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„Grüner Knopf“: Textilsiegel von Entwicklungsminister Müller steht vor dem Aus

„Grüner Knopf“

Textilsiegel von Entwicklungsminister Müller steht vor dem Aus

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    Mit dem „Grünen Knopf“ wollte Gerd Müller ein Siegel für fair produzierte Kleidung schaffen. Auch um die Arbeitsbedingungen in Herstellungsländern - hier Äthiopien – zu verbessern.
    Mit dem „Grünen Knopf“ wollte Gerd Müller ein Siegel für fair produzierte Kleidung schaffen. Auch um die Arbeitsbedingungen in Herstellungsländern - hier Äthiopien – zu verbessern. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archiv)

    Es ist das Prestigeprojekt von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU): Der „Grüne Knopf“ an einem Kleidungsstück soll dem Verbraucher signalisieren, dass das T-Shirt, das Hemd oder die Hose, die er im Handel erwirbt, unter fairen und gerechten Bedingungen produziert wurde und im gesamten Herstellungsprozess soziale wie ökologische Mindeststandards eingehalten wurden.

    Mit dem Siegel garantiere der Staat, dass der Kunde mit seinem Kauf einen Beitrag zum Kampf gegen Ausbeutung und für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung leiste. Wer Kleidung mit dem Grünen Knopf kaufe, könne „zu 100 Prozent sicher sein, dass sie fair und nachhaltig produziert wurde“, so Müller.

    Textilbranche fürchtet Wettbewerbsnachteile durch "Grünen Knopf"

    Doch die deutsche Textilwirtschaft hält von den Plänen Müllers nichts, im Gegenteil. Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie („textil+mode“) fährt schwere Geschütze gegen den CSU-Minister auf und stellt das gesamte Projekt infrage. „Seit nun vier Jahren versucht Minister Müller, seinen Knopf immer wieder aus der Versenkung zu holen. Er ist und bleibt eine Schnapsidee“, sagt Uwe Mazura, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, gegenüber unserer Redaktion. „Wir haben den Eindruck, dass vor der bayerischen Landtagswahl alles recht ist, was Aufmerksamkeit erzeugen soll. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.“

    Die rund 1400 Unternehmen der deutschen Textilwirtschaft mit ihren rund 135.000 Beschäftigten in Deutschland stünden in einem harten internationalen Wettbewerb und würden schon heute „nach den höchsten Sozial- und Umweltstandards weltweit“ arbeiten. „Der Müller-Knopf wird der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen eher schaden als nutzen“, so der Hauptgeschäftsführer von „textil+mode“.

    So verweist der Verband darauf, dass bei der Produktion eines Hemdes insgesamt 140 verschiedene Stationen durchlaufen werden. Insofern sei es „ein realitätsfernes Versprechen“, dass der Staat mit einem Siegel eine nachhaltige, faire und ökologische Produktion „vom Baumwollfeld bis zum Bügel“ garantieren wolle.

    In einem internen Positionspapier, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es, Müller ignoriere „allen fachlichen Rat“, ihm gehe es „in erster Linie um politisches Marketing“. Der Knopf könne „gar nicht halten, was er vorgibt zu versprechen“, die Umstellung auf das neue Siegel sei „mit enormen zusätzlichen Kosten“ verbunden“, der Aufbau eines Überwachungssystems dauere Jahre, nur bei kleinen Produktionsmengen sei die lückenlose Kontrolle vom Baumwollfeld bis zum Bügel möglich, nicht jedoch bei Massenprodukten.

    Müller: Verbraucher brauchen Orientierung beim Kleiderkauf

    Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) weist die Bedenken und Einwände zurück. „Wir brauchen ein Siegel, das den Kunden beim Einkauf einfach und klar signalisiert: hier handelt es sich um fair produzierte Kleidung“, sagt er gegenüber unserer Redaktion. Der Knopf soll direkt am Kleidungsstück angebracht werden „und garantiert glaubwürdig soziale und ökologische Produktionsstandards“.

    Er ist von einem Erfolg überzeugt. Das von ihm initiierte „Textilbündnis“, das 2014 mit 34 Mitgliedern und einer Marktabdeckung von gerade einmal einem Prozent gestartet war, habe mittlerweile 150 Mitglieder mit einer Marktabdeckung von 50 Prozent. Schon jetzt habe man erreicht, dass 160 giftige Chemikalien verbannt und über 300 Inspektoren ausgebildet wurden, zudem gebe es 1500 konkrete Versprechungen, die es ohne das Textilbündnis nicht gegeben hätte. Ab 2019 seien zudem neue Abwasserstandards verpflichtend, da weltweit 20 Prozent der Wasserverschmutzung auf das Färben und Veredeln von Textilien zurückgehe.

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