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Innovation: Diese Start-ups aus der Region sollten Sie sich merken

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    Start-ups aus der Region haben jede Menge kreative Geschäftideen.
    Start-ups aus der Region haben jede Menge kreative Geschäftideen. Foto: canva.com (Symbolbild)

    Rocket Factory: Stefan Brieschenk setzt Innovation gegen die Weltkrise. Er will helfen, den Planeten zu retten

    Stefan Brieschenk hat den Himmel und die Erde im Blick, wenn man das so sagen kann. Nach oben blickt der Gründer und COO der Augsburger Rocket Factory, weil dort idealerweise bald der erste Microlauncher aus hiesiger Fabrikation Richtung Orbit steigt. Die Erde bleibt in seinem Fokus, weil es dem promovierten Raketenwissenschaftler letztlich um sie geht bei dem, was er tut. Seine Motivation ist: „Wir befinden uns in einer Weltkrise. Aber wir haben nicht genügend Daten, um diese darzustellen. Die Lebensfähigkeit des Menschen auf der Welt ist bedroht.“ Deshalb entwickeln er, sein Mitgründer Jörn Spurmann und inzwischen rund 100 Mitarbeiter aus einem guten Dutzend verschiedener Länder in den alten Osram-Hallen gerade die RFA One.

    Der Gründer hat selbst lange in Australien gelebt

    Das ist ein Microlauncher, eine kleine Rakete, die auf einen Lastwagen passt und auf der Satelliten in den Orbit befördert werden. Die Rocket Factory liefert sich dabei gerade ein viel beachtetes Rennen mit Isar Aerospace aus Ottobrunn und HighImpulse (Baden-Württemberg). Microlaunchern wird eine grandiose Zukunft vorausgesagt, denn Satelliten braucht es künftig immer mehr. Für das Internet der Dinge, Industrie 4.0, für Smart Farming, im Kampf gegen Klimaschäden oder Waldbrände. Die haben Brieschenk geprägt, der lange in Australien gelebt hat. „Da habe ich zum ersten Mal verstanden, wir brauchen irgendwas, am besten im Weltall, um sofort reagieren zu können. Nicht erst dann, wenn der Brand kaum noch zu löschen ist. Und das geht mit den neuen Satellitenkonstellationen, die wir mit unseren Raketen in den Orbit bringen wollen.“

    Stefan Brieschenk (links) und Jörn Spurmann sind Gründer der Rocket factory in der Berliner Allee.
    Stefan Brieschenk (links) und Jörn Spurmann sind Gründer der Rocket factory in der Berliner Allee. Foto: Ulrich Wagner

    Bis Ende 2022 soll die allererste RFA One gestartet sein. Ende Juni wurde das gesamte Triebwerk mit gestufter Verbrennung im schwedischen Kiruna erfolgreich getestet. „Wir machen gerade intensiv weiter“, sagt Brieschenk. Im nächsten Schritt wird die komplette Oberstufe der Rakete erprobt. Fragt man den 36-Jährigen, was für ihn Innovation ist, dann antwortet er: „Mit hoher Aggressivität Dinge anders versuchen und anders angehen.“ Und wie bleibt man innovativ? Brieschenk sagt: „Ich habe zwei Kinder. Und ich habe jeden Morgen die Befürchtung, dass die künftig weniger Möglichkeiten haben und größere Probleme meistern müssen als wir jetzt.“

    Kelo Robotics: Erwin Prasslers Logistik-Systeme haben einen besonders sicheren Antrieb

    Ob Logistik, Industrie oder im Servicebereich: Roboter-Systeme sind weltweit auf dem Vormarsch. Auf diesem Zukunftsmarkt Fuß fassen möchte auch das Augsburger Start-up Kelo Robotics. Im März vor einem Jahr gegründet, hat sich das junge Unternehmen vor allem auf autonome und mobile Logistik-Roboter spezialisiert.

    Einer der Mitbegründer ist Erwin Prassler. Neben seiner Tätigkeit als CEO des Start-ups ist er Professor für Robotik und Künstliche Intelligenz an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Was Kelo Robotics besonders macht? „Wir haben mehrere Alleinstellungsmerkmale unter den vielen Wettbewerbern“, sagt der Professor.

