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Insolvenz: Weltbild bleibt als Ganzes erhalten - Übernahme durch Paragon im Mai

Insolvenz

Weltbild bleibt als Ganzes erhalten - Übernahme durch Paragon im Mai

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    Die insolvente Verlagsgruppe Weltbild soll als Ganzes erhalten und weitergeführt werden. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und der Münchner Finanzinvestor Paragon Partners GmbH hätten einen entsprechenden Vorvertrag unterzeichnet, hieß es am Montag. Demnach werden sämtliche Betriebsteile, also auch das Filialgeschäft sowie die Auslandsgesellschaften in Österreich und der Schweiz, in eine neue Gesellschaft überführt.

    Paragon soll im Rahmen einer Kapitalerhöhung die bislang von der katholischen Kirche getragene Verlagsgruppe inklusive der Buchläden und der Auslandstöchter übernehmen. Das Geschäft soll noch im Laufe dieses Monats abgewickelt werden.

    Insgesamt gehen etwas mehr als 50 Prozent der Unternehmensanteile an den Münchner Investor. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz bleibt, stellvertretend für die Gläubiger der Verlagsgruppe, als Minderheitsgesellschafter beteiligt. Er hält dementsprechend etwas weniger als die Hälfte der Anteile.

    Geweitz: "Freue mich für die Weltbild-Mitarbeiter"

    Gemeinsam wolle man die Sanierung des Konzerns voranbringen und Weltbild wieder auf einen stabilen Kurs zurückführen, sagte Geiwitz bei der Betriebsversammlung am Montag in Augsburg. „Wenn ein Unternehmen einen gesunden Kern hat, muss der Erhalt und die Sanierung oberste Priorität haben.“ Bei Weltbild sei dies gegeben. „Ich freue mich deshalb vor allem für die Weltbild-Mitarbeiter".

    Details zum Betriebsübergang und zu einem Fortführungskonzepts würden derzeit noch ausgearbeitet, so Geiwitz. Er machte jedoch deutlich, dass Wachstumschancen vor allem im Onlinegeschäft gesehen werden.

    Paragon auf Übernahmen spezialisiert

    Paragon gehört den drei Geschäftsführern und ist seit einem Jahrzehnt auf die Übernahme von mittelständischen Unternehmen im deutschsprachigen Raum spezialisiert. Die beiden derzeit größten Beteiligungen sind die der Nutzfahrzeug-Ersatzteilhändler Europart mit rund 1500 Mitarbeitern und 450 Millionen Euro Jahresumsatz sowie die Motorradzubehör-Kette Polo mit 800 Mitarbeitern in 100 Filialen und 105 Millionen Euro Umsatz.

    Der Niedergang von Weltbild

    Mit Pornoliteratur fing vor knapp zweieinhalb Jahren der Niedergang des Weltbild-Verlages an.

    Dass ausgerechnet ein von der katholischen Kirche getragenes Medienunternehmen Geld mit Erotikangeboten oder Esoterikbüchern macht, sorgte für Schlagzeilen und stürzte die Augsburger Verlagsgruppe in die Krise.

    Seitdem hat sich Weltbild nicht mehr erholt. Der Insolvenzantrag ist der vorläufige traurige Höhepunkt der Entwicklung bei dem Konzern mit mehr als 6000 Beschäftigten und etwa eineinhalb Milliarden Euro Umsatz.

    Als im Oktober 2011 das Erotikangebot bei Weltbild bekannt wurde, trat zunächst der von der Kirche entsandte Aufsichtsratsvorsitzende zurück. Dann preschte der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor und verlangte eine Trennung von Weltbild.

    Seitdem wurde breit darüber diskutiert, wie sich die Diözesen von Weltbild trennen können. Eine Stiftung war im Gespräch, eine Lösung gab es nicht. Die Beschäftigten appellierten dabei immer wieder an die soziale Verantwortung der Bischöfe.

