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Hintergrund: Weshalb Kuka nicht zur Ruhe kommt

Hintergrund

Weshalb Kuka nicht zur Ruhe kommt

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    Kuka hat diese Woche nach nur dreieinhalb Monaten den Technik-Vorstand verloren. Die permanente Unruhe in Augsburg hat auch mit den Umbrüchen in der Industrie zu tun.
    Kuka hat diese Woche nach nur dreieinhalb Monaten den Technik-Vorstand verloren. Die permanente Unruhe in Augsburg hat auch mit den Umbrüchen in der Industrie zu tun. Foto: Ulrich Wagner

    Ein Roboterarm, der vorsichtig die braune Bierflasche greift, schwenkt und langsam ein Weißbier einschenkt. Mit dieser Präsentation war der Augsburger Automatisierungsspezialist Kuka ein Hingucker auf der Hannover Messe 2015, der weltgrößten Industrieschau, die einmal im Jahr stattfindet. Die Besucher durften sich kostenlos ein (alkoholfreies) "Weizen" nehmen. Doch nicht nur deshalb lockte der Weißbier-Roboter damals hunderte Besucher auf den Kuka-Stand: Die Firma war zu dem Zeitpunkt ein Star: Kuka bedeutete High-Tech, Kanzlerin Angela Merkel kam auf der Messe vorbei und besuchte im gleichen Jahr das Unternehmen in Augsburg. Im Rückblick sind es fast selige Zeiten, denn seither hat Kuka turbulente Umbrüche durchlitten.

    Letzter Höhepunkt: Nach nur dreieinhalb Monaten im Amt muss Technik-Vorstand Peter Hofmann das Unternehmen schon wieder verlassen. Kuka scheint nicht zur Ruhe zu kommen. Doch die Ereignisse sind nicht nur hausgemacht. Kuka steckt mitten in einem Strukturwandel, den große Teile der deutschen Industrie erleben.

    In letzten Zeit häuften sich einschneidende Ereignisse. Ein kurzer Rückblick: Im Jahr 2009 übernimmt der frühere Kuka-Chef Till Reuter das Unternehmen in einer Krise. Reuter war zuvor als Investmentbanker für Institute wie Morgan Stanley, die Deutsche Bank oder Lehman Brothers tätig. Unter ihm floriert Kuka. Umsatz und Gewinn gehen nach oben, die Augsburger werden zum Aushängeschild der deutschen Industrie.

    Kuka: 2016 steigen Chinesen als Haupteigentümer ein

    Im Jahr 2016 dann der große Umbruch: Kuka bekommt einen neuen Eigentümer. Der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea kauft Schritt für Schritt Kuka-Aktien, der Börsenkurs schießt nach oben. Die Papiere sind zeitweise rund 200 Euro wert. Für teure 4,7 Milliarden US-Dollar gehören den Chinesen am Ende rund 95 Prozent des Unternehmens. Die spektakuläre Übernahme rüttelt die Politik wach und wirft die Frage auf, ob Deutschland sein wirtschaftliches Porzellan nach China verkaufen darf. 2017 erteilen die letzten Behörden der Übernahme ihren Segen

    Ein Jahr später aber dreht sich die wirtschaftliche Lage, die Zahlen fallen schlechter aus, der Aktienkurs gibt nach. Das Papier steht heute nur noch bei rund 35 Euro. Kuka ist schnell gewachsen. Vielleicht zu schnell? Die Folge des schwächelnden Geschäfts: 2018 muss Till Reuter gehen. Er lädt die Kukaner zum Abschied ins Stadion zu einem Eishockeyspiel ein. An die Firmenspitze rückt der bisherige Finanzchef Peter Mohnen.