    Das Antriebssystem soll ein Welt-Patent bekommen

    Eines davon hat sich das Unternehmen bereits patentieren lassen: ein inhärent sicheres Antriebssystem. Das bedeutet, dass ein Roboter sowohl mit als auch ohne Stromversorgung wie ein Einkaufswagen verschoben werden kann. Und das auch bei einem teils großen Gewicht von mehreren hundert Kilo. So könne das Gerät auch in Menschengruppen gefahrlos betrieben werden und etwa im Falle eines Stromausfalls leicht von einem Notausgang weggeschoben werden, sagt Prassler. Das Patent würde aktuell zu einem Europa- sowie Welt-Patent ausgeweitet. „Wenn das durch ist, wird es schwierig, an uns vorbeizukommen“, ist sich der Unternehmer sicher. Erst kürzlich setzte sich das Start-up gegen mehr als 100 junge Unternehmen durch und gewann den „Entrepreneurship World Cup Division DACH“, einen Wettbewerb für innovative Start-ups.

    Erwin Prassler, Geschäftsführer von Kelo Robotics in Augsburg.
    Erwin Prassler, Geschäftsführer von Kelo Robotics in Augsburg. Foto: Kelo

    Eine weitere Entwicklung von Kelo Robotics ist ein sogenanntes Modulsystem. Vergleichbar mit einem Legobaukasten können dabei unterschiedliche Roboter-Komponenten wie Batterien, Prozessoren oder ein grafisches Interface je nach Bedarf schnell und einfach kombiniert werden. „So können wir Roboter bauen, die deutlich günstiger sind als bei anderen Anbietern“, erklärt Prassler.

    Noch ein Grund für den geringen Preis: Kelo Robotics verwendet Antriebe und Räder, die aus dem Bereich des E-Scooters kommen. Viele Batterien, die das Unternehmen verbaut, stammen außerdem von E- Bikes. „Diese Teile werden in millionenfacher Stückzahl hergestellt, was sie natürlich günstig macht“, sagt der Professor.

    Hopper Mobility: Martin Halama baut einen Mix aus E-Bike und Auto. Inspiration fand er in Indien

    Ob Verbrenner oder elektrisch: In den Innenstädten der Zukunft wird für das Auto weniger Platz bleiben. Das sagt einer, der als Wirtschaftsingenieur für BMW an modernen Elektroautos arbeitet. Martin Halama ist sicher: Individualverkehr im urbanen Raum funktioniert langfristig nur, wenn er möglichst wenig Raum einnimmt.

    Auf einer Reise in Indien lernte der 31-Jährige im Jahr 2013 ein ganz anderes Verkehrssystem kennen als in Europa üblich. Davon inspiriert schrieb er in seiner Masterarbeit an der Uni Bremen über Mobilitätsformen auf Radwegen. Von 2019 an hat er seine Vision weiter ausgearbeitet und immer konkretere Konzepte für seine Vorstellung von urbaner Mobilität erstellt. Jetzt will der gebürtige Bremer mit dem Hopper den Stadtverkehr in Augsburg und anderen Städten aufmischen.

    Martin Halama von Hopper Mobility.
    Martin Halama von Hopper Mobility.

    Was das ist? Als Mix aus E-Bike und Auto ist der Hopper vor allem für die interessant, die nur im Stadtverkehr unterwegs sind. Lenkung und Anmutung sind wie im Auto. Der Hopper bietet Wetterschutz, Platz für einen Mitfahrer oder zwei Kinder auf der Rückbank und 70 Liter Kofferraum. Wer ohne Mitfahrer unterwegs ist, kann die Rückbank auch umklappen und Ladefläche für zwei Kisten Bier schaffen. Im Lenkrad werden dem Fahrer Ladestand und Geschwindigkeit angezeigt. Wer vorankommen möchte, muss aber etwas dafür tun – und in die Pedalen treten. Nicht umsonst ist der Hopper als Pedelec auf Radwegen zugelassen. Mit elektrischer Unterstützung bringen es auch gemütliche Nutzer auf bis zu 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. Nach 60 bis 80 Kilometern Reichweite steht aber ein Akkutausch an.

    Dass es dieses Start-Up in Augsburg gibt ist ein Zufall

    Das 110 Kilo schwere Gefährt, ohne Elektroantrieb zu bewegen, ist mühsamer, aber mit um die zehn Stundenkilometer möglich. Um den Hopper auf die Straße zu bringen, arbeitet Halama in einem Team mit 15 Kollegen zusammen. Ein Prototyp wurde im Juni fertiggestellt. Input liefern dem Start-up dabei auch Experten von der Hochschule Augsburg und dem Energieanbieter Lechwerke. Dass Augsburg mit Hopper Mobility um ein Start-up reicher ist, ist allerdings einem Zufall zu verdanken. Der Liebe wegen zog er nach dem Studium von Bremen nach Bayern, und nun in die Fuggerstadt, weil seine Partnerin als angehende Lehrerin dort arbeitet.

