Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Ingolstadt: Tausende Stellen weniger: So sehen die Pläne von Audi aus

Ingolstadt

Tausende Stellen weniger: So sehen die Pläne von Audi aus

    • |
    Eine Stadt in der Stadt ist das Ingolstädter Stammwerk von Audi. Künftig werden hier tausende Audianer weniger arbeiten.
    Eine Stadt in der Stadt ist das Ingolstädter Stammwerk von Audi. Künftig werden hier tausende Audianer weniger arbeiten. Foto: Ulrich Wagner

    Auf der Audi-Piazza wird gerade der soziale Weihnachtsmarkt aufgebaut. Der Betriebsrat organisiert ihn Jahr für Jahr. Die Erlöse kommen karitativen Einrichtungen zugute. Ab Donnerstag soll es unter Tannen vier Tage lang adventlich zugehen. Ob die Audianer da aber festlich gestimmt sein werden? Denn die Nachrichten, die unter den Lichterketten sicher noch besprochen werden, lauten: Bis 2025 baut Audi 9500 Stellen ab. Und zwar über Fluktuation und ein „attraktives“ Vorruhestandsprogramm. Zugleich wird die gültige Beschäftigungsgarantie bis Ende 2029 verlängert. Ist das nun eine vorzeitige Bescherung? Oder eher die Gewissheit, dass bei dem seit Jahren vom Abgas-Skandal verfolgten Autobauer künftig weniger unterm Baum liegt?

    Es ist ein knappes Jahr her, dass der damals zunächst noch kommissarisch eingesetzte Audi-Chef Bram Schot seinen Mitarbeitern einen Tag vor Weihnachten in der Süddeutschen Zeitung mitgeteilt hatte, dass Audi „ein bisschen träge“ geworden sei. Später wurde von Unternehmensseite an die Audianer herangetragen, dass die VW-Tochter „abspecken“ müsse. Ein milliardenschweres Sparpaket wurde geschnürt. Was das genau für die deutschen Standorte in Ingolstadt und Neckarsulm heißen würde, darüber hatten Vorstand und Betriebsrat die Mitarbeiter über Monate im Unklaren gelassen.

    Stellenabbau: Bis Ende 2029 schließt Audi betriebsbedingte Kündigungen aus

    In den vergangenen Tagen schließlich hatte sich zwar abgezeichnet, dass man sich nach langen, nicht immer einfachen Gesprächen wohl zumindest noch vor Weihnachten auf Eckpunkte würde verständigen können. Aber dann waren aus den Gesprächen sehr schnell Verhandlungen geworden und seit Dienstag gibt es jetzt eine „Grundsatzvereinbarung Audi.Zukunft“ von Audi und Betriebsrat. Was beinhaltet diese nun?

    Das Unternehmen wird bis 2025 insgesamt 9500 Stellen an den deutschen Standorten streichen. Dafür sollen im Gegenzug bis zu 2000 Expertenjobs in Bereichen wie Elektromobilität und Digitalisierung geschaffen werden. Unterm Strich werden also in den kommenden fünf Jahren 7500 Stellen abgebaut. „Entlang der demografischen Kurve“, durch Fluktuation und ein – allerdings noch nicht fertig ausgehandeltes – Vorruhestandsprogramm.

    Im Management werde es einen „prozentual gleichwertigen Abbau“ geben. Zugleich wird die zunächst erst bis 2025 gültige Beschäftigungsgarantie für die Audianer an den deutschen Standorten um vier Jahre verlängert. Sprich: Bis Ende 2029 schließt das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen aus. Ferner will Audi in den kommenden drei Jahren die Zahl der Azubis und Dual-Studierenden auf „konstant hohem Niveau“ halten, wie das Unternehmen mitteilt.

    In Ingolstadt sollen in Zukunft 450.000 Audis vom Band laufen

    Was steht noch in dem Papier? Wie sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet hatte, wird die Kapazität der Werke reduziert. Ingolstadt wird auf 450.000 Autos ausgelegt, was laut Betriebsrat in etwa dem entspricht, was man für dieses und das kommende Jahr für den Standort berechnet hat. Das Werk in Neckarsulm wird auf 225.000 Autos ausgerichtet. Beide Werke bekommen Elektroautos.

    In Neckarsulm wird ab 2020 der E-Tron GT vom Band laufen. In Ingolstadt werden dann ab 2023 E-Autos produziert. Sollten sich die neuen Autos nicht so gut verkaufen wie erwartet und erhofft, haben Betriebsrat und Unternehmen eine sogenannte „Modell-Drehscheibe“ vereinbart, die laut Betriebsrat dafür sorgen soll, dass die Auslastung an beiden Standorten ausreichend bleibt.

    Und was ist mit der bei den Mitarbeitern sehr wohl gelittenen Erfolgsbeteiligung – deren Kürzung auch auf der vom Betriebsrat so titulierten „Giftliste“ des Unternehmens gestanden hatte? Die soll sich weiter „auf dem hohen Niveau der Vorjahre“ bewegen.

    Audi will laut einer Vereinbarung sechs Milliarden Euro einsparen

    Audi-Chef Bram Schot sagte zu dem nun vereinbarten Papier, beide Seiten hätten bewiesen, „dass die Verantwortung für die Zukunft der vier Ringe und ihrer Mitarbeiter im Fokus steht“. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Peter Mosch bezeichnete die Grundsatzvereinbarung im Gespräch mit unserer Redaktion als einen „tragfähigen Kompromiss“. Die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft seien sicher.

    Der bereits vor zwei Jahren angelaufene und bis 2022 abzuschließende Sparplan von Audi hat ein Gesamtvolumen von 15 Milliarden Euro. „Audi.Zukunft“ soll weitere sechs Milliarden beisteuern.

    Bleibt die Frage, ob die Zahlen und Berechnungen, auf denen Audi.Zukunft beruht, auch bis 2029 tragen? Denn ob sich die geplanten E-Modelle von Audi künftig so gut verkaufen, wie es die SUV-Modelle tun, steht noch nicht fest. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und Vorsitzende der Vertrauenskörperleitung der IG Metall bei Audi, Jörg Schlagbauer, sagt dazu: „Wenn die Welt zusammenbricht, müssen wir neu reden.“ Aber auch er wertet die „nach zähem Ringen“ entstandene Vereinbarung als Erfolg.

    In Ingolstadt und Neckarsulm arbeiten bei Audi derzeit noch rund 61.000 Menschen. Ein paar von ihnen warten am Dienstagnachmittag nach Schichtschluss an einer der Bushaltestellen darauf, dass sie durch den trüben Nebel nach Hause gefahren werden. Reden will niemand so richtig. Und vorweihnachtlich gestimmt sieht auch keiner aus. Erst mal sacken lassen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Stellenabbau: Auf Audi kommt noch einiges zu.

    Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Elektroauto könnte für Werkstätten zum Problem werden

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden