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IG-Metall: Der Augsburger IG-Metall Chef Jürgen Kerner im Portrait

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Der Augsburger IG-Metall Chef Jürgen Kerner im Portrait

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    Jürgen Kerner ist Mitglied des IG-Metall-Bundesvorstands und will Arbeitsplätze in der Region sichern.
    Jürgen Kerner ist Mitglied des IG-Metall-Bundesvorstands und will Arbeitsplätze in der Region sichern. Foto: Fred Schöllhorn

    Ein Netzwerker braucht besondere Fähigkeiten: Er muss in der Lage sein, Menschen unterschiedlicher Couleur an einen Tisch zu bringen, eben wie ein Fischer ein Netz auswerfen. Das erfordert Zeit, Enthusiasmus und Überzeugungskraft. Charme und Geduld stehen einem Beziehungswerker bei dieser harten Arbeit gut zu Gesicht.

    Mit derlei Fähigkeiten ist Jürgen Kerner in unserer Region bekannt geworden. Er verkörpert den modernen Typus eines Gewerkschafters, der zwar für die Interessen der Beschäftigten kämpft, aber dabei auf ideologischen Starrsinn verzichtet. Als Augsburger IG-Metall-Chef schmiedete er einen Beschäftigungspakt nach dem anderen.

    Das gelang ihm etwa bei Maschinenbau-Firmen wie MAN Diesel & Turbo. So wurden hunderte Industrie-Arbeitsplätze in der Region gesichert. Kerner sagt nun im Gespräch mit unserer Zeitung, dass Volkswagen nach der Übernahme des Münchner

    Jürgen Kerners Devise: Kooperation statt Konfrontation

    Er sitzt im MAN-Aufsichtsrat und speist seine Zuversicht aus einem Gespräch mit VW-Patriarch Ferdinand Piëch, der dem VW- wie MAN-Aufsichtsrat vorsteht. „Piëch hat sich wie VW-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh klar für den Verbleib der Augsburger MAN-Aktivitäten im Volkswagen-Konzern ausgesprochen“, so Kerner.

    Unternehmer, für die die IG Metall früher ein rotes Tuch war, akzeptierten Kerner als Gesprächspartner auf Augenhöhe. Auch mit Politikern, Vertretern der Wirtschaftskammern und Wissenschaftlern funktionierte die Strategie der Kooperation statt Konfrontation.

    Das von Kerner unterstützte Augsburger Zentrum für Leichtbaumaterialien wie Kohlenfaserverbundwerkstoffe ist ein Beispiel dafür. All das kam der IG Metall in Form zahlreicher neuer Mitglieder zugute.

    Jüngstes Mitglied des IG-Metall Führungszirkels

    Die Fähigkeiten des Netzwerkers blieben in der Frankfurter Gewerkschaftszentrale nicht verborgen. IG-Metall-Chef Berthold Huber, ein gebürtiger Ulmer, setzt auf den Mann aus Augsburg, der seit Oktober 2011 im Vorstand der Organisation sitzt. „Die neue Arbeit macht Spaß“, sagt Kerner. Das jüngste Mitglied des IG-Metall-Führungszirkels ist seit gestern 44 Jahre alt.

    Im Gespräch wirkt er wie immer gut gelaunt und diskussionsfreudig. Kerner ist innerhalb des Gewerkschaftsgremiums für die Themen Siemens sowie Luft- und Raumfahrt zuständig. Er sitzt in den Aufsichtsräten von MAN, Siemens, des Luftfahrtzulieferers Premium Aerotec und bald auch wieder im Kontrollgremium des Hubschrauberherstellers Eurocopter.

    Südbayerische Netzwerke bundesweit ausbauen

    Bei Siemens hat er einst in Augsburg eine Ausbildung zum Informationselektroniker absolviert; in der Luftfahrtindustrie gehört Kerner zu den wichtigsten Kennern der Branche. Den Wirtschaftszweig sieht er als Wachstumsbranche, in der bundesweit über 95 000 Menschen direkt beschäftigt sind. Es müsse jedoch mehr für den langfristigen Erhalt und Ausbau der Jobs getan werden. „Die Netzwerke, die ich für Südbayern mit initiiert habe, will ich auch deutschlandweit aufbauen.“

    Als Aufsichtsrat fordert er von Unternehmen, auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten die Forschungsbudgets hochzuhalten. Der IG-Metall-Mann will die Lehren aus der Manroland-Insolvenz ziehen. Kritiker werfen dem früheren Management des Druckmaschinenherstellers vor, es in blendenden Jahren versäumt zu haben, ausreichend neue Produkte zu entwickeln.

    Bei der Siemens-Hauptversammlung auf dem Podium

    Gewerkschafter nützen heute ihre Aufsichtsrats-Mandate, um Konzern-Lenker auf solche Fehlentwicklungen hinzuweisen. Das wird vielfach als Co-Management bezeichnet und in Teilen der Arbeitnehmerschaft wegen der Nähe zu den Mächtigen kritisch gesehen. Kerner sieht darin keine Gefahr: „Wir wissen, wo wir hingehören, zu den Menschen in den Fabriken.“

    Heute kann der Gewerkschafter das wieder beweisen. Er sitzt in München bei der Siemens-Hauptversammlung wie sein Chef Huber als Kontrolleur auf dem Podium. Es soll ein turbulentes Treffen werden, in dem Konzernchef Peter Löscher und Aufsichtsrats-Boss Gerhard Cromme wohl von Aktionären heftig attackiert werden, weil sich das Unternehmen nicht ganz so positiv wie versprochen entwickelt hat. Kerner hält die Kritik für überzogen: „Mit einem Gewinn von rund 5,2 Milliarden Euro steht Siemens gut da und ist kein Sanierungsfall.“

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