    Doch nicht nur der Wirbel um Buchtitel wie "Zur Sünde verführt" oder "Das neue Kamasutra" setzte dem Unternehmen zu. Im Wettbewerb mit Online-Gigant Amazon hatten es die Augsburger zunehmend schwer mit ihrem eher klassischen Katalog-Versandhandel.

    Seinen stationären Buchhandel hatte Weltbild im Jahr 2007 mit der Familie Hugendubel zusammengelegt. Das damals gegründete Gemeinschaftsunternehmen betreibt seitdem die Filialen unter etlichen Markennamen wie "Hugendubel", "Weltbild plus", "Jokers" sowie die Karstadt-Buchabteilungen.

    Dass die angeschlagene Verlagsgruppe zuletzt ihre zweiköpfige Geschäftsführung extra um den Sanierungsexperten Josef Schultheis erweiterte, konnte Weltbild nicht mehr retten. Er sollte den Umbau des Hauses in Richtung digitalem Handel beschleunigen.

    Möglicherweise kam dieser Schritt zu spät: Obwohl Weltbild im Weihnachtsgeschäft sogar etwas über dem Plan lag, musste das Unternehmen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (30. Juni) Einbußen bei Umsatz und Ergebnis verbuchen.

    "Das auch für die nächsten drei Jahre erwartete geringere Umsatzniveau verdoppelt den Finanzierungsbedarf bis zur Sanierung", begründete das Unternehmen den Insolvenzantrag.

    Die Gewerkschaft Verdi warf der Kirche umgehend vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

    Erst im Oktober wurde bekannt, dass Weltbild in Augsburg ihren Kundendienst auslagern will - 140 Mitarbeiter sind davon betroffen. Doch weitere konkrete Zahlen und detaillierte Planungen zur Sanierung waren seit jeher von Weltbild kaum zu erfahren. Denn was Transparenz anging, operierte das Unternehmen ähnlich verschwiegen wie der große Konkurrent Amazon.

    In den vergangenen Wochen hatte Insolvenzverwalter Geiwitz die Mitarbeiterzahl bei Weltbild bereits für einen Verkauf massiv reduziert. Bei der Konzernmutter und der Filialtochter waren 875 Beschäftigte in Auffanggesellschaften gewechselt.

    Etwas mehr als 2000 Mitarbeiter verbleiben bei den zwei Unternehmen, etwa jedes vierte der 220 Weltbild-Geschäfte soll in den nächsten Monaten geschlossen werden. Zudem gehören weitere Töchter in Österreich und der Schweiz sowie der Internet-Händler buecher.de zu Weltbild, die bislang nicht direkt von der Insolvenz betroffen waren.

    Seehofer erfreut über Weltbild-Übernahme durch Münchner Investor

    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) reagierte indes erfreut auf die angekündigte Übernahme. "Das stimmt zuversichtlich, wenngleich für den Insolvenzverwalter und alle Beteiligten noch eine Menge zu tun ist", sagte Seehofer am Montag in München. Dies sei ein "positives Signal". Die Staatsregierung bleibe aber weiter dran, um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

    Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte: "Das ist eine richtig gute Nachricht. Ich freue mich, dass Weltbild nun als Ganzes erhalten bleibt und das Unternehmen die Chance hat zu zeigen, was in ihm steckt." Ähnlich äußerte sich Arbeitsministerin Emilia Müller (CSU): "Der Einstieg des Investors und die Fortführung sämtlicher Betriebsteile unter einem Dach bieten für das Unternehmen und seine Mitarbeiter eine gute Perspektive."

    SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher betonte, dass er die katholische Kirche "als bisherigen Weltbild-Eigner weiter in der Pflicht" sehe. Paragon will noch im Mai den katholischen Weltbild-Konzern mehrheitlich übernehmen, ein Vorvertrag wurde bereits geschlossen. drs, dpa

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