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Höchstädt: Grünbeck und das untrügliche Gespür für Wasser

Höchstädt

Grünbeck und das untrügliche Gespür für Wasser

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    "Mitarbeiter brauchen Freiräume", sagt Günter Stoll, Chef des Unternehmens Grünbeck. Seinen Wasserenthärtern hat die Firma ein neues Design gegeben.
    "Mitarbeiter brauchen Freiräume", sagt Günter Stoll, Chef des Unternehmens Grünbeck. Seinen Wasserenthärtern hat die Firma ein neues Design gegeben. Foto: Marcus Merk

    Günter Stoll schenkt zuerst ein Glas Wasser ein. Natürlich. Das Unternehmen Grünbeck aus Höchstädt ist ganz auf Wasser ausgerichtet. Darauf, Wasser besser, sauberer, hygienischer zu machen. "Unser Körper besteht zu 90 Prozent aus Wasser", sagt der Geschäftsführer, ein kräftiger, kerniger Mann, der überlegt und hintergründig formuliert.

    "Es gibt kein Lebensmittel, das so streng überprüft wird wie Trinkwasser. Und das ist gut so." Das Unternehmen in Höchstädt im Kreis Dillingen mit inzwischen 900 Beschäftigten in der Firmengruppe will mit seinen Produkten zur Wasseraufbereitung sicherstellen, dass das Wasser stets rein aus der Leitung kommt. Dass man in Deutschland Marktführer ist, führt Grünbeck nicht nur auf einen visionären Gründer zurück, sondern auch darauf, dass die Mitarbeiter direkt am Unternehmenserfolg beteiligt sind.

    Um zu wissen, was Grünbeck herstellt, genügt meist ein Blick in den eigenen Keller. In unzähligen Haushalten in Deutschland und in anderen Ländern sind Filter aus Höchstädt installiert. Das erste selbstentwickelte Produkt ist auch das meistverkaufte: der Grünbeck-Wasserfilter, der kleine Schmutzpartikel aus dem Wasser holt, die auf dem langen Transport zwischen dem Wasserwerk und den

    Längst ist die Produktpalette größer: Grünbeck bietet Lösungen an, wo Wasser entkalkt oder entsalzt werden muss oder besonderen hygienischen Ansprüchen zu genügen hat. Die Anlagen sichern heute die Wasserqualität in Kliniken, Brauereien, Bäckereien, Molkereien und Schwimmbädern. Eine neue Anlage entfernt gezielt Legionellen aus dem Wasser. Selbst im Fußball ist das Unternehmen angekommen.

    FC Bayern München und FC Augsburg setzen Wasserfilter von Grünbeck ein

    Kommen beim FC Bayern München die Spieler in der Allianz-Arena vom Feld, ruhen sie im Entspannungsbecken im warmen Wasser aus. "Da ist es wichtig, in kurzer Zeit die richtige Temperatur bereitstellen zu können", sagt Stoll. Dass sein Unternehmen dies mit speziellen Wärmetauschern zuverlässig schafft, hat auch den FC Augsburg bewogen, in seiner Arena eine Anlage zu installieren.

    "Unser wichtigster Erfolgsfaktor sind unsere Mitarbeiter", ist der Geschäftsführer überzeugt. Um Marktführer zu werden, brauche man Know-how. "Wasseraufbereitung kann man nicht studieren. Deshalb holen wir gute Leute und bilden sie intern weiter, damit schaffen wir Qualifikation." Das Wissen gibt das Unternehmen in einem eigenen Bildungszentrum – dem "Grünbeck Forum" – an Kunden, Fachhandwerker und Beschäftigte weiter. Was zähle, sei am Ende Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung.

    Mitarbeiter müssen ihre Erfahrung aber auch umsetzen können: "Dafür braucht man Freiräume", ist Stoll überzeugt. Läuft man zusammen mit ihm durch die Produktion, wird schnell deutlich, was er meint. Die Beschäftigten, Männer und viele Frauen, montieren Druckflaschen, Ventile und Pumpen zu einfacheren und komplexen Filteranlagen. Wie und wann die Teams die Aufträge erfüllen, entscheiden sie eigenständig. Es gibt Flip-Charts, um Verbesserungsvorschläge zu notieren.

    Motivation: Mitarbeiter sind bei Grünbeck am Unternehmenserfolg beteiligt

    Dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren, hat Grünbeck früher als viele andere Firmen gefördert: Die Beschäftigten sind nämlich direkt am Unternehmenserfolg beteiligt. Das hängt auch mit der besonderen Geschichte von Grünbeck zusammen.

    Firmengründer Josef Grünbeck kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit nicht viel mehr als einem Rucksack aus dem Sudetenland. Der Sohn aus einer Schneiderfamilie gründete in Höchstädt ein Unternehmen, das Produkte zur Wasseraufbereitung vertrieb. In den 60er Jahren folgte die erste Eigenentwicklung – der Vorgänger des Wasserfilters, der heute in Millionen Haushalten verbaut ist.

