am Standort in Augsburg (Geschäftsbereich Faurecia Clean Mobility, übersetzt: saubere Mobilität) sollen 140 der insgesamt 1400 Stellen gestrichen werden. Dazu wird der Standort neu ausgerichtet, um noch stärker als bisher in Zukunftsfeldern aktiv sein zu können. 

    2020 Wafa: Der Automobilzulieferer, der auf Spritzguss, Galvanik und Lackierung spezialisiert ist, gibt die Schließung seines Werks in Haunstetten bekannt. Das bereits 2019 eingeleitete Insolvenzverfahren in Eigenregie sei gescheitert, heißt es zur Begründung. Nach der Krise in der Automobilindustrie sei die Corona-Pandemie maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Pläne nicht wie gewünscht umsetzbar waren. Rund 200 Mitarbeiter sind betroffen.

    2020 MAN Energy Solutions: Der Motorbauer, der zu Volkswagen gehört, gibt bekannt, dass am Stammsitz in Augsburg bis zu 1800 Arbeitsplätze in Gefahr seien. Schon vor Bekanntgabe wurde über ein Restrukturierungsprogramm gemunkelt. Dass dieses eine solche Dimension haben könnte, kam für Beschäftigte und Arbeitnehmervertreter völlig überraschend. Nun wird nach Alternativen gesucht, um die Zahl der bedrohten Stellen deutlich nach unten zu korrigieren. Mittlerweile wurde die Zahl auf 800 bedrohte Stellen gesenkt. Die meisten können ohne betriebsbedingte Kündigungen gestrichen werden.

    2020 Premium Aerotec: Erneut macht der Luftfahrtzulieferer Schlagzeilen in Sachen Stellenabbau. Weil unter anderem wegen der Corona-Krise eine Auslastungslücke entsteht, sind bis zu 1000 Arbeitsplätze bedroht, wenn keine neuen Arbeitspakete gefunden werden.

    2020 Showa Denko: In Meitingen wird die Produktion von Grafitelektroden-Teilen eingestellt, wie der japanische Konzern bekannt gibt. 140 Stellen fallen weg, rund 50 Arbeitsplätze außerhalb der Produktion sollen erhalten bleiben. Ursprünglich hatten die Eigentümer eine Standortsicherungs- und Beschäftigungsgarantie bis ins Jahr 2022 zugesichert.

    2019 Audi: In den Werken in Neckarsulm und Ingolstadt fuhr der Autobauer seine Kapazitäten herunter. Es sollten 9500 Stellen bis 2025 abgebaut werden, aber ohne betriebsbedingte Kündigungen. In anderen Bereichen sollte dafür investiert werden.

    2019 Voith Turbo: Der Technologiekonzern gab bekannt, dass sein Werk in Sonthofen im Jahr 2020 schließen würde. 420 Mitarbeiter sind betroffen, ebenso das Werk in Sachsen. 230 Arbeitsplätze sollten wegfallen, 370 an andere Standorte verlegt werden.

    2019 Premium Aerotec: Der Luftfahrtzulieferer gab bekannt, dass bis zum Jahr 2023 bis zu 1100 Arbeitsplätze wegfallen könnten. Zwar galt diese Zahl als Worst-Case-Szenario, falls es nicht gelingen sollte, bis dahin ausreichend neue Arbeitspakete an den Standort zu holen, verunsicherte in ihrer Höhe aber dennoch die Belegschaft. Vorerst sollen ab 2021, so lange gilt ein Kündigungsschutz, 500 Stellen abgebaut werden.

    2018 Fujitsu: Es war ein Tiefschlag für Hunderte Beschäftigte und den gesamten Wirtschaftsraum Augsburg: Der japanische IT-Konzern Fujitsu würde sein Werk in Augsburg bis 2020 schließen.

    2018 Premium Aerotec: Von den bundesweit geplanten Stellenstreichungen bei Airbus war auch die Augsburger Tochterfirma Premium Aerotec betroffen - das wurde im März 2018 bekannt. Bis Ende 2019 würden 500 Leiharbeiterjobs wegfallen. Ab 2020 könnte es auch die Stammbelegschaft treffen.

