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Hintergrund: Warum Osram Probleme hat

Hintergrund

Warum Osram Probleme hat

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    In Augsburg arbeiten für Osram noch etwa 1200 Frauen und Männer.
    In Augsburg arbeiten für Osram noch etwa 1200 Frauen und Männer. Foto: Anne Wall

    Ein Konzern, der die Sixtinische Kapelle in Rom und das für seine Bilder des Blauen Reiters berühmte Münchner Lenbachhaus mit Leuchten bestückt, sollte ein Hort zufriedener Mitarbeiter sein. Ja, dort sollten Beschäftigte stolz auf die Leistungen des Managements und der Entwickler sein. Sind sie auch. Aber nicht überall in der Osram-Welt ist die Stimmung gut.

    In bayerischen Werken wie Augsburg will der Glanz der Sixtinischen Kapelle und des Kunstpalastes nicht auf die Mitarbeiter abstrahlen. Hier herrscht Existenzangst, was nicht verwundert, müssen die Beschäftigten doch in

    Strukturwandel gefährdet auch den Standort Augsburg

    Noch besteht diese Gefahr nicht, da sind sich Betriebsräte und Gewerkschafter, die am Donnerstag in Augsburg an die Öffentlichkeit getreten sind, einig. Dafür lasse sich mit den in Augsburg produzierten Leuchtstofflampen, besser bekannt als Neonröhren, nach wie vor zu gutes Geld verdienen. Und das wird, wie Licht-Experte Markus Helle, Chefredakteur des Fachorgans Highlight früh prognostiziert hat, noch viele Jahre so sein. Demnach wäre die kleinere T-5-Leuchtstofflampe eine Überlebensgarantie für das Werk. Doch was passiert mittelfristig, wenn der Strukturwandel in der Branche weg von klassischen Leuchtmitteln hin zu LEDs – also Leuchtdioden – weiter an Fahrt gewinnt?

    Dann könnte, befürchtet Gewerkschafter Armellini, auch der Augsburger Standort in Gefahr geraten. Damit das nicht passiert, werden die Beschäftigten-Vertreter aus Betriebsrat und Gewerkschaft sowie Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl nicht müde, an die Osram-Spitze zu appellieren, in dem Werk auch neue, innovative Produkte herzustellen. Seit 2008 gibt es diese Forderungen. Folgt man Armellini, haben sie trotz aller Runden Tische und kreativen Ideen aus dem Kreis der Mitarbeiter nicht gefruchtet.

    Auch beim gestrigen Besuch von Osram-Chef Wolfgang Dehen im Augsburger Werk gab es nach Darstellung der IG Metall keine Zusagen für die Produktion von Zukunftsprodukten. LED – das ist in der Osram-Welt Regensburg. Dort hat der Konzern kräftig in diese Halbleiterbau-Elemente, die ausgehend von einem kleinen Chip Licht abgeben, investiert. Dort schien die schöne neue Lichtwelt, auf die Augsburger Osram-Beschäftigte neidisch blicken, lange heil zu sein.

    Die LED-Welt ist nicht mehr heil

    Das ist Osram

    Der Name "Osram" setzt sich zusammen aus den beiden Metallen Osmium und Wolfram, die früher bei der Herstellung von Glühlampen verwendet wurden.

    Die Marke Osram gibt es seit 1906, die Osram Werke wurden 1919 gegründet, als AEG, Siemens und die Auer-Gesellschaft ihre Glühlampenproduktion zusammenlegten. Von 1978 an gehörte Osram alleine Siemens.

    Seit seinem Börsengang 2013 ist Osram eine eigenständige AG. Kritiker werfen Osram vor, zu langsam auf neue Entwicklungen wie die LED zu reagieren und zu sehr an der Herstellung traditioneller Leuchtmittel festzuhalten.

    Der grundlegende Wandel auf dem Lichtmarkt - weg von der Glühbirne, hin zur LED-Technik - macht dem Unternehmen seit längerem zu schaffen.

    Osram gehört international zu den führenden Herstellern von Leuchtmitteln. Der wichtigste Produktbereich ist die Allgemeinbeleuchtung. Das Unternehmen beschäftigte nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2014 über 34.000 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von knapp 5,1 Milliarden Euro.

    Der Hauptsitz der Firma ist in München. Weltweit betreibt Osram 33 Werke in 14 Ländern, in Deutschland unter anderem in Augsburg, Schwabmünchen, Eichstätt und Berlin.

    Im August 2014 übernahm Osram das italienische Entertainment-Lichtunternehmen Clay Paky. Spezialisiert sind die Italiener auf die Entwicklung und den Bau von beweglichen Schweinwerfern für die Unterhaltungsbranche.

    Das Lampen-Geschäft mit Glühbirnen und LEDs will der Leuchmittelhersteller zukünftig ausgliedern. Der Aufsichtsrat stimmte im Juni 2015 einer Abspaltung zu: Die betroffenen Sparten mit rund 12.000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 2 Milliarden sollen selbstständig werden.

    In der Region hat Osram bereits mehrere hundert Stellen der Werke in Augsburg und Schwabmünchen gestrichen. Am Standort Augsburg sind noch rund 1100 Frauen und Männer angestellt.

    Doch selbst der Oberpfälzer Vorzeige-Standort wird von der neuen Sparwelle erfasst. Dort stehen wohl rund 100 Arbeitsplätze auf der Kippe. Denn die LED-Welt ist nicht mehr heil. Die Zahl aggressiver Wettbewerber aus Asien wie LG oder Samsung steigt. Die Preise verfallen und die Margen sinken, oft, wie ein Insider sagt, sogar unter die Renditen des traditionellen Geschäfts. Auch deshalb ist die Osram-Aktie nach Höchstwerten von rund 50 Euro abgestürzt und notierte zuletzt bei gut 32 Euro.

    Hat Augsburg jetzt Grund zur Hoffnung? Kann sich der Standort allein mit traditionellen Produkten noch lange durchkämpfen? Die Betriebsräte sehen darin eine gefährliche Strategie. Sie fordern nach wie vor Investitionen in LED-Zukunftsprodukte für das Werk. Einen entsprechenden Beschluss könnte der Osram-Aufsichtsrat am 22. September fassen. Dann tagen die Mitglieder des Gremiums in Augsburg und werden mitbekommen, wenn die Beschäftigten an diesem Tag lautstark gegen den Arbeitsplatzabbau protestieren.

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