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Insolvenz: Weltbild-Mitarbeiter sollen Fürbitten an die Bischöfe schreiben

Insolvenz

Weltbild-Mitarbeiter sollen Fürbitten an die Bischöfe schreiben

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    Die Mitarbeiter der insolventen Augsburger Verlagsgruppe Weltbild kämpfen für ihr Unternehmen. Zusammen mit der Gewerkschaft Verdi will man erreichen, dass die Kirche Verantwortung für die 6300 Mitarbeiter übernimmt – davon allein 2200 in Augsburg.

    Verdi fordert die Weltbild-Mitarbeiter jetzt auf, per E-Mail „Fürbitten“ an die Bischöfe zu schicken, deren Bistümer an Weltbild beteiligt sind. Man möchte den Weltbild-Beschäftigten „die Gelegenheit geben, selbst das Wort an die verantwortlichen Bischöfe zu richten“, heißt es auf der Verdi-Homepage, wo die Vorlagen für die „

    Mitarbeiter und Gewerkschaft bitten die Bischöfe, „jetzt Verantwortung zu übernehmen für die Menschen, die sich ihr als Arbeitnehmer anvertraut haben“.

    Die Fürbitten spiegeln die Verunsicherung wider

    Andere Fürbitten spiegeln die Verunsicherung wider, die seit der Insolvenz-Nachricht bei Weltbild herrscht. „Wir bitten für die verzweifelten Menschen bei Weltbild in Augsburg, die nicht wissen, wie es jetzt mit ihnen weitergeht“, heißt es beispielsweise. Und weiter: „Wir bitten für ihre Familien, besonders für die Kinder, die nicht verstehen, warum Mutter und Vater so niedergeschlagen sind. Wir bitten für all jene, die durch Sorge krank geworden sind und nun keine Kraft mehr haben, ihren Alltag zu leben.“

    Verdi weist darauf hin, man könne „ein paar persönliche Worte an Ihren Bischof hinzufügen“ und die Texte an Freunde und Bekannte weiterleiten.  

    Betriebsrat und Gewerkschaft hatten am Freitag ein Bündel an Aktionen angekündigt, mit denen die Weltbild-Beschäftigten auf ihre Interessen aufmerksam machen wollen.

    Der Niedergang von Weltbild

    Mit Pornoliteratur fing vor knapp zweieinhalb Jahren der Niedergang des Weltbild-Verlages an.

    Dass ausgerechnet ein von der katholischen Kirche getragenes Medienunternehmen Geld mit Erotikangeboten oder Esoterikbüchern macht, sorgte für Schlagzeilen und stürzte die Augsburger Verlagsgruppe in die Krise.

    Seitdem hat sich Weltbild nicht mehr erholt. Der Insolvenzantrag ist der vorläufige traurige Höhepunkt der Entwicklung bei dem Konzern mit mehr als 6000 Beschäftigten und etwa eineinhalb Milliarden Euro Umsatz.

    Als im Oktober 2011 das Erotikangebot bei Weltbild bekannt wurde, trat zunächst der von der Kirche entsandte Aufsichtsratsvorsitzende zurück. Dann preschte der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor und verlangte eine Trennung von Weltbild.

    Seitdem wurde breit darüber diskutiert, wie sich die Diözesen von Weltbild trennen können. Eine Stiftung war im Gespräch, eine Lösung gab es nicht. Die Beschäftigten appellierten dabei immer wieder an die soziale Verantwortung der Bischöfe.

    Doch nicht nur der Wirbel um Buchtitel wie "Zur Sünde verführt" oder "Das neue Kamasutra" setzte dem Unternehmen zu. Im Wettbewerb mit Online-Gigant Amazon hatten es die Augsburger zunehmend schwer mit ihrem eher klassischen Katalog-Versandhandel.

    Seinen stationären Buchhandel hatte Weltbild im Jahr 2007 mit der Familie Hugendubel zusammengelegt. Das damals gegründete Gemeinschaftsunternehmen betreibt seitdem die Filialen unter etlichen Markennamen wie "Hugendubel", "Weltbild plus", "Jokers" sowie die Karstadt-Buchabteilungen.

    Dass die angeschlagene Verlagsgruppe zuletzt ihre zweiköpfige Geschäftsführung extra um den Sanierungsexperten Josef Schultheis erweiterte, konnte Weltbild nicht mehr retten. Er sollte den Umbau des Hauses in Richtung digitalem Handel beschleunigen.

    Möglicherweise kam dieser Schritt zu spät: Obwohl Weltbild im Weihnachtsgeschäft sogar etwas über dem Plan lag, musste das Unternehmen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (30. Juni) Einbußen bei Umsatz und Ergebnis verbuchen.

    "Das auch für die nächsten drei Jahre erwartete geringere Umsatzniveau verdoppelt den Finanzierungsbedarf bis zur Sanierung", begründete das Unternehmen den Insolvenzantrag.

    Die Gewerkschaft Verdi warf der Kirche umgehend vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

    Erst im Oktober wurde bekannt, dass Weltbild in Augsburg ihren Kundendienst auslagern will - 140 Mitarbeiter sind davon betroffen. Doch weitere konkrete Zahlen und detaillierte Planungen zur Sanierung waren seit jeher von Weltbild kaum zu erfahren. Denn was Transparenz anging, operierte das Unternehmen ähnlich verschwiegen wie der große Konkurrent Amazon.

    Die Verlagsgruppe Weltbild hatte am 10. Januar Insolvenz angemeldet, nachdem die 14 katholischen Eigentümer keine zusätzlichen Finanzspritzen über die ursprünglich zugesicherten 65 Millionen Euro hinaus bewilligt hatten.

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