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Insolvenz: Wie geht es mit Weltbild weiter?

Insolvenz

Wie geht es mit Weltbild weiter?

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    Die Solidarität mit den Beschäftigten der insolventen Verlagsgruppe Weltbild ist groß. Im Internet findet die Facebook-Gruppe „Wir sind alle Weltbild“ hunderte Unterstützer. Und Anfang Februar hatte bereits Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer den Beschäftigten Hilfe versprochen. Um hier die Lage auszuloten, findet heute ein weiteres Treffen bei der Staatsregierung in München statt. Teilnehmer sind Vertreter des Arbeitsministeriums von Emilia Müller, des Wirtschaftsministeriums von Ilse Aigner, des Betriebsrats und der Gewerkschaft Verdi.

    Trennung von Weltbild und Hugendubel steigert Chance auf Rettung

    In der Staatsregierung geht man davon aus, dass mit der kürzlich erfolgten Trennung von Weltbild und Hugendubel die Chance auf Rettung steigt. „Die Trennung war ein wichtiger Schritt, mit dem Klarheit für alle Beteiligten geschaffen wurde“, sagt CSU-Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer. „Beide Unternehmen können sich jetzt auf die Bewältigung der vor ihnen liegenden Herausforderungen konzentrieren“, sagt er. „Für Weltbild wird es insbesondere darum gehen, ein Zukunftskonzept zu entwickeln und einen geeigneten Investor zu finden.“ Die Staatsregierung hält sich aber bedeckt, an welche Art von Hilfe gedacht ist. In der Vergangenheit ist spekuliert worden, ob die Zukunft der Verlagsgruppe nicht mit Bürgschaften oder einer Unterstützung durch die staatliche Förderbank LfA abgesichert werden könnte.

    Einschnitte, um Weltbild attraktiver zu machen

    Der Niedergang von Weltbild

    Mit Pornoliteratur fing vor knapp zweieinhalb Jahren der Niedergang des Weltbild-Verlages an.

    Dass ausgerechnet ein von der katholischen Kirche getragenes Medienunternehmen Geld mit Erotikangeboten oder Esoterikbüchern macht, sorgte für Schlagzeilen und stürzte die Augsburger Verlagsgruppe in die Krise.

    Seitdem hat sich Weltbild nicht mehr erholt. Der Insolvenzantrag ist der vorläufige traurige Höhepunkt der Entwicklung bei dem Konzern mit mehr als 6000 Beschäftigten und etwa eineinhalb Milliarden Euro Umsatz.

    Als im Oktober 2011 das Erotikangebot bei Weltbild bekannt wurde, trat zunächst der von der Kirche entsandte Aufsichtsratsvorsitzende zurück. Dann preschte der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor und verlangte eine Trennung von Weltbild.

    Seitdem wurde breit darüber diskutiert, wie sich die Diözesen von Weltbild trennen können. Eine Stiftung war im Gespräch, eine Lösung gab es nicht. Die Beschäftigten appellierten dabei immer wieder an die soziale Verantwortung der Bischöfe.

    Doch nicht nur der Wirbel um Buchtitel wie "Zur Sünde verführt" oder "Das neue Kamasutra" setzte dem Unternehmen zu. Im Wettbewerb mit Online-Gigant Amazon hatten es die Augsburger zunehmend schwer mit ihrem eher klassischen Katalog-Versandhandel.

    Seinen stationären Buchhandel hatte Weltbild im Jahr 2007 mit der Familie Hugendubel zusammengelegt. Das damals gegründete Gemeinschaftsunternehmen betreibt seitdem die Filialen unter etlichen Markennamen wie "Hugendubel", "Weltbild plus", "Jokers" sowie die Karstadt-Buchabteilungen.

    Dass die angeschlagene Verlagsgruppe zuletzt ihre zweiköpfige Geschäftsführung extra um den Sanierungsexperten Josef Schultheis erweiterte, konnte Weltbild nicht mehr retten. Er sollte den Umbau des Hauses in Richtung digitalem Handel beschleunigen.

    Möglicherweise kam dieser Schritt zu spät: Obwohl Weltbild im Weihnachtsgeschäft sogar etwas über dem Plan lag, musste das Unternehmen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (30. Juni) Einbußen bei Umsatz und Ergebnis verbuchen.

    "Das auch für die nächsten drei Jahre erwartete geringere Umsatzniveau verdoppelt den Finanzierungsbedarf bis zur Sanierung", begründete das Unternehmen den Insolvenzantrag.

    Die Gewerkschaft Verdi warf der Kirche umgehend vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

    Erst im Oktober wurde bekannt, dass Weltbild in Augsburg ihren Kundendienst auslagern will - 140 Mitarbeiter sind davon betroffen. Doch weitere konkrete Zahlen und detaillierte Planungen zur Sanierung waren seit jeher von Weltbild kaum zu erfahren. Denn was Transparenz anging, operierte das Unternehmen ähnlich verschwiegen wie der große Konkurrent Amazon.

    Dafür aber muss bereits ein Investor in den Startlöchern stehen. Um Weltbild attraktiv zu machen, werden harte Einschnitte nicht ausbleiben. Daran hegen Beobachter keinen Zweifel. Auch der Staat wird nicht für die Bewältigung vergangener Fehler einspringen, sondern nur für eine Zukunftslösung. Beobachter rechnen mit einer Schließung unrentabler Filialen, der Aufgabe unrentabler Geschäftsfelder und der Straffung des Personals. Dass von den rund 2200 Mitarbeitern in Augsburg und den rund 1400 Beschäftigten in den Weltbild-Plus-Filialen alle bleiben können, sei „unwahrscheinlich“, heißt es an anderer Stelle. Diese Pille werde noch „bitter“.

    Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erwartet die ersten Angebote für Weltbild

    Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erwartet für die Verlagsgruppe Weltbild derzeit die ersten Angebote. Er wird sie sichten, bewerten und Gespräche mit Interessenten beginnen. Wesentlicher Stichtag ist der 31. März. Dann läuft die Zahlung des Insolvenzgeldes aus. Bereits im März könnten deshalb Entscheidungen fallen, wie Weltbild saniert wird. Ein kürzlich erstelltes Investorenkonzept des Beratungsunternehmens Roland Berger ist aber offenbar nicht unumstritten. Bevor es zum Umbau kommt, muss Geiwitz mit dem Betriebsrat einen Sozialplan abstimmen. Im April könnte dann bereits eine Transfergesellschaft ihre Arbeit aufnehmen. Auch dafür hat die Kirche einen Teil ihrer versprochenen Hilfe von 65 Millionen Euro bereitgestellt.

    Ziel: Investor finden, der Weltbild als Ganzes erhält

    Und wo könnte der Staat noch helfen? Gewerkschaft und Betriebsrat bemühen sich gerade, zeitlichen Druck vom Insolvenzverwalter zu nehmen. „Wir wollen die Phase der Investorenfindung verlängern“, sagt Verdi-Betriebsgruppensprecher Timm Boßmann. Ziel müsse es sein, einen Investor zu finden, der Weltbild als Ganzes erhält. Einer einfachen Rechnung zufolge könnten mit 24 Millionen Euro die Gehälter weitere drei Monate gezahlt werden. Zum anderen ist Hilfe für entlassene Mitarbeiter denkbar, zum Beispiel über den Europäischen Sozialfonds.

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