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Hintergrund: Nach Protesten: Airbus will Pläne für Premium Aerotec neu prüfen

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Nach Protesten: Airbus will Pläne für Premium Aerotec neu prüfen

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    Ein Mitarbeiter der Airbus-Tochter Premium Aerotec verlässt nach einer Protestaktion mit einem Plakat, auf dem "Wir zeigen dem Management die rote Karte" zu lesen ist, das Betriebsgelände des Unternehmens.
    Ein Mitarbeiter der Airbus-Tochter Premium Aerotec verlässt nach einer Protestaktion mit einem Plakat, auf dem "Wir zeigen dem Management die rote Karte" zu lesen ist, das Betriebsgelände des Unternehmens. Foto: Karl-Josef Hildenbrand,dpa

    Seit Wochen laufen die deutschen Arbeitnehmervertreter Sturm gegen die Pläne des europäischen Luftfahrtkonzerns Airbus, die in Augsburg sitzende Zuliefertochter Premium Aerotec zu zerschlagen und für einen Teil einen Investor zu suchen. So haben Betriebsräte und Beschäftigte den Managern des deutsch-französisch-spanischen Konzerns symbolisch bei einer Protestaktion die Rote Karte gezeigt. Der immer stärker werdende Druck auf die Verantwortlichen des Konzerns mit Hauptsitz im französischen Toulouse hat nun spürbar Wirkung gezeigt.

    2800 Beschäftigte bei Premium Aerotec bangen seit Monaten um ihre Arbeit

    So gestanden die Airbus-Repräsentanten bei einer Sitzung des Europäischen Betriebsrates am Mittwoch deutschen Betriebsräten und Gewerkschaftern zu, noch einmal über die Pläne für die Einzelteile- und Komponentenfertigung der Airbus-Tochter Premium Aerotec, die ausgegliedert werden soll, nachzudenken. Zwar „favorisiert Airbus nach wie vor die Gründung einer separaten Einheit mit einem externen Partner“. Das Unternehmen will also einen Investor in das Unternehmen holen. Was aber neu ist und als Zugeständnis an Betriebsräte und Gewerkschafter gewertet werden kann: Airbus prüft, ob die Einzelteilefertigung als eigenständiger Bereich weiter im Unternehmen verbleiben kann.

    Das Logo der Airbus-Tochter Premium Aerotec am Hauptsitz des Unternehmens.
    Das Logo der Airbus-Tochter Premium Aerotec am Hauptsitz des Unternehmens. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Noch ist also unklar, wohin die Reise für den Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec geht. Auf Nachfrage unserer Redaktion verwiesen Airbus-Manager bei einer Pressekonferenz darauf, es würden weiter Gespräche mit den Sozialpartnern, also Betriebsräten, geführt. Bis Ende Juli könne hier mehr Klarheit herrschen. Über dem Augsburger Werk mit zuletzt noch rund 2800 Beschäftigten kreist also nach wie vor die Zerschlagungskeule.

    Auch der Einstieg eines Investors bleibt möglich. Die Verantwortlichen von Airbus und Premium Aerotec erhoffen sich dank eines Partners, die Produktion kleinerer Flugzeugteile, die in der Luftfahrt im Vergleich zum Autobau immer noch vergleichbar groß sind, kostengünstiger und damit gewinnträchtig zu gestalten. Dies soll vor allem dadurch gelingen, dass ein solcher Partner aus der Branche Fertigungsvolumen einbringt, also selbst als Zulieferer in der Luftfahrtindustrie auf dem Gebiet der Zerspanung tätig ist. Der Kostendruck in dem Bereich ist enorm.

    Steigt Michael Tojner bei Premium Aerotec ein?

    Immer wieder war der österreichische Unternehmer Michael Tojner mit seinem Unternehmen Montana Aerospace als möglicher Gefährte für Premium Aerotec gehandelt worden. Doch noch nennen Airbus-Manager keine Namen, schließlich stehen weitere und harte Gespräche mit Betriebsräten und Gewerkschaftern an. Die Verhandlungen dürften sich gerade für den Augsburger Standort kompliziert gestalten, besteht er doch aus vier Einzelwerken.

    Wird Michael Tojner Premium Aerotec vor der Zerschlagung retten?
    Wird Michael Tojner Premium Aerotec vor der Zerschlagung retten? Foto: Marijan Murat

    Im ersten Teil werden große Baugruppen für den Langstrecken-Jet A350 hergestellt, im zweiten arbeiten Beschäftigte vor allem für das militärische Transportflugzeug A400M, im dritten sind Spezialisten für den Bau des Eurofighter-Rumpfmittelteils verantwortlich. Die bei weitem meisten Frauen und Männer gehören aber dem Werk IV an, in dem Einzelteile, aber auch das große Rumpfende für die A320- und die A340-Familie entstehen. Dort sind allein etwa 2200 der rund 2800 Mitarbeiter tätig.

    Betriebsräte befürchten Ausbluten des Standortes

    Betriebsräte befürchten, dass ein teilweiser oder vollständiger Verkauf des Werkes IV zu einem Ausbluten des gesamten Standortes führen könnte. Denn wer auch immer als Investor einsteige, bekomme den enormen Kostendruck zu spüren. Das – so die Argumentation der Arbeitnehmervertreter – könnte den neuen Anteilseigner oder alleinigen Besitzer verleiten, die Produktion Stück für Stück an kostengünstigere osteuropäische oder asiatische Standorte zu verlagern. Arbeitnehmervertreter sehen die Gefahr, dass der Luftfahrtstandort einen Tod auf Raten stirbt. Irgendwann hätte er nicht mehr die kritische Größe, um wirtschaftlich betrieben werden zu können.

    Anders als die Belegschaft, will Huber Aiwanger einen "Qualitätsinvestor" für Premium Aerotec.
    Anders als die Belegschaft, will Huber Aiwanger einen "Qualitätsinvestor" für Premium Aerotec. Foto: Anette Zoepf

    Auf alle Fälle rechnen Betriebsräte mit einem weiteren massiven Arbeitsplatzabbau, nachdem schon hunderte Stellen in Augsburg weggefallen sind. Insofern löste in Mitarbeiterkreisen die Aussage von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, dass bei einem Verkauf von Unternehmensteilen nur ein Qualitätsinvestor infrage komme, Irritationen aus. Die Arbeitnehmervertreter kämpfen schließlich dafür, dass der Augsburger Standort voll im Airbus-Konzern bleiben kann und nicht zerschlagen wird. Ein Sprecher des Ministers sagte dazu: „Herr Aiwanger unterstützt den Verbleib der Fertigung im Airbus-Verbund, setzt sich für den Erhalt der Arbeitsplätze am Standort Augsburg ein, kann aber nicht etwas ausschließen, was noch Gegenstand von Unternehmensentscheidungen und Gesprächen mit der Belegschaft ist.“ Bei einem Verkauf sei der Erwerb durch einen strategischen Investor zu bevorzugen, der durch entsprechende Kompetenzen Jobs in Augsburg sichern könne.

    Unser Autor Stefan Stahl hat dieses Thema auch kommentiert:

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