Der bayerische Maschinenbau-Unternehmer Burkhart Grob ist im Mai vergangenen Jahres im Alter von 90 Jahren gestorben. Er hat in Mindelheim einen weltweit tätigen Automobilzulieferer aufgebaut. Grob beliefert alle großen Autohersteller mit Maschinen. Nach dem Tod des Patriarchen gaben uns die beiden Manager, die heute maßgeblich die Geschicke des Unternehmens lenken, ein Interview. Der eine, German Wankmiller, ist Vorsitzender der Geschäftsführung. Der andere, Christian Grob, steht als Sohn von Burkhart Grob dem Aufsichtsrat vor.
Herr Grob, mit dem Tod Ihres Vaters ist eine Ära zu Ende gegangen. Burkhart Grob hat eine Weltfirma am Standort Mindelheim aufgebaut, die jetzt seit 91 Jahren besteht. Wem gehört das Unternehmen heute?
Christian Grob: Wir haben alles auf eine langfristig gute Entwicklung ausgerichtet. Deshalb haben wir bewusst eine Generation übersprungen. Mein Sohn Florian ist alleiniger Inhaber der Firma. Vorher war es Burkhart Grob.
Warum haben Sie diesen ungewöhnlichen Schritt gemacht?
Grob: Mein Vater hat als Inhaber die Firma unternehmerisch geprägt. Mit diesem Schritt wurde klar die zukünftige Struktur als Familienunternehmen festgelegt. Heute sind wir so organisiert: Wir haben eine Geschäftsführung für das tägliche Geschäft und wir haben den Aufsichtsrat, dessen Vorsitz ich übernommen habe. In diesem Gremium sind auch meine Mutter und zwei externe Mitglieder vertreten. Und dann gibt es die Eigentümerseite. Mein Sohn wächst sukzessive in die Führungsrolle hinein. Er wird jetzt 20 Jahre alt und studiert Maschinenbau in München.
Wessen Wunsch war diese Form der Unternehmensnachfolge?
Grob: Es war die Vision meines Vaters, die Nachfolge so zu regeln. Das hat den Vorteil, dass wir uns nur einmal – und zwar heute – mit der Thematik Erbschaftssteuer befassen müssen. Wir haben dann hoffentlich 60 Jahre mit dem Thema Ruhe. Wir wenden das Lohnsummenverfahren an. Wenn die Lohnsumme der Beschäftigten in den nächsten sieben Jahren einen gewissen Wert nicht unterschreitet, dann zahlen wir keine Erbschaftssteuer. So lässt sich das Unternehmen langfristig finanziell gut in die Zukunft führen.
Wirkt sich die Erbschaftssteuer für Familienbetriebe wirklich so belastend aus?
Grob: Sie müssen sich vorstellen, wenn wir 30 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssten, kann das sehr schnell an die Substanz des Unternehmens gehen. Da brauchen sie schnell mehrere hundert Millionen Euro.
Sie beschäftigen allein am Standort Mindelheim 4500 Menschen. Sie gehören damit zu den größten Firmen in Bayerisch-Schwaben. Wie blicken Sie auf das Erreichte zurück?
Grob: Wir sind mächtig stolz darauf, dass wir so ein Wachstum geschaffen und für die Region eine solche Bedeutung haben. Für uns stellt das aber auch eine Verpflichtung dar. Vor fünf Jahren hatten wir 2200 Beschäftigte, heute sind es mehr als doppelt so viele. Und vor fünf Jahren hatten wir einen Umsatz von 400 Millionen Euro. Jetzt sind es 1,3 Milliarden. Wir haben jedes Jahr zwischen 60 und 80 Millionen Euro investiert.
German Wankmiller: In dieser Zeit haben wir in China auch ein komplettes Produktionswerk mit fast 600 Mitarbeitern aufgebaut.
