Nach dem Willen der Bundesregierung sollen in den nächsten Wochen deutlich mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten als bisher – einklagen allerdings können Beschäftigte ein Homeoffice nicht. Eine entsprechende Verordnung des Arbeitsministeriums, die unserer Redaktion vorliegt, verpflichtet die Arbeitgeber zwar, ihren Mitarbeitern „bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten“ das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, solange keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Ein Klagerecht sei damit aber nicht verbunden. Bei Problemfällen müssen Betroffene sich an die Arbeitsschutzbehörden der Länder wenden, das sind in der Regel die Gewerbeaufsichtsämter.
Homeoffice-Pflicht: Bußgelder werden nur in Ausnahmefällen fällig
Bußgelder sollen nach den Worten von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aber „nur im allergrößten Notfall“ verhängt werden. „Mir geht es jetzt nicht darum, Unternehmen zu quälen oder ständig zu kontrollieren“, betonte er. „Diese Maßnahmen sind aber notwendig und deutlich weniger restriktiv als in anderen Bereichen der Gesellschaft.“ Allerdings sind Beschäftigte auch nicht verpflichtet, ein Angebot zum Arbeiten zu Hause anzunehmen.
Corona-Regeln am Arbeitsplatz
Zusätzlich zu den bereits jetzt geltenden Vorschriften wie dem Mindestabstand von 1,5 Metern oder dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann, schreibt die neue Verordnung bis zum 15. März noch folgende Maßnahmen in den Betrieben vor:
- Abstand: Müssen Räume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden, müssen pro Person im Raum mindestens zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ist das aus betrieblichen Gründen nicht möglich, muss der Arbeitgeber durch Lüftungsmaßnahmen und Abtrennungen einen „gleichwertigen Schutz“ sicherstellen.
- Gruppen: In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten müssen diese in möglichst kleine, feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden. „Zeitversetztes Arbeiten ist zu ermöglichen, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen.“
- Masken: Können die Abstandsregeln oder die Mindestflächen bei der Raumbelegung nicht eingehalten werden, muss der Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken zur Verfügung stellen. Die Kosten dafür schätzt das Sozialministerium auf 31,50 Euro pro Mitarbeiter und Woche.
Kein Rechtsanspruch auf Arbeit im Homeoffice
Wirksam werden die neuen Regeln ab Mitte nächster Woche. „Sie schützten die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten und sicherten so mittelbar auch die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors“, heißt es in der Verordnung. Den Vorwurf der Wirtschaft, die Koalition führe nun durch die Hintertür eine Art Rechtsanspruch auf das Arbeiten zu Hause ein, lässt der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke allerdings nicht gelten. „Die jetzt gefundene Regelung ist nur durch die Pandemie zu begründen und überdies befristet“, betonte er gegenüber unserer Redaktion. Ursprünglich hatte Heil einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr durchsetzen wollen, war damit aber am Widerstand der Union gescheitert. Aus ihrer Sicht muss dies nicht zwingend per Gesetz geregelt werden, sondern vor Ort von den Arbeitgebern.
Nach einer Umfrage der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft könnten zwei Drittel der Unternehmen zumindest einen Teil der Arbeit ins Homeoffice verlagern, tatsächlich nutzt diese Möglichkeit bisher aber erst ein Drittel.
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