    Um das Unternehmen in die Spur zu bringen, gibt es drei Sparprogramme. Jedes für sich ist bitter und sorgt für Unruhe. Noch unter Till Reuter werden im Anlagenbau 250 Stellen gestrichen. Der neue Kuka-Chef Peter Mohnen legt ein weiteres Programm für den Gesamtkonzern auf, nochmals fallen 350 Stellen weg. Bei Kuka betont man, die Arbeitsplätze seien sozial verträglich ohne betriebsbedingte Kündigungen abgebaut worden. Ende 2019 folgt eine dritte Sparwelle, die Bereiche umfasst, die aus der Übernahme des fränkischen Robotik-Unternehmens Reis hervorgegangen sind. Betroffen sind nochmals 165 Jobs in Obernburg bei Aschaffenburg und 90 in Augsburg.

    Peter Hofmann geht als CTO nach nur dreieinhalb Monaten

    In dieses unruhige Umfeld platzt diese Woche der Weggang von Technik-Vorstand Peter Hofmann, der als Hoffnungsträger kam. Grund sollen Differenzen um die Ausübung des Amts gewesen sein. Sollte er sich vor allem in die Vorstandsarbeit einbringen? Oder sollte er stärker Innovationen in der Robotik vorantreiben? Die Personalie ist ein, aber sicher nicht der wichtigste Punkt im Wandel, den Kuka erlebt. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass auch andere Unternehmen Umbrüche erleben. Große Teile der Industrie stehen unter Druck. Und das schlägt wiederum auch bei Kuka durch.

    Strukturwandel in weiten Teilen der Industrie schlägt auf Kuka durch

    Da ist zuerst der Wandel in der Autoindustrie. Diese stellt sich auf neue Antriebe ein, das E-Auto kommt, neue Mobilitätsformen werden gefunden. Die großen Autohersteller wie VW oder Daimler investieren an anderer Stelle, Vorhaben werden auf Eis gelegt. Kuka stattet viele Autofabriken mit Robotern aus. Doch auch Zulieferer wie Grob oder Bosch spüren die Umbrüche der Autobranche.

    Zudem werden für Kuka neue Märkte immer wichtiger, zum Beispiel die Elektronikproduktion in Asien. Produkte wie Smartphones wechseln aber häufiger das Design als zum Beispiel Autos. Darauf muss ein Maschinenhersteller wie Kuka Antworten finden. Dazu kommt, dass Kuka nicht nur Roboter baut. Immer zentraler ist intelligente Software, um diese zu betreiben. Rund die Hälfte der Entwickler des Unternehmens sollen heute im Software-Bereich arbeiten. Zuletzt macht Kuka auch die Abkühlung der Konjunktur zu schaffen. Der Auftragseingang der Augsburger ist im dritten Quartal 2019 merklich gesunken.

    Aber wie sieht das Unternehmen selbst seine Lage? "Als Technologieunternehmen sind wir den Wandel gewohnt", sagt Kuka-Sprecher Wolfgang Meisen. "Das sorgt verständlicherweise für Unruhe, ist aber manchmal nötig, um wettbewerbsfähig zu bleiben." Kuka könne aber auf engagierte Leute mit einer hohen Identifikation mit dem Unternehmen zählen. Zudem sei das Unternehmen mit seinen Teilbereichen Robotik, Anlagenbau, Logistik und Software breit aufgestellt. Welche Rolle spielen aber bei all dem die häufig kritisierten Chinesen als Eigentümer?

    Aktionärsschützer Klose: "Lackmustest für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit"

    Aus dem Unternehmen heißt es, dass die Sparprogramme sowieso stattfinden hätten müssen – chinesische Eigentümer hin oder her. Es gibt auch eine andere Sicht: "Kuka ist ein Lackmustest für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit", schränkt Professor Roland Klose ein, der für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz die Interessen der Aktionäre auf vielen Kuka-Hauptversammlungen vertreten hat. Dass ein Technik-Vorstand frühzeitig gehe, sei "kein tolles Signal", meint Klose. "Es ist auch klar, dass Sparprogramme oder der Aufbau von Entwicklungskapazitäten in China Verunsicherung bei den Mitarbeitern hervorrufen", erklärt er. "Jetzt kommt es darauf an, die deutsche-chinesische Zusammenarbeit zum Erfolg zu machen."

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