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Insolvenz: Air Berlin: Niki Lauda warnt vor Dominanz der Lufthansa

Insolvenz

Air Berlin: Niki Lauda warnt vor Dominanz der Lufthansa

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    Wer übernimmt die insolvente Fluggesellschaftt Air Berlin? Niki Lauda warnt vor der Macht, die Lufthansa durch eine Übernahme bekäme.
    Wer übernimmt die insolvente Fluggesellschaftt Air Berlin? Niki Lauda warnt vor der Macht, die Lufthansa durch eine Übernahme bekäme. Foto: Britta Pedersen (dpa) Symbolbild

    Niki Lauda, früherer Rennfahrer, Formel-eins-Experte und Gründer der Air-Berlin-Tochter Niki, hat die Bevorzugung der Lufthansa bei den Verhandlungen über die Zukunft der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin beklagt. Die

    Niki Lauda warnt vor teuren Flügen, falls Lufthansa Air Berlin schluckt

    Air Berlin hatte vor über einer Woche Insolvenz angemeldet, die Bundesregierung sprang dem Unternehmen mit einem Übergangskredit von 150 Millionen Euro zur Seite, das Geld soll einige Monate reichen. Interesse an Air Berlin hat unter anderem die Lufthansa, Berichten zufolge laufen derzeit Verhandlungen über den Verkauf der österreichischen Tochtergesellschaft Niki an Lufthansa.

    Wer um Air Berlins Zukunft ringt

    Nach dem Insolvenzantrag von Air Berlin zeichnet sich ab, dass die Fluggesellschaft von mehreren Konkurrenten übernommen wird. Ganz vorn dabei ist der deutsche Marktführer Lufthansa. Zu den Akteuren gehört ein Leiter des Insolvenzverfahrens und indirekt auch die Bundesregierung. Ein Überblick:

    LUFTHANSA 

    Der umsatzstärkste Luftverkehrskonzern Europas treibt die Übernahme der Air Berlin bereits seit Monaten in Gesprächen mit der Politik und dem Großaktionär Etihad voran. Ein erster Erfolg war die im Januar genehmigte Anmietung und faktische Übernahme von 38 Mittelstrecken-Maschinen, rund ein Viertel der Air-Berlin-Flotte. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will nun mindestens ein weiteres Viertel für seine Billigflieger-Gruppe Eurowings sichern, die zusätzliche Maschinen und Slots für die Mittel- und die Langstrecke sucht. Für sein Ziel, den Billigflieger Ryanair von den größeren deutschen Flughäfen so weit es geht fernzuhalten, muss Spohr aus Wettbewerbsgründen größere Marktanteile anderer Anbieter wie der Easyjet in Kauf nehmen.

    DIE ANDEREN INTERESSENTEN

    Außer der Lufthansa sind nach Angaben von Air Berlin noch zwei weitere Interessenten im Geschäft. Nach dpa-Informationen sind Gespräche mit Easyjet und Tuifly geplant. Der Reiseveranstalter Thomas Cook mit seiner Ferienflugtochter Condor bekundete Interesse an einer "aktiven Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin". Ein Teil der Thomas-Cook-Feriengäste kommt mit Air Berlin ans Ziel.

    ETIHAD

    Der Staatskonzern aus Abu Dhabi ist seit 2012 Großaktionär von Air Berlin mit einem Anteil von 29,2 Prozent. Wenige Tage, nachdem Etihad die Unterstützung entzogen hatte, sah sich Air Berlin zur Insolvenzanmeldung gezwungen. Ein Großteil der Schulden von Air Berlin in Höhe von 1,5 Milliarden Euro dürfte am Partner hängenblieben, der mehrere Kredite gegeben hat. Etihad wehrt sich gegen den Eindruck, Air Berlin im Stich gelassen zu haben. Das Unternehmen habe im April nochmals 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Angesichts der "sich rapide verschlechternden Geschäftsergebnisse und Liquidität" wollte Etihad aber nicht noch mehr Geld in Air Berlin pumpen.

    RYANAIR

    Der Passagier-Europameister Ryanair hat bereits mehr als 300 Flugzeuge und bekommt grob gesagt jedes Jahr 50 neue hinzu, für die in ganz Europa Punkt-zu-Punkt-Strecken gesucht werden. Derzeit gilt das größte Interesse der Iren Deutschland und Italien, wo mit Alitalia und Air Berlin jeweils eine verkehrsreiche Airline in die Insolvenz gegangen ist. Deren Verbindungen würde Ryanair-Chef Michael O'Leary liebend gern übernehmen, die Flugzeuge und teils teuren Crews eher nicht. In Italien gehört Ryanair zum Bieterkreis für das Alitalia-Erbe, in Deutschland fühlen sich die Iren durch den Lufthansa-Deal ausgebootet und haben kartellrechtliche Schritte angekündigt. In der politischen Auseinandersetzung macht ihnen ihr schlechtes Sozial-Image als Arbeitgeber zu schaffen.