    2017 Kuka: Der Roboter- und Anlagenhersteller gab im November bekannt, dass es im Bereich Anlagenbau Probleme gebe. Kuka-Geschäftsführer Till Reuter wollte daraufhin den Bereich umstrukturieren. Das bedeutete den Verlust von 250 Stellen.

    2017 Ledvance: Kurz vor Weihnachten erlebten die Arbeitnehmer bei Lampenhersteller Ledvance (früher Osram) eine böse Überraschung: Ledvance will das Werk in Augsburg schließen. 650 Stellen sind betroffen. Die Mitarbeiter kämpften - doch das Unternehmen lehnte Rettungspläne ab.

    2017 MAN Diesel & Turbo: 140 Arbeitsplätze fielen im März 2017 bei MAN Diesel & Turbo weg. Allerdings kam das Unternehmen ohne betriebsbedingte Kündigungen aus. Durch Altersteilzeit, Aufhebungsverträge und andere Mittel gelang der Abbau.

    2017 UPM: Der finnische Papierhersteller (früher Haindl) fasste Anfang des Jahres 2017 den Entschluss, eine komplette Papiermaschine in Augsburg zu schließen. Der Grund: geringe Papiernachfrage. 150 Mitarbeiter waren von den Stellenkürzungen betroffen. Doch wie bei MAN kamen die Verantwortlichen ohne betriebsbedingte Kündigung aus.

    2014 Manroland: Beim Augsburger Druckmaschinenhersteller gab es in der Vergangenheit gleich mehrfach schlechte Nachrichten für die Arbeitnehmer: Nach der Insolvenz 2011, bei der 750 Arbeitnehmer ihren Job verlieren sollten, strich Manroland im Oktober weitere 250 Stellen in Augsburg.

    2014 Horex: Die Motorrad-Marke Horex hatte ihren größten Erfolg in den 1950er-Jahren. Daimler-Benz übernahm den Hersteller 1960 und löste die Marke auf. 2010 wagte das Unternehmen mit 30 Mitarbeitern einen Neuanfang in Augsburg. Doch dann ging das Geld aus. 2014 ging das Unternehmen in die Insolvenz.

    2014 Strenesse: Die Nördlinger Modemarke Strenesse hat bis heute einen guten Ruf. Von der Glanzzeit mit einem Jahresumsatz von über hundert Millionen Euro ist allerdings nur noch wenig zu spüren. Derzeit arbeiten 230 Mitarbeiter bei Strenesse, davon 120 in Nördlingen. Eigentümerin der neuen GmbH ist eine Schweizer Holding. Die frühere Familie ist nicht mehr an dem Unternehmen beteiligt. Strenesse meldete im Jahr 2014 Insolvenz an.

    2014 Reifen Ihle: Die Günzburger Firma musste mit zwölf Niederlassungen zwischen Ulm und Augsburg 2014 Insolvenz anmelden. Zunächst trat Prolimity Capital Partners mit Sitz in Ummendorf als Käufer auf den Plan. Seit September 2017 ist das Sontheimer Unternehmen Hörger Besitzer des Reifenherstellers, der jetzt Rigdon (kurz für „Reifen Ihle Günzburg Donau“) heißt und 80 Mitarbeiter beschäftigt. Zum Zeitpunkt der Insolvenz hatte das Unternehmen 120 Mitarbeiter

    2014 Wafa: Für die Mitarbeiter des Augsburger Unternehmens Wafa gab es Ende 2015 eine betrübliche Nachricht: Das Unternehmen, das unter anderem Kühlergrills für Autos herstellt, gab bekannt, dass im Zuge des im Februar 2014 eingeleiteten Insolvenzverfahrens knapp die Hälfte der rund 330 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen müssten. Als Käufer der Wafa wurden die Demmel-Gruppe aus dem Allgäu, ein Zusammenschluss mittelständischer Familienunternehmen, sowie der Schweizer Finanzinvestor Aetna Partners präsentiert. 