    Emqopter: Nils Gageik und Marvin Bihl machen Drohnen intelligent und vollautonom. Bei Unfällen können diese Leben retten

    Die Zukunft der individuellen Mobilität, da ist sich Marvin Bihl sicher, liegt in der Luft. Da trifft es sich gut, dass er zusammen mit seinem Geschäftspartner Nils Gageik das Unternehmen Emqopter leitet. Keine Staus und verstopften Straßen mehr: Das Start-up, in das unter anderem das Augsburger Unternehmen Andreas Schmid Lab investiert hat, arbeitet mit daran, den Verkehr in den dreidimensionalen Raum zu verlagern.

    Um das Jahr 2008 hatte Gageik nach seinem Diplomstudium in den USA erstmals Kontakt mit der Drohnen-Technik. Anschließend wechselte er an die Universität Würzburg und an den frisch gegründeten und deutschlandweit ersten Lehrstuhl für Informationstechnik für Luft- und Raumfahrt. 2016, nach seiner Promotion, folgte die Gründung von Emqopter.

    Informatik für Roboter ist eigentliche eine trockene Materie

    Aktuell konzentriert sich das Start-up besonders auf zwei Produkte. Zum einen auf das sogenannte „Quadrotor Control System“. Das ist eine Lehr- und Entwicklungsplattform, die von zahlreichen Universitäten und Entwicklungslaboren in ganz Deutschland genutzt wird. „Fachlich gesehen ist die Informatik für Robotik eine sehr trockene Materie“, sagt Geschäftsführer Bihl. Das System ermögliche es Studierenden, anhand eines Lehrplans eigene Techniken selbst am Arbeitsplatz auszuprobieren.

    Nils Gageik und Marvin Bihl von Emqopter.
    Nils Gageik und Marvin Bihl von Emqopter. Foto: Emqopter

    Emqopter versteht sich nicht als klassischer Drohnenhersteller. Motoren, Propeller oder Akkus stellt das Start-up nicht selbst her. „Von uns kommt die Intelligenz an Bord, die Software, die Elektronik“, erklärt Bihl. Dazu gehört neben Lieferdrohnen-Systemen auch ein Modul zur Hinderniserkennung und Kollisionsvermeidung. Mithilfe einer hochkomplexen Sensortechnologie können Drohnen vollautonom Flugstrecken zurücklegen.

    Die Kunst liege darin, einer Drohne auf engem Raum und bei geringem Gewicht Autonomie und Intelligenz einzuhauchen. Emqopter ist das hochkomplexe Unterfangen gelungen. Die rund 25 Mitarbeiter entwickeln ihre Systeme stetig weiter. Eingesetzt wird autonome Drohnentechnik etwa bei Notfalltransporten von Blutproben in Krankenhäusern oder dem Verschicken von dringlichen Dokumenten innerhalb von Unternehmen. Überall dort, wo es einen festen Startpunkt und ein festes Ziel gibt.

    Secomba: Andrea Pfundmeier wurde mit 23 zur Gründerin – und feiert nun ein großes Jubiläum

    Dieses Jahr hat Andrea Pfundmeier ein Jubiläum gefeiert – soweit es die Corona-Krise zuließ. Vor zehn Jahren haben sie und ihr Geschäftspartner Robert Freudenreich in Augsburg ihr Unternehmen Secomba gegründet. Mit ihrer Software Boxcryptor lassen sich Daten schnell und einfach verschlüsseln, sowohl für Geschäftskunden als auch für den privaten Nutzer. 23 ist Pfundmeier damals und gerade fertig mit dem Studium. Ein Stipendium hilft den Gründern in der ersten Zeit, auch Investoren steigen damals schnell ein, stecken 400.000 Euro in das junge Unternehmen.

    Von da an geht es rasant aufwärts: Seit 2014 ist die Firma profitabel, im selben Jahr bekommt das Start-up den Deutschen Gründerpreis. 2017 landet Pfundmeier gar im renommierten Forbes -Magazin: auf der Liste von 30 aufstrebenden Tech-Unternehmern unter 30. Ihr Geschäftspartner, betont sie stets, hätte natürlich auch auf die Liste gehört. Allerdings war er damals schon über 30.

