Am Anfang hat so mancher gemurrt: Homeoffice? Ohne Kollegen und kostenlosen Kaffee? Am Küchentisch? Doch inzwischen hat sich die Einstellung dazu verändert. Nach dem Auslaufen der Homeofficepflicht wollen einer Studie zufolge neun von zehn Beschäftigten weiter von zu Hause aus arbeiten. Zu sehr überwiegen die Vorteile die Nachteile, wie die Studie der Krankenkasse DAK Bayern ergab. "Das Homeoffice ist mittlerweile bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fest etabliert. Sie haben gemerkt, wie gut es sich in den eigenen vier Wänden arbeiten lässt", kommentierte DAK-Landeschefin Sophie Schwab.
90 Prozent gaben demnach bei einer repräsentativen Umfrage an, auch künftig mindestens ein Viertel ihrer Arbeitszeit daheim ableisten zu wollen. 46 Prozent wollen höchstens zur Hälfte, zehn Prozent fast gar nicht mehr ins Büro zurück. Während der zweiten Corona-Welle waren laut DAK rund 40 Prozent der Beschäftigten in Bayern im Homeoffice - bei hoher Arbeitszufriedenheit und Produktivität.
SPD fordert ein Recht auf Homeoffice
Ein Recht auf mindestens 24 Tage Homeoffice pro Jahr fordert Bayerns SPD-Chefin Ronja Endres, "im Idealfall sogar mehr". Mit Freiwilligkeit werde man nicht weit kommen, ist sie überzeugt. "Gerade die Hochphase der Corona-Krise mit ihren weiterhin gut gefüllten Büros hat gezeigt, dass beim Thema Homeoffice und mobiles Arbeiten viele Arbeitgeber noch große Vorbehalte haben."
Dabei gehe es nicht nur um den berechtigten Anspruch, sich angesichts der neuen Delta-Variante schützen zu wollen. "Homeoffice ist eine neue Lebensrealität geworden, dem sollten wir als Politik Rechnung tragen", sagte die SPD-Vorsitzende. Arbeitnehmer könnten so einfacher familiäre oder private Aufgaben mit dem Job vereinbaren. Zudem gingen weniger Zeit, Geld und Klimaressourcen für die Wege zum Arbeitsplatz verloren. Sie könne daher nicht verstehen, warum die Union im Bund die Bemühungen der SPD für ein Recht auf Homeoffice nach wie vor torpediere.
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) steht einem Recht auf Homeoffice kritisch gegenüber. "Die Entscheidung 'Homeoffice oder nicht' muss immer eine Entscheidung des Unternehmens sein", betonte der Verband jüngst. "Sie darf nicht staatlich angeordnet werden. Denn die Betriebe können selbst am besten beurteilen, welche Arbeiten im Homeoffice gemacht werden können und welche nicht." Die vbw befürchtet durch Homeoffice zudem Verluste bei Produktivität, Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit.
Rückenleiden und Gewichtszunahme: Häufig verstärkt Homeoffice einen ungesunden Lebensstil
85 Prozent der befragten Betroffenen im Freistaat sind der Meinung, dass sich dafür prinzipiell geeignete Aufgaben im Homeoffice genauso gut erledigen lassen wie im Büro. Sieben von zehn empfinden sich sogar als produktiver, und knapp zwei Drittel nehmen die Arbeit angenehmer wahr.
Ein Grund dafür: 85 Prozent können dank Heimarbeit Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren. 78 Prozent gewinnen durch den Wegfall des Arbeitsweges Zeit, und 72 Prozent genießen es, Aufgaben gezielter über den Tag verteilen und mit Freizeit kombinieren zu können. Damit sind sämtliche der genannten Werte im Vergleich zur ersten Corona-Welle im Jahr 2020 gestiegen.
Allerdings gibt es auch Nachteile: "Häufig verstärkt sich ein ungesunder Lebensstil", erläuterte Schwab. Zwei Drittel bewegten sich weniger als sonst, nur jeder Zweite unterbreche langes Sitzen bewusst. Rückenleiden und Gewichtszunahmen seien die Folge. Schwab forderte deshalb: "Da viele Beschäftigte auch nach Corona weniger im Büro arbeiten werden, müssen wir einen stärkeren Fokus auf die Gesundheit im Homeoffice legen." (dpa)