    DIE INSOLVENZEXPERTEN

    Gleich zwei Top-Sanierungsexperten des Landes sind in die Rettungsbemühungen involviert. Der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus sitzt als Generalbevollmächtigter an der Seite von Air-Berlin-Vorstandschef Thomas Winkelmann im Cockpit. Sein Credo: So viel "business as usual" hinbekommen. Das Duo Kebekus/Winkelmann leitet die Verkaufsverhandlungen.

    Der zweite Insolvenzexperte, Lucas Flöther, überwacht als vorläufiger Sachwalter im Auftrag der Gläubiger alle Vorgänge. Beide Rechtsanwälte kennen einander seit Jahren vom Gravenbrucher Kreis. In diesem Verband sind die 30 führenden Insolvenzverwalter organisiert.

    Kebekus war zuletzt unter anderem als Insolvenzverwalter beim Modekonzern Steilmann gefragt. Flöther wurde bereits zwei Mal mit der Rettung des Fahrradherstellers Mifa betraut und beschäftigte sich mit der Pleite des Leipziger Internetunternehmens Unister.

    DIE BUNDESREGIERUNG

    Die Bundesregierung hat es durch schnelles Handeln ermöglicht, dass über die Zukunft Air Berlins in halbwegs geordneten Bahnen geredet werden kann. Ohne den Brückenkredit von 150 Millionen Euro hätte die Fluggesellschaft sofort den Betrieb einstellen müssen, Zehntausende Passagiere wären an ausländischen Flughäfen gestrandet. Nun hält es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile der insolventen Airline übernimmt. Allerdings sitzt die Regierung nach eigenen Angaben nicht mit am Verhandlungstisch.

    DIE WETTBEWERBSBEHÖRDEN

    Das Bundeskartellamt und vor allem die EU-Kartellwächter werden überprüfen müssen, ob durch die Übernahme von Air Berlin nicht eine beherrschende Stellung in Teilbereichen des Luftverkehrsmarktes besteht. Das könnte auf einigen europäischen Strecken so sein, wenn sie Lufthansa zufallen. Ryanair hat bereits bei beiden Behörden Beschwerde eingelegt. Die Insolvenz sei künstlich herbeigeführt worden, es gebe ein "Komplott" von deutscher Regierung, Lufthansa und Air Berlin gegen die Konkurrenz.

    Lauda hatte die Anteile seiner profitablen Airline vor wenigen Jahren an Air Berlin verkauft und saß jahrelang im Verwaltungsrat der Fluggesellschaft. Der frühere Rennfahrer sagte, er rechne mit höheren Flugpreisen, sollte die Lufthansa bei einer Zerlegung von Air Berlin vorrangig zum Zuge kommen. Für die Lufthansa sei ein „super Tag“, für die Passagiere hingegen werde es „künftig teuer“.

    Am Mittwoch tagte nach der Air-Berlin-Insolvenz erstmals der Gläubigerausschuss, um über eine Aufspaltung der Fluggesellschaft zu beraten. Die Gläubiger beschlossen, den Betrieb zunächst als Ganzes weiterzuführen. Aus einer schnellen Zerschlagung in einzelne Unternehmensteile, wie es sich die Lufthansa Medienberichten zufolge vorgestellt hatte, wird daher vorläufig nichts. Lufthansa bietet nach wie vor für Niki und weitere Teile der Air Berlin, nicht aber für das komplette Unternehmen, hieß es in Kreisen des Frankfurter Dax-Konzerns.

    Das ist Air Berlin

    Air Berlin wurde 1978 gegründet.

    Die Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca.

    2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm. Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise.

    Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen.

    Im vergangenen Jahr betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro.

    Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.

    Laudas Airline: Lufthansa würde für Niki viel zahlen

    Nach Informationen aus Branchenkreisen ist Lufthansa bereit, einen vergleichsweise hohen Preis für Niki zu zahlen. Denn Niki ist ein Unternehmen mit intaktem Flugbetrieb und verfügt über wertvolle Start- und Landerechte an den Flughäfen Düsseldorf und Berlin.

    Politisch bedeutsam ist der Verkauf von Niki auch, weil mit dem Erlös aus dem Geschäft der Brückenkredit der Bundesregierung von 150 Millionen Euro bedient werden könne. Insider befürchteten, dass Air Berlin trotz des Darlehens bald Flüge aus Geldmangel streichen müsse. Insgesamt gibt es rund zehn Konzerne, die an Teilen von Air Berlin interessiert sind. Ein Angebot für eine Komplett-Übernahme von Hans Rudolf Wöhrl wurde abgelehnt. afp, dpa, AZ

    Die Chronologie von Air Berlin

    1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Piloten Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

    1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag.

    1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft

    2004: Einstieg bei der Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda

    2006: Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba

    2007: Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge

    2008: Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, ein erstes Sparprogramm folgt. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

    2011: Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm kommt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

    2012: Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Fluglinie mit Millionen. Ein neues Sparprogramm beginnt.

    2013: Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

    2015: Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

    2016: Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden. 

    2017: Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

    15. August 2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt.

    27. Oktober 2017: Der letzte Flieger von Air Berlin landet in Berlin.

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