    Geschäftsführerin Andrea Pfundmeier von Secomba aus Augsburg.
    Geschäftsführerin Andrea Pfundmeier von Secomba aus Augsburg. Foto: Ulrich Wagner

    Freudenreich übernimmt im Unternehmen den technischen Part, Pfundmeier vertritt das Unternehmen nach außen, verhandelt mit Geldgebern und arbeitet daran, den Nachwuchs für das Unternehmertum zu begeistern. Regelmäßig spricht Pfundmeier an Schulen oder auf Start-up-Veranstaltungen. In der Corona-Zeit hat das Unternehmen virtuelle Schnupperstunden für Schüler angeboten. Pfundmeiers Ziel: In jungen Menschen den Gründergeist wecken – und ihnen die Angst vor dem Unternehmertum nehmen. Vor allem für junge Mädchen und Frauen will Pfundmeier ein Vorbild sein.

    Die Hälfte der Mitarbeiter ist hier weiblich

    Mit ihren Vorträgen prägt sie den Schülern und vor allem den Schülerinnen gern einen Satz ein: „Wenn ich das geschafft habe, dann könnt ihr das auch.“ Die Hälfte ihrer Mitarbeiter ist weiblich, darauf ist die Unternehmerin stolz. „Wir gestalten unsere Kultur so, dass sich Frauen und Männer gleichermaßen wohlfühlen“, sagt sie. Alle Stellen können in Teilzeit ausgeübt werden, Teamevents dauern nicht bis in die Nacht.

    Der Zusammenhalt im Team ist Pfundmeier wichtig. Während der Corona-Zeit sei es nicht leicht gewesen, das Gemeinschaftsgefühl aufrecht zu erhalten, sagt sie. Umso mehr hofft die Unternehmerin darauf, bald wieder mit den Kollegen feiern zu können – und auf das Jubiläum anzustoßen.

    Smart&Clean: Während des Einkaufs das Auto waschen? Das erledigte Tobias Ernst. Inzwischen hat er größere Pläne

    Mit 19 Jahren eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker beim Autohersteller Audi? Es gibt schlechtere Wege, um ins Berufsleben zu starten. Tobias Ernst war das aber nicht genug. Nebenher gründete er ein eigenes Unternehmen. Heute, sechs Jahre später, gibt es „Smart & Clean“ noch immer. Und Ernst hat große Pläne.

    Angefangen hatte es im Jahr 2015. Ingolstadt, die Stadt der Autos, brauche einen mobilen Autowaschservice, so die Überlegung des damaligen Azubis. Zwar gab es dort bereits viele stationäre Waschanlagen. Die Geschäftsidee von Ernst und seinen Mitarbeitern aber war es, für die Autowäsche direkt zu ihren Kunden zu fahren. Während diese arbeiteten oder Einkäufe erledigten, wusch, saugte und wartete man bei Smart & Clean deren Autos. „Das schlug gut an“, sagt Ernst. Das Unternehmen expandierte, hinzu kam ein mobiler Hausmeisterdienst. Nebenbei schloss Ernst seine Ausbildung bei Audi ab und begann ein Studium. „Währenddessen hatte ich dann auch genug Zeit, nebenbei zu arbeiten“, erinnert sich der 25-Jährige und lacht.

    "Ich bin schon ein bisschen ein Workaholic“

    Insgesamt drei Mitarbeiter hat Ernst aktuell. Den mobilen Autowaschservice bietet Smart & Clean seit Ende Mai aber nicht mehr an, aus Zeitgründen, wie der Unternehmer sagt. Er arbeitet mittlerweile wieder in Vollzeit bei Audi, bei Smart & Clean fokussiert er sich ganz auf den Hausmeisterservice. Seine Mitarbeiter pflegen Anlagen, warten Heizungsanlagen, kümmern sich um die Mülltonnen, im Winter schippen sie Schnee. Sie erledigen alle Arbeiten, die bei einem Hausmeisterdienst eben anfallen. Anders als bei anderen, sagt Ernst, stehe bei ihm der persönliche Kontakt zum Kunden jedoch an vorderster Stelle. „Wir haben eine persönliche Nummer, unter der nur ich erreichbar bin.“