Dennoch geht die deutsche Wirtschaft unruhigeren Zeiten entgegen. Flüchtlings- und Eurokrise, Terror, Kriege, aber auch noch Trump, der wenig von Freihandel hält. Wie groß sind Ihre Sorgen?
Grob: Eine gewisse Sorge gibt es schon. Wir gehen jedoch optimistisch an die Herausforderungen heran. Wir müssen uns flexibel für die Zukunft aufstellen. Mit Produktionswerken sind wir auf allen Kontinenten sehr gut vertreten. In den USA, wo mehr amerikanische Produkte gekauft werden sollen, verfügen wir über ein eigenes Werk.
Doch sind die Arbeitsplätze in Mindelheim sicher, wenn sich Amerika stärker abschottet?
Grob: Aus der heutigen Perspektive sehen wir keine Gefahr für die Arbeitsplätze.
Wankmiller: Wir haben uns international so aufgestellt, dass wir nicht von einem einzigen großen Markt abhängig sind. Wir stehen natürlich immer unter der Anspannung, unsere großen Kunden bestmöglich zu versorgen. Vor Jahren waren wir noch sehr auf Deutschland und Europa ausgerichtet. Inzwischen agieren wir in Indien genauso wie in China und auf neuen asiatischen Märkten.
Sie könnten also auf dem wichtigen asiatischen Wachstumsmarkt eine Delle im US-Geschäft wegstecken?
Grob: Wir hatten über die Jahre immer einen Drittel-Mix. Ein Drittel des Umsatzes machen wir in Amerika, ein Drittel in Europa und ein Drittel in Asien. Wir sind so erfolgreich, weil wir so global aufgestellt sind. Wären wir nur in Deutschland aktiv, hätten wir definitiv ein Problem.
Noch einmal: Wie wirkt sich Trump auf Ihr Geschäft aus?
Wankmiller: Trump und die USA haben bisher null Auswirkungen auf unser Geschäft. Es kann sogar sein, dass der US-Markt für uns noch besser wird. Die Elektromobilität beeinflusst uns viel mehr als die Politik.
Das Auto wird jetzt zum Teil neu erfunden. Das gleicht einer Revolution. Fahrzeuge werden digitalisiert, automatisiert und elektrifiziert. Hinzu kommt das autonome Fahren. Was heißt das für einen Automobilzulieferer wie Grob?
Wankmiller: Wegen alldem sind Autofirmen derzeit erheblich unter Stress. Es passiert so viel Neues. Die Jahre davor gab es Verbesserungen, was Optik und Leistung betrifft. Jetzt ist alles infrage gestellt.
Welche Herausforderungen müssen Sie nun als Zulieferer bewältigen?
Grob: Wir sind Vorzugslieferant bei allen großen Automobilherstellern, also auch bei den US-Anbietern General Motors und Ford. Wir werden das auch in Zukunft sein. Wir werden den Wandel in der Automobilindustrie klar mitgehen. So haben wir jetzt die italienische Firma DMG meccanica übernommen, die spezielles Wissen über die Wickeltechnik von Elektromotoren mitbringt. Parallel entwickeln wir neue Technologien auch im eigenen Haus.
Wankmiller: Der Antriebsstrang des Autos wird komplett neu entwickelt. Jetzt kommen Hybridantriebe und reine Elektroantriebe hinzu. Wir entwickeln neue Maschinen, mit denen diese Motoren der Zukunft gebaut werden können. Unsere Entwicklungsabteilung ist immens gewachsen, von rund 40 auf fast 120 Entwickler. Die Abteilung beschäftigt sich auch mit der Batterie- und Brennstoffzellentechnik.
Die Deutschen freunden sich erst zögerlich mit Elektro-Autos an. Experten gehen davon aus, dass sich der Wandel hin zur Elektromobilität langsamer als gedacht vollzieht. Was bedeutet das für Grob?
