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Insolvenz: Ende Oktober fliegt die letzte Air Berlin-Maschine

Insolvenz

Ende Oktober fliegt die letzte Air Berlin-Maschine

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    Air-Berlin-Maschinen auf dem Flughafen in Berlin-Tegel: Ende Oktober wird wohl die letzte Air Berlin-Maschine abheben.
    Air-Berlin-Maschinen auf dem Flughafen in Berlin-Tegel: Ende Oktober wird wohl die letzte Air Berlin-Maschine abheben. Foto: Wolfgang Kumm/Archiv (dpa)

    Die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin wird voraussichtlich Ende Oktober den Flugbetrieb einstellen müssen. Im laufenden Insolvenzverfahren sei ein eigenwirtschaftlicher Flugverkehr unter dem Airline-Code AB "nach gegenwärtigem Erkenntnisstand spätestens ab dem 28. Oktober nicht mehr möglich", heißt es in einem Brief des Unternehmens an seine Mitarbeiter.

    Der Flugverkehr der nicht insolventen Töchter Niki und LG Walter werde weitergeführt. Das gilt nach Air-Berlin-Angaben auch für die 38 Maschinen, die inzwischen für die Lufthansa-Töchter Eurowings und Austrian fliegen.

    Unklar ist, ob und welche AB-Flüge ab 28. Oktober von den neuen Eigentümern übernommen werden. Eine Entscheidung darüber kann es erst nach Abschluss der Verkaufsverhandlungen geben. Die bisher zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Vorerst geht der Flugbetrieb weiter, weil der Bund mit einem Kredit eingesprungen ist.

    Air Berlin verhandelt seit Wochen exklusiv mit der Lufthansa-Gruppe und mit Easyjet über den Verkauf von Teilen der Air Berlin. Die Lufthansa will insgesamt 93 der noch 134 Flugzeuge übernehmen,

    Die Chronologie von Air Berlin

    1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Piloten Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

    1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag.

    1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft

    2004: Einstieg bei der Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda

    2006: Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba

    2007: Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge

    2008: Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, ein erstes Sparprogramm folgt. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

    2011: Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm kommt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

    2012: Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Fluglinie mit Millionen. Ein neues Sparprogramm beginnt.

    2013: Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

    2015: Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

    2016: Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden. 

    2017: Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

    15. August 2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt.

    27. Oktober 2017: Der letzte Flieger von Air Berlin landet in Berlin.

    Über einen Sozialplan für Air-Berlin-Mitarbeiter, die nicht sofort neue Arbeitsplätze bekommen, wurden am Montag erste vorbereitende Gespräche mit dem Betriebsrat geführt. Die Verhandlungen würden sicherlich einige Tage dauern, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi.

    Im Air-Berlin-Konzern gibt es zurzeit rund 6800 Vollzeitstellen, die sich auf etwa 8000 Mitarbeiter verteilen. 900 Stellen bei Niki und 400 Stellen bei LG Walter sind nicht direkt von der Insolvenz betroffen. Etwa 300 Air-Berlin-Mitarbeiter haben laut Unternehmen bereits anderswo eine Anstellung gefunden. An diesem Dienstag wird am Berliner Firmensitz eine Jobmesse stattfinden, auf der große Unternehmen wie Deutsche Bahn und Zalando Arbeitsplätze anbieten wollen.

    Nach Einschätzung der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) haben sich erst sehr wenige Piloten bei anderen Fluggesellschaften beworben. "Wir schätzen, dass von den 1250 Kollegen vielleicht 20 bis 50 diesen Schritt gegangen sind", sagte VC-Sprecher Markus Wahl am Montag.

    Der Betriebsrat wolle bei Sozialplanverhandlungen kollektive Übergangsregeln erreichen, um soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Nur so könne eine "Rosinenpickerei" der aufnehmenden Gesellschaften verhindert werden, die sonst besonders alte, teure oder aufmüpfige Piloten nicht einstellen würden. Die VC wolle beispielsweise erreichen, dass Familienväter und -mütter gegenüber Singles bevorzugt würden. 

    Nicht jeder air Berlin-Beschäftigte hat Chancen bei Eurowings

    Allein die Lufthansa-Gruppe habe bei ihrer Tochter Eurowings bereits über 1000 Stellen ausgeschrieben, heißt es in dem Schreiben der Air-Berlin-Führung. "Wir erwarten weitere Stellenausschreibungen in großer Zahl nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen." Nicht jeder Mitarbeiter von Air Berlin werde jedoch bei den Käufern eine neue Anstellung finden.

    Unterdessen scheint auch der geplante Verkauf der italienischen Krisenairline Alitalia ins Stocken geraten zu sein. Das Unternehmen hatte am Freitag um einen erneuten Staatskredit gebeten, um die Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter bis April 2018 zu sichern. Eigentlich sollte die Frist für verbindliche Angebote für die insolvente Fluggesellschaft am kommenden Montag auslaufen. dpa

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