    Tobias Ernst ist Gründer von Smart&Clean aus Ingolstadt.
    Tobias Ernst ist Gründer von Smart&Clean aus Ingolstadt. Foto: Privat

    Während andere seines Alters im zwölften Semester studieren, kann Tobias Ernst von einer 40-Stunden-Woche also oft nur träumen. „Ich bin schon ein bisschen ein Workaholic“, sagt er. Insgesamt 25 Wohneinheiten betreut das Start-up eigenen Angaben nach. Seine Motivation, sagt der 25-jährige Unternehmer, sei es, sich irgendwann ausschließlich auf Smart & Clean zu fokussieren und den Betrieb weiter auszubauen. An mangelndem Ehrgeiz und Arbeitseifer dürfte dieses Vorhaben jedenfalls nicht scheitern.

    Farmact: Daniel Janku will Landwirten das Leben erleichtern. Und hat sich dabei einen Traum erfüllt

    In den Köpfen vieler ist Landwirtschaft vom Bauernhof aus dem Bilderbuch geprägt: Familie und Helfer aus dem Ort bestellen die Felder und versorgen die Tiere. Doch moderne Agrarökonomie ist anders: Höfe werden größer, sind nicht mehr nur in Familienhand und der Betrieb läuft mit viel digitaler Technik. Einige Aufgaben übernehmen mittlerweile landwirtschaftliche Lohnunternehmen. Daniel Janku hat den Wandel miterlebt. Schon als Kind half er dem Nachbarn, erst auf dem Hof und Feld, später im Büro.

    Druck aus Gesellschaft und Politik machten es immer komplizierter, sagt er: „Wer arbeitet mit, wo wird wie viel Dünger ausgebracht, wie hoch sind die Ertragsmengen? All das zu dokumentieren bringt oft Papierchaos.“ Spaß hatte Janku daran nicht. Das muss doch alles einfacher gehen, dachte er. Trotzdem arbeitete er weiter auf dem Hof und für ein Lohnunternehmen – immer mit der Idee im Hinterkopf, etwas gegen die Zettelwirtschaft zu unternehmen.

    Daniel Janku (links) und Fabio Bove (FarmAct).
    Daniel Janku (links) und Fabio Bove (FarmAct). Foto: privat

    Manchmal sprach er auch mit seinem alten Freund Fabio Bove darüber. Beide stammen aus dem Raum Weilheim, beide studierten Wirtschaftsinformatik – und mit einem Existenzgründer-Stipendium verwirklichten sie 2019 in Augsburg den Traum vom eigenen Start-up. Ihre App Farmact unterstützt Dienstleister und bald auch Landwirte dabei, Aufträge gezielt digital zu sammeln und zu delegieren: Koordinatengenau lassen sich Mitarbeiter zum Einsatzort oder Feld navigieren, in ein paar Schritten tracken sie mit dem Handy oder Tablet ihre Arbeitsschritte und wichtige Infos für die Abrechnung. Der Beleg ist auf Knopfdruck digital im Büro, die Rechnung lässt sich vom Handy versenden.

    Farmact hat nicht nur Kunden aus Deutschland

    Zwei Jahre nach dem Start wird Farmact von Kunden aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz genutzt. Sieben Mitstreiter haben Janku und Bove im Team versammelt – und wollen nun zweistellig werden. Im Juni haben sie ihr neues Büro in Augsburgs Innenstadt bezogen. Dass ihre Kunden eher aus dem ländlichen Raum kommen, ist laut Bove kein Widerspruch: „Ein riesiger Vorteil ist die Nähe zu Hochschule und Uni. Wir erhoffen uns Nachwuchs für Entwicklung, Marketing und Vertrieb.“ Bewerber vom Land sind gern gesehen: „Uns ist wichtig, dass ein Großteil der Mitarbeiter Bezug zur Landwirtschaft hat.“

    Ehrenmüller: Julia König kennt sich mit Künstlicher Intelligenz aus und kam ins Allgäu, um zu bleiben

    Ins Allgäu verschlug es Julia König, da hatte sie über eine eigene Firma noch gar nicht nachgedacht. Nach Studium und Promotion in Mathematik ließ sie sich mit ihrem Mann in dessen Heimat nieder, zunächst als Angestellte und Freiberuflerin. An Unternehmergeist hat es der 30-Jährigen aber nie gefehlt. Ihr eigenes Ding machen, Projekte aufziehen war im gesellschaftlichen Rahmen ganz normal für König. Doch vor der Gründung stand ein Erweckungserlebnis: Auf einem Segelboot schwärmten Bekannte an einem Urlaubsabend sehr vom Erfolg ihrer Start-ups. „Da habe ich allen Mut zusammengenommen und kurz nach dem Urlaub selbst gegründet.“

    Das war Ende 2018. Heute bietet die Firma Ehrenmüller Künstliche Intelligenz für mehr als 30 kleine und mittelständische Unternehmen. Zehn Mathematiker und IT-Spezialisten entwickeln Programme für Maschinenbauer und Lebensmittelproduzenten, die Verkaufsprognosen auf Knopfdruck ausspucken, indem sie Unternehmensdaten und Einflussfaktoren der Marktwirtschaft analysieren. „Hersteller wollen kalkulieren: Wie viel produziere ich in welcher Zeit von welchem Produkt? Am besten nicht zu viel und nicht zu wenig, sondern eben so viel, wie Kunden davon nachfragen. Besonders bei Lebensmitteln ist es wichtig, sonst verdirbt die Ware.“

    Julia König von Ehrenmüller.
    Julia König von Ehrenmüller.

    Gerade Mittelständler sind Software für Künstliche Intelligenz gegenüber vorsichtig eingestellt und vertrauen häufig noch auf Bauchgefühl oder einfache Excel-Dateien. Doch von Monat zu Monat wachsen Vertrauen und Zuspruch für die Daten-Dienstleister von Ehrenmüller. Dabei bietet Königs Firma ihren Kunden auch ganz andere, auf sie zugeschnittene Software an. Etwa Dienste zur Textanalyse für die Filmbranche oder eine Analyse, die prognostiziert, wie oft und wann eine Maschine gewartet werden muss.

    Ins Allgäu kam König eher zufällig

    Ihr Start-up im Allgäu zu gründen bereut König nicht. Dorthin kam sie zwar zufällig, doch heute sieht sie zwei entscheidende Vorteile der Region: viele Mittelstandsunternehmen, die als Kunden infrage kommen. Und viele Mathematik- und IT-Spezialisten, die es nach dem Studium in ihre Heimat zurückzieht. Und die Gründerin selbst sagt: „Das ist keine Idee, die ich an einen Investor verkaufe. Es ist mein Ziel, Ehrenmüller groß zu machen und zu bleiben.“

    xentral: Mit einer Idee in Augsburg fing es an – heute expandiert Benedikt Sauter auch nach Amsterdam

    Während weltweit Unternehmen wegen der wirtschaftlich einschneidenden Corona-Maßnahmen um ihre Existenz bangten, sagte Gründer Benedikt Sauter Ende 2020 im Gespräch mit unserer Redaktion: „Die Corona-Monate waren unsere bisher besten.“ In der Corona-Phase erzielte der Gründer ein Wachstum von gut 50 Prozent. Der in München geborene Sauter hat gemeinsam mit seiner Frau Claudia Sauter nach seinem Studium in Augsburg 2017 das Start-up xentral mit Sitz in der Augsburger Innenstadt gegründet. Heute führen die beiden ein erfolgreiches Unternehmen mit über 80 Angestellten weltweit sowie 1000 Kunden – darunter sind Start-ups, Mittelstand und große Konzerne.

    Ihr Produkt war eine Marktlücke in der Zeit der Digitalisierung: xentral ist eine Software, die sämtliche Geschäftsdaten und -vorgänge an einem zentralen Ort zusammenführt. Sozusagen ein modernes Warenwirtschaftssystem, das E-Commerce, Lagerlogistik oder Produktion bis hin zur Buchhaltung vereint. Ein System, das viele Kunden vor allem in der Corona-Krise nutzen wollten.

    Benedikt und Claudia Sauter haben das Startup Xentral gegründet.
    Benedikt und Claudia Sauter haben das Startup Xentral gegründet. Foto: Tanja Ferrari

    Alle individuellen Prozesse lassen sich laut der Geschäftsführer Schritt für Schritt digitalisieren und automatisieren. Zu den xentral-Kunden gehören zum Beispiel schnell wachsende Unternehmen wie YFood oder Koro. Auch Villeroy und Boch oder Flyeralarm sind Teil des Kundenstamms.