    2014 Weltbild: Weltbild hat wohl das Schlimmste hinter sich. Nach der Insolvenz im Januar 2014 hat mittlerweile die Düsseldorfer Droege Gruppe den Augsburger Verlag übernommen. Die Logistik wurde ausgegliedert und befindet sich mittlerweile in Tschechien. Am Standort Augsburg, wo einst 2300 Mitarbeiter beschäftigt waren, sind es jetzt noch 400 in Verlag und Handel. Weltbild setzt weiter auf Filialen und den Katalog, treibt aber massiv das Online-Geschäft voran und sieht sich selbst auf gutem Weg.

    2012 Leiser: Für die Schuhandelskette Leiser mit Sitz in Augsburg musste 2012 Insolvenz anmelden. 550 Arbeitsplätze fielen weg. Am Ende übernahm ein neuer Investor das Unternehmen und die etwa 900 verbleibenden Mitarbeiter. Im August 2017 schloss die letzte Filiale im Süden der Republik in der Augsburger Annastraße. Leiser befindet sich immer noch im Insolvenzverfahren.

    2011 Manroland: Noch 2008 lief es gut für den Augsburger Druckmaschinen-Hersteller Manroland. Doch die Digitalisierung schadete dem Markt. 2011 wurde das Unternehmen zahlungsunfähig. Standorte mussten schließen - in Augsburg selbst stieg aber die Lübecker Possehl-Gruppe ein. Heute heißt die Firma Manroland Websystems.

    2010 Böwe Systec: Der Augsburger Maschinenhersteller Böwe Systec geriet 2010 gleich in zwei Insolvenzen. Das Unternehmen hatte sich bei Zukäufen übernommen. Wie später bei Manroland sprang die Possehl-Gruppe ein. Allerdings verlor die Hälfte der einst 800 Mitarbeiter ihren Job.

    2009 Trevira: Nach der Zahlungsunfähigkeit im Jahr 2009 läuft es wieder besser für den Bobinger Faserhersteller Trevira. Das Unternehmen ist nun vollständig Teil des thailändischen Mutterkonzerns Indorama Ventures PCL (IVL). Die Zahl der Mitarbeiter ist seit 2011 von 1350 auf 1100 gesunken, in Bobingen von 600 auf 460.

    2004 Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS): Die Augsburger Kammgarn-Spinnerei gehörte einmal zu den Großen auf dem Markt. Das Unternehmen hatte vor dem Zweiten Weltkrieg 2400 Mitarbeiter und in den 1990er-Jahren immerhin noch 900. Mit der zunehmenden Konkurrenz aus den Billiglohnländern konnte das Unternehmen aber nicht mithalten: 2004 musste es schließen.

    2005 Walter Bau-AG: Die Augsburger Walter Bau-AG war eines der größten Bauunternehmen Europas und hatte zu seinen Glanzzeiten etwa 50.000 Mitarbeiter. Doch 2005 musste die Firma Insolvenz anmelden und schließen. Gründer Ignaz Walter wirft der Deutschen Bank vor, am Niedergang seines Unternehmens mitverantwortlich zu sein.

    2005 Ibex: Das Affinger IT-Unternehmen Ibex ging 2005 unter. Obwohl es einst einen Jahresumsatz von 122 Millionen Euro vorweisen konnte, war die Firma nach einer zweiten Pleite nicht mehr zu retten. 80 Mitarbeiter verloren ihren Job.

    2005 Kieser: Neben Walter Bau und Ibex wurde 2005 auch die Neusässer Großdruckerei Kieser zahlungsunfähig. 130 Mitarbeiter waren betroffen. Am Ende übernahm ein österreichisches Unternehmen einen Teil der Firma und der Mitarbeiter.

    2004 Washtec: Der Waschanlagenhersteller baute 2004 180 Stellen ab. Im Jahr 2015 konnte das Unternehmen allerdings seinen Gewinn auf über 36 Millionen Euro steigern. Auch 2016 konnte Washtec ein erfolgreiches Jahr verbuchen.

    Und noch einmal: Was ist die Investorenvereinbarung noch wert, wenn jetzt doch Arbeitsplätze abgebaut werden? Wer soll dann noch Vertrauen in die Chinesen haben?

