Bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) in Ingolstadt gilt: Alles muss raus. Der Räumungsverkauf läuft. Wohl bis Ende Oktober. Dann soll, Stand jetzt, Schluss sein in dem großen Kaufhaus in der Ludwigstraße. Und die Fußgängerzone hätte eine weitere Leerstelle.
Die haben bald viele Innenstädte in Deutschland zusätzlich. Denn die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof war durch die coronabedingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Das Unternehmen berichtete damals, es erwarte allein in diesem Jahr durch Corona einen Umsatzverlust von einer Milliarde Euro. Mitte Juni dann kündigte der Warenhausriese an, im Rahmen seiner Sanierungspläne dutzende der 171 Warenhäuser schließen zu wollen. Durch den Sanierungsplan erhofft sich Galeria Karstadt Kaufhof, innerhalb weniger Jahre in die schwarzen Zahlen zurückkehren zu können. Dank der Zugeständnisse von Vermietern und Hilfen von Kommunen gelang es seither allerdings, die Zahl der Schließungsfilialen spürbar zu reduzieren.
Für die Filiale am Stachus in München gibt es noch Hoffnung
Ob das für Ingolstadt noch gelingt? Eher nicht. Das Kaufhaus ist die einzige von den Sparplänen betroffene Filiale in der Region. Schon länger war klar, dass die anderen regionalen Standorte in Augsburg, Ulm, Memmingen und Kempten erhalten bleiben. Bayernweit war zunächst im Gespräch gewesen, neben Ingolstadt fünf weitere Warenhäuser dichtzumachen. Drei davon in München und zwei in Nürnberg. Die beiden Nürnberger bleiben nun doch geöffnet, wie Hans Sterr, Pressesprecher von Verdi Bayern, auf Anfrage erklärt. Auch für das Haus am Stachus in München gebe es Hoffnung. Es gehe dabei um komplizierte Mietverhandlungen. Eine Entscheidung soll in zwei Tagen fallen. Wegen dieser Schließungspläne sind in Bayern laut Verdi mittelfristig rund 800 Jobs gefährdet.
Rund 70 dieser Stellen gehören den Ingolstädter Warenhausmitarbeitern. "Die Stimmung ist am Boden", sagt Christian De Lapuente, Organisationssekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Ingolstadt und SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Er schätzt die Lage so ein: "Es war kein Wille des Konzerns, die Filiale zu halten. Ich vermute, dass das Gebäude veräußert werden soll." Die Immobilie gehört fast komplett zur Signa Holding, wie auch GKK. Die betroffenen Mitarbeiter, so erklärt De Lapuente weiter, seien teilweise bereits gekündigt worden oder könnten in eine Transfergesellschaft wechseln, wo sie für den Arbeitsmarkt weiterqualifiziert würden. Vereinzelte hätten schon wieder etwas Neues gefunden. Es ist eine seltsame Situation. Denn, so beschreibt es De Lapuente: "Wegen des Räumungsverkaufes rollt der Rubel." Trotzdem: Auch Dorothea Deneke-Stoll (CSU), Zweite Bürgermeisterin Ingolstadts, sagt, es sei eher mit Schließung und nicht mit Rettung in letzter Minute zu rechnen.
Sachwalter Frank Kebekus: 16.000 Arbeitsplätze können erhalten werden
Aufatmen können dagegen mehr als 16.000 weitere GKK-Beschäftigte. Denn die Gläubigerversammlung stimmte am Dienstag dem von der Unternehmensführung erarbeiteten Insolvenzplan mit großer Mehrheit zu und machte damit den Weg für die Sanierung frei. Durch das Ja der Gläubiger würden weit mehr als 16.000 Arbeitsplätze bei GKK erhalten, sagte der Sachwalter Frank Kebekus. Wäre der Plan abgewiesen worden, hätte GKK nach seinen Worten die sofortige Liquidation gedroht – und damit der Verlust aller Arbeitsplätze. Nun aber bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Insolvenzverfahren schon Anfang Oktober erfolgreich beendet werden könne.
In einem nach dem Ja der Gläubiger verschickten Mitarbeiterbrief betonte GKK-Chef Miguel Müllenbach: "Der heutige Tag ist der Startschuss für einen Neuanfang, denn unser Unternehmen hat jetzt wieder eine gesunde Basis und die Aussicht auf eine sichere Zukunft." Nach den Plänen der Geschäftsführung soll GKK in den nächsten Jahren zum "vernetzten Marktplatz der Zukunft" ausgebaut werden und als "Anker-Einzelhändler und gesellschaftliche Anlaufstelle in jeder relevanten deutschen Innenstadt" zu finden sein.
Die Gläubiger müssen auf rund zwei Milliarden Euro verzichten
Für die Gläubiger bedeutet die Zustimmung zu dem Insolvenzplan allerdings den Verzicht auf einen Großteil des Geldes, das ihnen der Warenhauskonzern noch schuldet. Insgesamt müssen die Lieferanten, Vermieter und sonstigen Gläubiger nach dpa-Informationen auf mehr als zwei Milliarden Euro verzichten. Für die Gläubiger gab es trotz der hohen finanziellen Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Denn bei einer Ablehnung des Insolvenzplans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergesehen.
Nach wie vor gibt es auch noch Hoffnung für einige Schließungsfilialen, wie Sachwalter Kebekus betonte. "Aktuell sollen 47 von 171 Filialen geschlossen werden. Damit bleiben deutlich mehr als zwei Drittel der Warenhäuser erhalten und es gibt vielleicht noch eine Handvoll, wo das allerletzte Wort noch nicht gesprochen ist", sagte er. Etwa die am Stachus in München. Insgesamt hätten viel mehr Filialen erhalten werden können als ursprünglich erhofft. Dennoch würden durch die Schrumpfung rund 4000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Und in den Warenhäusern, die es nicht geschafft haben, hat der Ausverkauf schon begonnen. Wie in Ingolstadt. (mit dpa)
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