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Illegale Absprachen: BMW und VW müssen 875 Millionen Euro Strafe zahlen

Illegale Absprachen

BMW und VW müssen 875 Millionen Euro Strafe zahlen

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    EU-Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager hat sich für hohe Strafzahlungen gegen deutsche Autobauer stark gemacht.
    EU-Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager hat sich für hohe Strafzahlungen gegen deutsche Autobauer stark gemacht. Foto: Piotr Nowak, dpa

    Sie haben geschummelt, getrickst und getäuscht: Daimler, BMW, Volkswagen, Audi und Porsche, also die Crème de la Crème der deutschen Automobilindustrie. Nach fast dreijährigen Ermittlungen hat EU-Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager am Donnerstag Bilanz gezogen und Strafen in Höhe von 500 Millionen Euro gegen VW und 375 Millionen gegen

    Dabei ist der Vorgang einmalig. Setzt man das Bild, das die Recherchen von Medien, der EU-Kommission und den Staatsanwaltschaften ergeben, zusammen, dann haben die Ingenieure der fünf Autobauer seit 2007 regelmäßige Treffen zu Fragen der Motoren-Entwicklung bei Diesel-Antrieben abgehalten. Der Auftrag lautete: Der Selbstzünder muss sauberer werden. Doch die Idee, die Abgase durch ein Harnstoffgemisch unter dem Namen AdBlue zu reinigen, funktionierte nicht. Denn um die gesetzlichen Grenzwerte zu erreichen, hätten die Fahrzeuge bis zu 8,5 Liter

    Audi-Manager: "Ganz ohne Bescheißen werden wir es nicht schaffen"

    Allerdings reagierten die Motoren dann anders als erhofft: Sie soffen nämlich ab. Vor zwei Jahren zitierte das Handelsblatt aus der Mail eines Audi-Managers aus dem Jahr 2008: „Meine Einschätzung: Ganz ohne Bescheißen werden wir es nicht schaffen.“

    Die Lösung der Entwickler quer durch alle fünf Häuser lautete daher: Man begrenzte den Einsatz von AdBlue, sodass die Autos wenigstens fuhren. Man verständigte sich darauf, kleinere Tanks für das Harnstoffgemisch einzubauen. Schließlich ergänzte man das System noch durch eine Software, die erkannte, ob das Gefährt auf der Straße fuhr oder auf dem Prüfstand getestet wurde. Dort wurde dann mehr AdBlue in den Motor gepumpt, sodass die gültigen Grenzwerte eingehalten wurden.

    Margrethe Vestager: "Wettbewerb vermieden, das volle Potential dieser Technologie zu nutzen"

    „Die fünf Automobilhersteller verfügten über die Technologie, mit der sich die schädlichen Emissionen über die Vorgaben der EU-Abgasnormen hinaus reduzieren ließen“, sagte Vestager am Donnerstag in Brüssel. „Sie haben aber einen Wettbewerb darüber vermieden, das volle Potenzial dieser Technologie zu nutzen.“

    Es geht dabei um die Diesel-Fahrzeuge, die zwischen Juni 2009 und Oktober 2014 gebaut wurden. Für die Wettbewerbskommissarin und die EU-Kartellwächter, die ihrem Ressort zugeordnet sind, war die Entscheidung Neuland. Bisher wurde man vor allem wegen Preisabsprachen oder Aushebelung der Konkurrenz durch Vereinbarungen für eine bestimmte Region tätig. Nun aber ging es um die „Beschränkung einer technischen Entwicklung“, die alle Bemühungen der EU um den Abbau von Stickoxid-Emissionen zunichtemachte.

    BMW hatte 1,4 Milliarden Euro zurückgestellt

    Die Entscheidung wurde von den fünf Konzernen akzeptiert. Bei BMW hatte man sogar bereits 1,4 Milliarden Euro in Erwartung einer deutlich höheren Strafe beiseitegelegt. Die Rücklage war aber schon im Mai dieses Jahres aufgelöst worden, als klar wurde, dass Brüssel einige Vorwürfe hatte fallen lassen.

    Tatsächlich bleiben nämlich offene Fragen. So äußerte sich die EU-Kommission beispielsweise nicht dazu, ob die Hersteller nun die gültigen EU-Abgasnormen eingehalten oder sogar übererfüllt haben. Für die Kunden ist das ein entscheidender Punkt, weil sie somit weiter nicht wissen, ob sie in einem Fahrzeug aus dem fraglichen Zeitraum nun ökologisch sauber unterwegs waren oder nicht.

    Volkswagen sieht das Vorgehen der EU-Kommission kritisch: Die Kommission verfolge „erstmals technische Kooperation als Kartellverstoß“, gibt VW zu bedenken. Meist sind Absprachen zu Preisen oder zur Aufteilung von Märkten Gegenstand klassischer Wettbewerbsverfahren. Außerdem seien die Überlegungen verkleinerter AdBlue-Tanks gar nicht in die Praxis umgesetzt worden – so sei es „nie zu einem Schaden von Kundinnen und Kunden gekommen“.

    Ähnlich äußerte sich Daimler. Von BMW hieß es ebenso, Brüssel habe „kartellrechtliches Neuland“ betreten. Dies sei von der Kommission lediglich durch einen Abschlag bei den Strafsummen berücksichtigt worden. Besser wäre laut VW der „Erlass klarer Richtlinien“ für kartellrechtskonforme Kooperationen gewesen. (mit dpa)

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