    Leppek: Noch einmal: Die Investorenvereinbarung garantiert, dass der chinesische Investor etwa keinen Einfluss auf den Kuka-Vorstand in Augsburg ausübt, Arbeitsplätze abzubauen.

    Aber genau das scheint doch passiert zu sein. Es wäre doch weltfremd zu glauben, die deutschen Kuka-Manager würden hier frei von Druck des asiatischen Investors handeln.

    Leppek: Die Kuka-Manager treffen unabhängige Entscheidungen, wie auch Ex-Konzern-Chef Till Reuter einst den Abbau von rund 250 Arbeitsplätzen im Anlagenbau verkündet hat, nachdem es dort wirtschaftliche Schwierigkeiten gab. Und heute sieht sich der Konzern eben wieder wirtschaftlichen Problemen ausgesetzt. Aber eines muss auch klar sein: Wenn Kuka jetzt Stellen streicht, werden wir uns dafür einsetzen, dass immer Alternativen geprüft werden, wenn ein Arbeitsplatz wegfallen soll. Es kann nicht sein, dass in einigen Bereichen bei Kuka immer noch kräftig Überstunden gemacht werden und anderweitig Stellen wegfallen. Wir haben hier schon erfolgreich Druck gemacht. De facto gibt es einen Einstellungsstopp bei Kuka. Das ist ein erstes wichtiges Signal. Sonst versteht keiner, dass Menschen gehen müssen. Ich bin aber überzeugt, dass wir das alles sozial verträglich über die Bühne bringen.

    Wie geht es mit dem größten Kuka-Standort in Augsburg weiter? Bleibt es beim Investitionsprogramm von gut 100 Millionen Euro? Wird der Kuka-Tower, der rund 80 Meter hoch werden soll, noch gebaut?

    Leppek: Der Augsburger Standort ist derzeit eine einzige Baustelle. Es entstehen neue Büros und Produktionsflächen. Ob aber ein Prestigeprojekt wie ein solcher Kuka-Tower notwendig ist, weiß ich nicht. Wichtig ist zunächst mal, dass Kukaner, die seit Jahren in Containern arbeiten, richtige Büros bekommen. Es bleibt bei den Investitionen von gut 100 Millionen Euro für Augsburg. Midea hält am Standort Augsburg und dem Sitz der Firma in der Stadt fest. Und Augsburg bleibt ein Produktionsstandort.

    Wie lässt sich als Lehre aus dem Fall Kuka verhindern, dass deutsche Hightech-Betriebe von chinesischen Investoren übernommen werden?

    Leppek: Ich plädiere für einen Staats-Hochtechnologie-Fonds. Er könnte aus zwei Bestandteilen bestehen, einem Fonds, in den der Staat und andere Anleger wie Unternehmer Geld einbringen. Aus diesen Mitteln wiederum würden dann Investments in Hightech-Unternehmen getätigt, sodass sie von vorneherein vor feindlichen Übernahmen geschützt werden. Und dann bräuchten wir noch einen solchen Notfallfonds, der als weißer Ritter einspringt, wenn ein Investor etwa aus China eine feindliche Attacke gegen ein deutsches Unternehmen fährt. Hätte es das damals schon gegeben, wäre Kuka in heimischen Händen geblieben. So ein Deutschlandfonds ist dringend notwendig. Natürlich sollte der Staat nicht auf Dauer bei solchen Firmen engagiert bleiben. Nach einem bestimmten Zeitraum muss er wieder aussteigen.

    Zur Person: Michael Leppek, 48, ist seit 2013 Augsburger IG-Metall-Chef. Er war zuvor in München für die Gewerkschaft tätig. Leppek ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bis vor kurzem fuhr der ausgebildete Rettungsassistent noch Einsätze. Nun ist er zur Freiwilligen Feuerwehr in seinem Wohnort Leitershofen bei Augsburg gewechselt. Dort engagiert sich der IG-Metall-Mann nebenberuflich ehrenamtlich. Leppek gehört neben dem Kuka-Aufsichtsrat auch den Kontrollgremien von Airbus Helicopters und MAN Energy Solutions an.

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