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"Greening": Agrarreform: Sonnleitner spricht von "Zwangsstilllegung" und "Landfraß"

"Greening"

Agrarreform: Sonnleitner spricht von "Zwangsstilllegung" und "Landfraß"

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    Die EU will die Agrarpolitik ab 2014 reformieren.
    Die EU will die Agrarpolitik ab 2014 reformieren. Foto: Ralf Lienert

    Es ist einer dieser Begriffe, der den Landwirten derzeit die Zornesräte ins Gesicht treibt: Greening, was so viel wie „Begrünung“ heißt, mag für bayerische Bauern ein Unwort sein. Für den EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos ist es das neue Zauberwort. Vergangenen Monat hat der Rumäne seine Pläne zur Neuordnung der europäischen Agrarpolitik ab 2014 vorgelegt und dabei klargestellt, wie seine Vorstellung von grüner Landwirtschaft aussieht.

    Gelder sollen um 30 Prozent gekürzt werden

    Den vollen Förderbetrag will Brüssel künftig nur noch an Bauern auszahlen, die „im Umweltinteresse“ handeln, auf ihren Flächen mindestens drei verschiedene Pflanzen aussäen und sieben Prozent ihrer Ackerfläche zu ökologischen Vorrangflächen umwidmen – etwa in Blühwiesen oder Hecken. Andernfalls sollen die EU-Gelder um 30 Prozent gekürzt werden.

    Für den bayerischen Bauernpräsidenten Gerd Sonnleitner ist klar, worauf dieser Vorschlag hinausläuft: Wenn auf diesen Flächen weder Nahrungsmittel, Futter noch Energiepflanzen angebaut werden dürften, kommt das faktisch einer „Zwangsstilllegung“ gleich. „Dann soll man es auch so nennen“, sagt Sonnleitner auf der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Herrsching. Stellvertretend für die 200 Delegierten forderte er die EU-Kommission auf, bei den Plänen für die Agrarreform nachzubessern.

    "Überbordendes Bürokratiemonster"

    Für den Präsidenten sind diese Pläne nicht nur „ein überbordendes Bürokratiemonster“, sondern auch „aus der Zeit“. Einerseits soll die Landwirtschaft die steigende Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen und mit der Produktion von Biopflanzen zur Energiewende beitragen, andererseits werden die Anbauflächen immer geringer.

    Und der Boden wird zunehmend knapper. Von „Landfraß“ spricht Sonnleitner und von einem Problem, das immer gravierender wird. Über 20 Hektar land- und forstwirtschaftlicher Fläche gehen inzwischen jeden Tag in Bayern verloren – für Siedlungen, Industriegebiete, Straßen und die nötigen Ausgleichsflächen. Bedenkt man, dass ein durchschnittlicher Hof im Freistaat 29 Hektar bewirtschaftet, verschwinden – der Fläche nach – alle drei Tage zwei Betriebe. Seit 1970 haben die bayerischen Bauern 500000 Hektar eingebüßt. Das entspricht etwa der Acker- und Grünlandfläche Schwabens, sagt Matthias Borst, der beim BBV den Bereich Agrar- und Umweltpolitik leitet. Müssten die Landwirte durch die Greening-Vorschriften künftig sieben Prozent ihres Ackerlands stilllegen, wären das allein in Schwaben 21000 Hektar. Den Bauern gingen Erträge verloren. „Und jedes Jahr könnten auf dieser Fläche Nahrungsmittel für 63000 Menschen angebaut werden“, sagt Borst.

    Gegen Flächenverschwendung wehren

    Für den BBV ist klar, dass der Landfraß ein Ende haben muss. „Eine derartige Verschwendung von Ressourcen können wir uns nicht leisten“, sagt Sonnleitner. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) übergibt er 15000 Unterschriften von Bauern, die sich gegen die Flächenverschwendung wehren. Aigner betont, dass die Pläne der EU „in die falsche Richtung“ gehe. Landwirte, die bereits Umweltleistungen erbringen, sollten von der Sieben-Prozent-Regel ausgeschlossen bleiben, wie dies auch für Öko-Bauern vorgesehen ist.

    Ciolos’ Konzept bewertet die Ministerin als „ersten guten Vorschlag“. Die Bauern hätten aber einen Anspruch auf Verlässlichkeit. Sie wolle sich für weitere Nachbesserungen bei der Agrarreform einsetzen, versichert sie. „Landwirtschaft zu betreiben muss sich auch in Zukunft lohnen“, sagt Aigner.

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