    Damit ging es rasant aufwärts. Josef Grünbeck sei ein "kreativer, umtriebiger" Mann gewesen, erinnert sich Stoll, der selbst vom 2012 gestorbenen Gründer eingestellt worden ist. Als Abgeordneter der FDP gehörte Josef Grünbeck von 1983 bis 1994 dem Bundestag an. "Seine Devise lautete, dass er sich als Unternehmer an dem messen lassen muss, was er als Politiker fordert", erinnert sich Stoll.

    Da Josef Grünbeck und seine Frau Loni keine Kinder hatten, machten sich beide frühzeitig Gedanken, was mit dem Unternehmen nach ihnen passieren würde. "Josef Grünbeck war ein Visionär. Er wollte, dass das Unternehmen auch nach ihm noch Bestand hat", berichtet der heutige Geschäftsführer. Entstanden sei so ein einzigartiges "Beteiligungsmodell".

    115 Personen sind Gesellschafter des Unternehmens

    Erstens können Mitarbeiter und Partner zu Gesellschaftern des Unternehmens werden. 115 Personen – vom Arbeiter bis hin zu einem Handelsvertreter, der zusammen mit Josef Grünbeck das Unternehmen groß machte – haben Anteile erworben, im Wert von 600 Euro bis zu einer halben Million. Zum zweiten partizipieren Mitarbeiter als stille Teilhaber mit bis zu 360 Euro im Jahr steuerfrei am Erfolg. Und zum dritten sichert eine Stiftung die Zukunft des Unternehmens ab – die Loni und Josef Grünbeck-Stiftung, der 51 Prozent der Firma gehören.

    Deren Anteile sind unverkäuflich. Damit ist Grünbeck geschützt vor Heuschrecken oder dubiosen Investoren. "Wir können den Großteil unseres Geldes für die Weiterentwicklung unserer Firma verwenden", sagt Stoll. "So können wir langfristiger denken und handeln und müssen nicht wie börsennotierte Unternehmen unter Druck jedes Quartal neue Zahlen vorlegen."

    Günter Stoll hat übrigens eine ganz eigene Liebe zum Wasser: Er ist Rettungsschwimmer und hat lange Zeit mit Begeisterung getaucht – sei es im Ilsesee südlich von Augsburg, sei es im Roten Meer. Bis zu zwanzig Meter unter Wasser zu sein, sich in der dritten Dimension zu bewegen, zu schweben, Fische und die Artenvielfalt unter Wasser zu erleben, das sei eine eigene Erfahrung.

    Nach dem schweren Erdbeben 2010 auf Haiti spendete Grünbeck zwei Wasseraufbereitungsanlagen. Grünbeck-Mitarbeiter warten die Geräte regelmäßig vor Ort.
    Nach dem schweren Erdbeben 2010 auf Haiti spendete Grünbeck zwei Wasseraufbereitungsanlagen. Grünbeck-Mitarbeiter warten die Geräte regelmäßig vor Ort. Foto: Grünbeck

    "Dort ist man in einer anderen Welt, man kann abschalten und alle Sorgen und Nöte sind fort." Der 56-Jährige lebt mit seiner Familie in der Region. Geboren in Augsburg, lernte er erst Installateur, arbeitete zwei Jahre auf dem Bau und studierte und arbeitete an der TU München. Im Jahr 1994 gewann Josef Grünbeck den Maschinenbau-Ingenieur dann für seine Firma.

    Weichen für die Zukunft stellt Grünbeck durch Lernen aus Fehlern

    Um Grünbeck in die Zukunft zu führen, setzt Stoll darauf, aus Fehlern zu lernen, Dinge immer wieder infrage zu stellen. Auf diese Weise ist auch das neue, 2015 eingeführte Design der Grünbeck-Produkte entstanden. Die neuen Enthärtungsanlagen für Ein- und Mehrfamilienhäuser sehen aus, als wären sie der Design-Abteilung von Apple entsprungen.

    Stoll streicht mit der Hand über eine Anlage: zylindrisch, reinweiß, ein grüner Ring, ein Knopf, ein Display, das war es. Die Technik verschwindet im Inneren. Die neue Linie kommt gut an: "Unserem Hauptumsatzträger hat es vergangenes Jahr ein Plus von 35 Prozent beschert" berichtet Stoll. "Es ist die Liebe zum Detail, die über Qualität entscheidet."

    Die Zuversicht für die Zukunft ist groß. Alle Produkte werden in Höchstädt gefertigt. "Wir stehen zum Produktionsstandort Deutschland", verspricht Stoll. Für die Zukunft hat die Firma bereits vorgesorgt: Gleich in der Nachbarschaft hat man ein 40.000 Quadratmeter großes Grundstück erworben.

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