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Handel: Handelsbarrieren: Frankreich plant neue Schranken

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Handelsbarrieren: Frankreich plant neue Schranken

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    Frankreich plant neue Schranken.
    Frankreich plant neue Schranken. Foto: Andreas Gebert (dpa)

    Ausgerechnet Michel Barnier erfuhr von dem Beschluss nur am Telefon. Der französische EU-Kommissar, zu dessen Aufgabengebiet der Ausbau des Binnenmarktes gehört, musste auf diesem Weg am Donnerstag hören, dass die Pariser Regierung neue wirtschaftliche Mauern errichten will. Mitten im Übernahmepoker um den Energie- und Bahn-Riesen Alstom sicherte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg der Regierung weitgehende Rechte bei internationalen Deals.

    Sofern es um Betriebe aus den Bereichen Energie, Wasser, Verkehr, Gesundheit und Telekommunikation geht, brauchen Investoren künftig die Erlaubnis des Staates, wenn sie 33 Prozent oder mehr an einer Firma übernehmen wollen. „Dies ist eine grundlegende Wiederbewaffnung der Staatsmacht“, gab sich Montebourg kämpferisch. In Brüssel kündigte Kommissar Barnier, der übrigens der konservativen Oppositionspartei UMP in seiner Heimat angehört, umgehend eine Prüfung an. Sollte die Verordnung der französischen Regierung tatsächlich alle Transaktionen zum Einstieg in einen Betrieb prüfen wollen, könne dies nämlich ein Verstoß gegen das Grundrecht des freien Kapitalverkehrs sein. Barnier: „Das wäre ganz klar Protektionismus.“

    Doch der Protest gegen die Pläne aus Paris hält sich in Grenzen. Weder in Berlin noch Rom oder anderen Hauptstädten gab es erkennbaren Widerstand. Der Grund liegt auf der Hand: Derartige nationale Schutzmaßnahmen sind längst gang und gäbe. Auch in der Bundesrepublik, wo das Außenwirtschaftsgesetz seit 2009 der Regierung die Möglichkeit gibt, die Übernahme von mehr als 25 Prozent der Anteile an einem Konzern per Veto zu stoppen. Im VW-Gesetz wurde der Protektionismus sogar gesetzlich geregelt und von Brüssel abgesegnet.

    Ziel: ausländische Konkurrenten vom eigenen Markt fernhalten

    Sehr viel verbreiteter sind allerdings andere Handelsbeschränkungen, von denen die Europäische Kommission zwischen 2008 und 2013 immerhin 700 zählte, die alle nur einen Sinn haben: ausländische Konkurrenten vom eigenen Markt fernzuhalten. Der jährliche Schaden durch solche Handelsbarrieren wird in Brüssel auf 150 Milliarden Euro geschätzt, mindestens 2,5 Millionen Arbeitsplätze würden verhindert, heißt es. Der Chef des Freiburger Centrums für europäische Politik (cep), Lüder Gerken, weiß, wie man sich sogar unter Berufung auf das EU-Recht abschotten kann: Artikel 30 des EG-Vertrages gestattet ausnahmsweise ein Importverbot, wenn ein Produkt aus einem anderen Mitgliedstaat bestimmte nationale Schutzziele, etwa den Gesundheitsschutz, gefährden würde.

    Allzu oft wird das nur vorgeschoben, um die heimische Industrie vor Konkurrenz zu schützen. Die Importeure würden nämlich zu teuren Gutachten gezwungen, die die Konformität mit den heimischen Regelungen nachweisen. Das verteure die Produkte so sehr, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig seien. Solche Hindernisse werden munter weiter aufgestellt, obwohl die EU-Binnenmarkt-Gesetzgebung eigentlich zum Gegenteil verpflichtet. Die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) übrigens auch.

    Der Pariser Schachzug hat offenbar einen konkreten Hintergrund: Während die Regierung Alstom lieber in den Händen des deutschen Siemens-Konzerns sähe, neigt die Konzernführung eher dem US-Giganten General Electric zu. Genau dieswillWirtschaftsministerMontebourg aber verhindern. Dass er dabei Widerstand aus Brüssel befürchten muss, scheint eher unwahrscheinlich. So kurz vor den Europawahlen würde es nicht einmal ein französischer Kommissar wagen, dem Nationalgefühl einen ordnungspolitischen Stoß zu versetzen.

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