    Sogar Frank Thelen ist an xentral beteiligt

    Bis Ende 2021 soll das Team auf insgesamt 130 Mitarbeiter wachsen. Und die Expansion läuft gut. Aktuell haben die Gründer aus Augsburg einen neuen Standort in Amsterdam aufgebaut. Einen großen Nutzen für die Bekanntheit des Start-ups hatten außerdem Investitionen namhafter Unternehmer. So ist unter anderem der Investor aus der Vox-Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“, Frank Thelen, mit Freigeist Capital an xentral beteiligt. Thelen ging dafür selbst in die Offensive und kontaktierte die Gründer.

    In diesem Jahr konnten schließlich mit Sequoia Capital und Visionaries Club weitere hochkarätige Investoren gewonnen werden: 20 Millionen Dollar investierten die beiden Fonds zusammen. „In vier bis fünf Jahren wollen wir einen Jahresumsatz von etwa 100 Millionen Euro erzielen“, sagte Sauter bereits vergangenen Oktober.

    Tankerkönig: Hermann Kurz aus Nesselwang weiß auf die Minute genau, wann welcher Sprit am günstigsten ist

    Mit einer Gesetzesänderung fing es an. Seit dem 31. August 2013 sind Tankstellenbetreiber dazu verpflichtet, Preisänderungen ihres Kraftstoffs in Echtzeit an das Bundeskartellamt zu melden. Die Folge: ein gigantischer Berg Daten – hochinteressant für den, der sie zu verwerten versteht. Dem Informatiker Hermann Kurz aus Nesselwang kam zusammen mit zwei Freunden damals eine Idee, wie sie die Gesetzesnovellierung für sich nutzen könnten. „Wir machen eine App und werden reich.“ Das mit der App hat geklappt, Tankerkönig heißt sie. Reich geworden sind die drei Freunde (zumindest noch) nicht.

    Denn Anwendungen, die Tankdaten in Echtzeit darstellen, gab und gibt es zuhauf auf dem digitalen Markt. „Unsere App war natürlich die beste, aber kein Schwein hat sich für sie interessiert“, sagt Kurz und lacht. Umsonst war ihre Arbeit dennoch nicht. Der Informatiker ging neue Wege, heute stellt das Drei-Mann-Unternehmen Verbrauchern unter anderem die komplex formatierten Tankstellen-Daten des Bundeskartellamts einfach und übersichtlich zur Verfügung – minütlich aktualisiert und im historischen Verlauf bis zu fünf Jahre zurück.

    Auch ein Jugend-forscht-Projekt basiert auf Tankerkönig

    Aus den gewonnenen Informationen lässt sich allerhand Interessantes ableiten. Nutzer sind zum Beispiel andere App-Entwickler, Informatiker oder Studenten, die ihre Diplomarbeit schreiben. „Wir haben sogar Kunden, die in ihrer Modelleisenbahn aktuelle Preise aus unserer Schnittstelle zeigen“, sagt Kurz. Auch ein Jugend-forscht-Projekt basiert auf den Daten des Unternehmens.

    Hermann Kurz führt zusammen mit zwei Freunden das Unternehmen Tankerkönig.
    Hermann Kurz führt zusammen mit zwei Freunden das Unternehmen Tankerkönig. Foto: Tobias Hertle

    Obwohl Tankerkönig für Hermann Kurz und seine beiden Freunde mehr Vorzeigeprojekt und Zeitvertreib als finanzielles Standbein ist, haben sie ein ehrgeiziges Zukunftsprojekt: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz wollen sie den optimalen Tankzeitpunkt herausfinden. „Das Preisverlaufsmuster ändert sich dauernd“, sagt Kurz. Seit drei Jahren etwa erhöhe sich der Tank-Preis vielerorts immer in der Mittagspause. Seit einem Jahr gebe es außerdem einen Peak um 16 Uhr. Die Künstliche Intelligenz soll Licht ins Kosten-Dunkel bringen. Dass die mobile Zukunft nicht in Benzin und Diesel, sondern in der Elektromobilität liegt, das weiß man auch bei Tankerkönig. Leider, sagt Kurz, gebe es für Elektro-Tankstellen derzeit noch keine Daten.

    Protokolle: David Holzapfel, Sophia Huber, Stefan Küpper, Sarah Schierack, Anika Zidar

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    Über den Auftakt der Themenwoche spricht Chefredakteur Gregor Peter Schmitz auch in unserem neuen News-Podcast. Hören Sie doch mal rein. Der "Nachrichtenwecker" begleitet Sie von Montag bis Freitag ab 5 Uhr morgens in den Tag.

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