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Hohe Benzinpreise: Kettenbrief ruft zum Tank-Boykott auf

Hohe Benzinpreise

Kettenbrief ruft zum Tank-Boykott auf

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    Kettenbrief ruft zum Tank-Boykott auf
    Kettenbrief ruft zum Tank-Boykott auf

    Von Sabine Posselt Aufruf zur Rebellion im Mail-Eingang: Neben "normaler" Post, Newslettern, viel Spam und nerviger Werbung eine Nachricht, die stutzig macht:

    "Hallo. An alle Autofahrer! Am 1.12. soll deutschlandweit nicht getankt werden! Beteiligt euch an dem Protest gegen die steigenden Spritpreise und sagt es allen die ihr kennt!" Ein Kollege hat die wichtige Botschaft sogar per SMS bekommen. Was steckt dahinter?

    Der Absender ist vage bekannt, es fehlt die Anrede, denn versandt wurde die Mail anscheinend an alle im Adressbuch. Natürlich, steht ja so als Anweisung drin. Soll ich auch? Doch Moment, erst mal schauen, was hinter dieser Aktion steckt. Eine kurze Suche in diversen Internet-Foren zeigt, dass die Aktion bereits hohe Wellen schlägt. Da wird heftig diskutiert, was so eine Protestaktion bringen kann.

    Befürworter hoffen, die Mineralölkonzerne würden durch den Tankstellen-Boykott ins Grübeln kommen. Wenn an einem Tag die Nachfrage fehle, wären die Lager so überfüllt, dass der Preis drastisch gesenkt werden müsse. Und "den Herren in Berlin" werde gezeigt, wie schnell ihnen der Verbraucher "Milliarden an Steuereinnahmen" verweigern könne.

    In Australien habe das mal funktioniert, als die Preise für Brokkoli stark gestiegen wären, weiß ein User zu berichten. Zwei Tage Kaufboykott, dann habe sich der Gemüsepreis wieder auf das normale Niveau eingependelt. Warum also nicht auch beim Benzin mit fehlender Nachfrage das Angebot verbilligen?

    Die Skeptiker sind in der Mehrheit. Es bringe wenig, nur einen Tag früher oder später zu tanken - das verschiebe lediglich den Umsatz der Konzerne. Wirkungsvoll wäre die Aktion nur, wenn alle Autofahrer einen Tag lang ihr Fahrzeug stehen lassen. Durch den dann weniger verbrauchten Sprit gebe es spürbare Verluste bei Konzerngewinnen und Steuereinnahmen. Zu solchen autofreien Sonntagen haben diverse Umweltorganisationen immer wieder aufgerufen - allerdings nicht über anonyme Kettenbriefe.

    Die angeregten Diskussionen zeigen, die Aktion trifft den Nerv der geplagten Autofahrer. Klar, jeder leidet unter den Spritpreisen, niemand freut sich, wenn der Liter Diesel 1,30 Euro oder Super gar 1,40 Euro kostet.

    Allerdings zeigt sich bei gründlicher Suche im Internet, dass die Idee eines Tankstellen-Boykotts nicht neu ist. Bereits 1999 fand eine ähnliche Aktion in den USA statt, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Seither kursieren Protestaufrufe in unregelmäßigen Abständen weltweit im Internet. Im Jahre 2000 sollten beispielsweise nur bestimmte Tankstellenketten boykottiert und so binnen drei Monaten in den Ruin getrieben werden.

    Auf der Homepage der Technischen Universität Berlin ist die Geschichte des Benzinpreisprotests im Detail dokumentiert - und bewertet. Nach Einschätzung der Experten handelt es sich nämlich um einen "Hoax", also einen Kettenbrief, dessen Urheber nicht zu finden sind, und der vor allem dazu dient, E-Mail-Postfächer zu verstopfen.

    Während der Boykott-Aufruf in den vergangenen Jahren stets nur per Mail verschickt wurde, sind seit einigen Wochen auch SMS im Umlauf. Und diese kosten bekanntlich Geld. In einem Forum wird deshalb gleich gemutmaßt, dass hinter der Aktion "die Mobilfunkbetreiber stecken". Die Wahrscheinlichkeit ist vermutlich genauso hoch wie der Zusammenhang zwischen australischem Brokkoli und deutschem Benzin. Doch scheinbar kann eine Verschwörungstheorie gar nicht so abstrus sein, dass sie nicht irgendwo leidenschaftlich diskutiert wird.

    Harmloser Scherz, echter Protest oder gemeine Abzocke? Die Grenzen sind manchmal fließend. Wer sich über Gefahren im Internet informieren möchte, findet viele Tipps in unserer Serie zur PC-Sicherheit.

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