Wankmiller: Wir stehen zum Glück auf vier Standbeinen, was uns Sicherheit gibt. Wir bauen große Anlagen für die Automobilindustrie. Dann haben wir die Montagetechnik. Was bearbeitet wurde, muss ja auch montiert werden. Hinzu kommt jetzt als drittes Standbein die Elektromobilität. Und dann gibt es ja noch unsere Universalmaschinen. Mit ihnen lassen sich Werkstücke in der Flugzeugindustrie über den Maschinenbau bis hin zur Medizintechnik herstellen.
Dennoch: Bringt die Elektromobilität für Zulieferer mehr Geschäft oder gefährdet sie Arbeitsplätze, weil ja der Antrieb der Stromfahrzeuge deutlich weniger Bauteile erfordert?
Wankmiller: Wir glauben, dass uns die Elektromobilität zusätzliches Geschäft bringt. Und wir glauben nicht, dass dadurch Arbeitsplätze wegfallen.
Grob: Weltweit werden künftig weiter mehr Autos verkauft. Dazu leistet die E-Mobilität sicher einen wichtigen Beitrag. Der konventionelle Antriebsstrang wird zwar etwas an Bedeutung verlieren. Es wird aber keinen rapiden Absturz geben.
Sie haben also keine Angst vor diesem technologischen Wandel?
Wankmiller: Die auf alte Technologie setzende Autoindustrie sieht natürlich die Gefahr, dass Arbeitsplätze wegfallen. Die werden auch verloren gehen. Wir sind aber eher ein Nutznießer, weil wir Maschinen für die Herstellung aller Autos bauen. Wir sind ein High-Tech-Unternehmen.
Wie viele Ingenieure arbeiten am Standort Mindelheim?
Grob: Etwas über 700. Unsere Ingenieure kommen teilweise auch aus den eigenen Reihen. Wir haben einen großen Ausbildungsbereich. So schaffen wir es trotz des Fachkräftemangels ausreichend Experten in Mindelheim zu binden.
Wankmiller: Und wir arbeiten hier eng mit den Hochschulen und Universitäten in Ulm, Kempten, Augsburg und München zusammen.
Wie sind Sie mit dem Standort Mindelheim zufrieden?
Grob: Mindelheim bietet eine super Infrastruktur. Wir verfügen über eine hervorragende Anbindung an die A96. Das Unterallgäu besticht durch hervorragende Lebensqualität. Die Region gehört zu den sichersten Gebieten in Deutschland. Das wissen viele Menschen zu schätzen. Das einzige Problem ist die Wohnungsnot. Da ist unser Bürgermeister aber sehraktiv.
Wie viel Gewinn macht Grob?
Grob: Dazu machen wir keine Angaben. Wir sind aber sehr gut unterwegs. Unsere Philosophie ist es, die Gewinne zu reinvestieren. So war es unter Burkhart Grob und so bleibt es. Wir müssen aber aufpassen. Der Wettbewerb ist hart.
Wankmiller: Heute sitzen unsere stärksten Wettbewerber in Deutschland, Japan und Südkorea. Die neuen Wettbewerber kommen jedoch aus China.
Bleibt Grob auch künftig unabhängig?
Grob: Wir bleiben ein Familien-Unternehmen. So sind wir anders als Aktiengesellschaften nicht quartalsgetrieben. Wir werden immer bodenständig sein. Wir sind also für unsere Mitarbeiter täglich als Vertreter der Familie greifbar.
Fehlt Burkhart Grob manchmal?
Grob: Ja, natürlich. Wir können uns glücklich schätzen, dass er mit 90 Jahren ein so hohes Alter erreicht hat und uns bis kurz vor seinem Tod begleiten konnte.
Wankmiller: Wir denken oft an ihn mit Respekt und Anerkennung.
Burkhart Grob war ja ein genialer Entwickler. Hinterlässt er eine Lücke?
Grob: Er hat die Entwickler gut auf den Tag seines Todes vorbereitet. Mit der Mannschaft, die wir jetzt an Bord haben, können wir die neuen Herausforderungen meistern. Wir haben hervorragende Leute in allen Bereichen.